Irischer Hochnebel am Zürcher Silvesterabend

Konzertkritik: Irish Celtic im Theater 11
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Pressefoto / ©Philippe Fretault

Text von Sarah Stutte

 

«Irish Celtic» ist eine Show, die Elemente aus «Riverdance» und «Lord of the Dance» vereint, aber darüber hinaus eine lineare Geschichte erzählt. Das Publikum fühlt sich mitten in das Geschehen hineinversetzt, da den Rahmen ein irisches Pub bildet, das dem Event seinen Namen gab. Den Zuschauerinnen und Zuschauern kommt es deshalb so vor, als würden auch sie in dieser traditionellen Kneipe sitzen, ein Guiness trinken – oder ein Glas irischen Whiskey – und den Anekdoten des Besitzers und Wirts lauschen. Zu diesem später mehr.

 

Am Silvesterabend fand nun die letzte von mehreren ausverkauften Auftritten in Zürich statt, die während drei Tagen vor dem Jahreswechsel gespielt wurden. In der 90-minütigen Show, die bereits durch zahlreiche Länder getourt ist, treten die besten irischen Tänzerinnen und Tänzer auf. Zusammen mit einer fünfköpfigen Live-Band – bestehend aus einem Geiger, einem Gitarristen und Sänger, einem Flötisten, einem Akkordeonspieler und einem Pianisten. Diese begleitet hier nicht im Hintergrund ein bisschen, sondern gibt buchstäblich den Ton und ist schon allein unglaublich gut.

 

Choreograf Jim Murrihy war einer der ursprünglichen Darsteller von «Lord of the Dance». Der künstlerische Leiter Toby Gough ist der preisgekrönte Regisseur der kubanischen Tanzshow «Lady Salsa», die zwei Jahre lang im Londoner West End aufgeführt wurde. Wie bei anderen Produktionen dieser Art liegt der Schlüssel auch bei «Irish Celtic» in den superschnellen, rhythmischen, synchronen Stepptänzen der Darstellerinnen und Darsteller. Sie sind einfach aussergewöhnlich in ihrem Timing und ihrer Präzision…und scheinen trotz ihren schwindelerregenden Performances kaum ins Schwitzen zu kommen.

 

Der schon vorher angesprochene Wirt und Storyteller heisst Paddy Flynn und berichtet in seinem irischen Pub in der Nähe von Cork nicht nur von dessen Entstehung, sondern erzählt auch von der Geschichte der Kelten – in mystischen Nebel gehüllt – über die irische Hungersnot bis zum Untergang der Titanic alles, was es an Wissenswertem zu Irland zu erzählen gibt. Das Ganze wird aufgelockert durch markige Sprüche, von denen der Grossteil wirklich lustig ist und den bereits erwähnten, famosen Musik- und Tanzeinlagen.

 

Einer der Stars der Show ist Wirtssohn Dermot, den der gute alte Paddy als «flamin‘ galah» bezeichnet, «ein Narr», der noch keine Frau gefunden hat, noch nicht reif ist, um seinen Betrieb zu übernehmen und dessen einzige Leidenschaft darin besteht, gut mit einem Besen zu tanzen. Neben diesem beeindruckenden Besentanz tritt Dermot auch in einem Wettbewerb mit vier «schnellfüssigen Burschen aus Dublin» an. Sicherlich ein steppender Höhepunkt der Show.

 

Es gibt daneben viele Gelegenheiten, die lyrischen und eindringlichen Klänge der irischen Musik zu präsentieren. Der musikalische Leiter der Show, Anthony Davis, hat für diese auch Adaptionen von Filmkompositionen wie «Braveheart», «Titanic» und «Last of the Mohicans» neu arrangiert. Die irische Trinkkultur («Wir sind ein sehr religiöses Volk – der Pub ist für uns wie eine Kirche») steht ganz oben auf der Tagesordnung, und wenn das Fass leer ist, muss halt eine Show-Pause her. So lange geht es weiter, bis die Sperrstunde kommt oder eben der Jahreswechsel.

 

  • Event: Irish Celtic
  • Genre: Konzert, Musikshow, Folk, Irische Musik
  • Datum: 31. Dezember 2022
  • Location: Theater 11, Zürich

 

Bäckstage Redaktion / Do, 05. Jan 2023