Veronica Fusaro: «Ja, «Little Too Much» war definitiv eine kleine Challenge»

Interview mit Veronica Fusaro
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Pressefoto / ©Nils Sandmeier

Manchmal ist das zweite Album eine Herausforderung. Veronica Fusaro, Schweizer Sängerin mit Wurzeln in Thun, hat die schwierige Gratwanderung geschickt geschafft und sich neu erfunden, ohne ihre Wurzeln bzw. den Sound des ersten Albums, das immerhin bis auf Platz 5 der Charts geklettert ist, gnadenlos über Bord zu werfen. Ab dem 24. Oktober können sich alle ein Bild davon machen, wenn das Album «Looking for Connection» erscheint.

Zuvor haben wir Veronica Fusaro im Interview zum Album befragt, aber auch über Einflüsse, die Wahl des Titels oder einzelne Songs gesprochen und sie erzählt, was es mit dem Golden Ticket auf sich hat. 

 

 

Beim Hören des neuen Albums war ich etwas überrascht, weil du vom Songwriterpop mit etwas jazzigen und folkigen Einflüssen beim ersten Album weitergegangen bist und in der Zeit von Soul, Funk und Disco angekommen bist. Wie bewusst war die Veränderung im Sound?

 

Die Veränderung im Sound war gar kein geplanter Entscheid, sondern ist ganz natürlich passiert. Ich wollte mich beim Schreiben und Produzieren dieses Albums einfach freier fühlen und nicht zu viel darüber nachdenken, wie etwas «klingen sollte». Ich würde sagen, das Album hat insgesamt mehr Live- und Rock-Attitüde. Aber meine Soul- und Funk-Einflüsse sind natürlich immer noch da – die gehören einfach zu mir. Als ich angefangen habe, das Album zu schreiben, habe ich viel die ersten Alben von Vasco Rossi gehört. Seine rohe, ehrliche Art zu schreiben hat mich extrem inspiriert und irgendwie diese neue Richtung angestossen.

Für mich war es wichtig, dass «Looking for Connection» nach dem klingt, was ich in dieser Zeit wirklich gefühlt habe. Lebendig, direkt und echt.

 

Oft gilt das zweite Album als schwierig. Wie hat sich die Produktion im Vergleich zum ersten Album verändert? Vielleicht professionell, aber auch emotional.

 

Der Anfang von diesem zweiten Album war auch für mich schwierig. Nach dem ersten Album hatte ich plötzlich dieses weisse Blatt vor mir und dachte: «Okay, und jetzt?» Ich musste zuerst wieder herausfinden, was ich eigentlich sagen will. Beim ersten Album hatte ich eine Sammlung von Songs, die über die Jahre entstanden sind und von Anfang an ihren Platz auf einem Album finden sollten. Bei «Looking for Connection»habe ich hingegen wirklich bei null angefangen. Kombiniert mit einer Schreibblockade und dem Gefühl, dass ich vielleicht nie mehr einen richtig guten Song schreiben kann, war das eine ziemlich schwere Mischung. Umso schöner war dann der Befreiungsschlag, als ich «Slot Machine» geschrieben habe.

Produktionstechnisch habe ich viel in meinem Studio in Bern aufgenommen, aber auch in Berlin mit Kim Wennerström und Charlie McClean gearbeitet. Es macht Spass und ist unglaublich bereichernd, mit so talentierten und ehrgeizigen Menschen zu arbeiten. Ich habe dabei enorm viel gelernt. Beide teilen die Vision für meine Musik und bringen ihre Erfahrung und ihr Können mit. Kim und Charlie sind auf ihre ganz eigene Art grossartig – menschlich wie musikalisch.

 

Dein kommendes Album heisst «Looking for Connection». Wie hast du den Titel festgelegt?

 

Der Titel «Looking for Connection» fasst eigentlich alles zusammen, worum es im Album geht. Während dem Schreiben habe ich viel über das Thema Verbindung nachgedacht – zu anderen Menschen, zur Welt, aber auch zu mir selbst. Wir leben in einer Zeit, in der wir ständig online und vernetzt sind und uns trotzdem oft einsam fühlen. Dieses Paradox wollte ich verstehen und musikalisch erforschen – aber auch über die wunderschönen Verbindungen in meinem Leben schreiben.

Mit der Musik wollte ich genau dieses Spannungsfeld spürbar machen. Der Titel kam intuitiv, irgendwann wusste ich einfach: Das ist es.

 

 

Wenn sich etwas echt anfühlt, schreibe ich weiter. Text, Melodie, alles gleichzeitig. Irgendwann merkt man, dass sich der Song «findet».

 

 

Wie schwierig ist es, einen Titel für ein Album zu finden?

Ich habe mit verschiedenen Ideen gespielt, aber «Looking for Connection» ist irgendwie geblieben. Egal, wie viele andere Titel ich ausprobiert habe. Irgendwann habe ich gemerkt, dass genau dieser Satz immer wieder zurückkommt. Und dann muss man einfach auf das eigene Bauchgefühl hören. Wenn sich etwas richtig anfühlt, dann ist es das meistens auch.

 

Spannend finde ich «Tomorrow’s Coming», weil der Songs sich deutlich vom musikalischen roten Faden der Platte abhebt. Fast wie eine Ruhepause, in der Mitte der Platte platziert. Wie bewusst war diese Entscheidung.

 

Ja. «Tomorrow’s Coming» ist der «Breather» des Albums. Das war tatsächlich eine sehr bewusste Entscheidung. Für mich ist der Song wie ein Atemzug mitten im Album – ein Moment, um kurz innezuhalten. Deshalb ist er auch der fünfte Track auf der Platte. In einer so schnelllebigen Welt vergisst man leicht, einfach mal durchzuatmen.

Morgen ist ein neuer Tag. Vielleicht wacht man wieder im gleichen Wahnsinn der Welt auf, aber vielleicht auch mit einem kleinen Funken Hoffnung, dass alles ein bisschen besser wird.

 

Bei «Little Too Much» habe ich mich gefragt, wie lange es dauert, so einen Text perfekt zu beherrschen, damit er rhythmisch funktioniert? Er hat viel Text und du singst ziemlich schnell.

 

Ja, «Little Too Much» war definitiv eine kleine Challenge. Ich brauchte ein paar Anläufe, bis es wirklich flüssig sass. Aber genau das mag ich an diesem Song – dass er so raussprudelt, fast wie ein Gedankenschwall. Man soll die Überforderung, dieses «ein bisschen zu viel», richtig spüren.

 

Veronica Fusaro - «Gold Rush»

 

 

Vielleicht am Beispiel von «Little Too Much»: Wie entsteht bei dir ein Song von der ersten Idee bis zum fertigen Song?

 

Das ist jedes Mal ein bisschen anders. Manchmal entsteht ein Song aus einem einzelnen Satz oder Gedanken, manchmal aus einer Melodie oder einem Akkord. Ich versuche, nichts zu erzwingen, sondern der Emotion zu folgen, die gerade da ist.

Wenn sich etwas echt anfühlt, schreibe ich weiter. Text, Melodie, alles gleichzeitig. Irgendwann merkt man, dass sich der Song «findet». Später kommt dann die Produktion dazu, wo der Song seine Form und sein Kleid bekommt.

 

Bei «Gold Rush» gibt es ein kaum hörbares, italienisches Intro. Eine Aufforderung zu würfeln und zu spielen. Was hat es damit auf sich?

 

Genau, am Anfang von «Gold Rush» hört man eine italienische Stimme sagen: «Dai, tira il dado, dai!» – also «Komm, wirf den Würfel!». In meinem Kopf ist das der Monopoly-Mann, der mein Glück herausfordert und mich damit selbst in den «Gold Rush» zieht.

«Gold Rush» spricht vom ständigen Streben nach mehr, vom Risiko, das man eingeht, wenn man immer wieder aufs Neue «mitspielt». Dieses kurze Intro ist wie ein Einstieg in dieses Spiel, ein Moment, bevor alles losgeht. Es soll daran erinnern, dass wir oft unbewusst Teil davon sind, auch wenn wir gar nicht sicher sind, ob wir überhaupt mitmachen wollen.

 

Aktuell vergibst du auf Insta ein oder sogar mehrere Golden Tickets? Was steckt hinter dieser Aktion?

 

Inspiriert ist die Golden Tickets Sache vom Song «Gold Rush». Die Idee dahinter ist, den Release des Albums ein bisschen spielerisch zu feiern und den Menschen, die meine Musik unterstützen, etwas zurückzugeben.

Jede*r, der ein Golden Ticket ergattert, erhält nicht nur das Album als CD oder Vinyl, sondern hat auch die Chance, ein Wohnzimmerkonzert zu gewinnen.

 

 

Die letzten zwei Jahre haben mich als Künstlerin sehr geprägt. Ich war viel unterwegs, habe auf grossen und kleinen Bühnen gespielt und dabei enorm viel gelernt, über Musik, über Menschen und über mich selbst.

 

 

Social Media ist vermutlich ein wichtiger Aspekt für dich als Künstlerin. Daneben stehen Dinge wie Tourplanung usw. an. Wie viele Leute arbeiten mit dir, um alles zu koordinieren?

 

Ja, Social Media ist heute definitiv ein wichtiger Teil meiner Arbeit – genauso wie Tourplanung, Promo und alles, was drumherum passiert. Zum Glück mache ich das nicht alles alleine. Ich habe ein kleines, aber feines Team um mich: mein Management, meine Live-Crew sowie verschiedene Label- und Booking-Partner, national wie international. Die Label-Arbeit teile ich mir ebenfalls mit meinem Manager, wir machen vieles selbst.

 

Nach dem ersten Album hat du viele Konzerte gespielt und einiges an Aufmerksamkeit bekommen, auch wir haben über ein Konzert berichtet. Wie haben dich die letzten zwei Jahre als Künstlerin geprägt?

 

Die letzten zwei Jahre haben mich als Künstlerin sehr geprägt. Ich war viel unterwegs, habe auf grossen und kleinen Bühnen gespielt und dabei enorm viel gelernt, über Musik, über Menschen und über mich selbst.

Nach so einer intensiven Zeit musste ich aber auch wieder zur Ruhe kommen, um herauszufinden, was ich als Nächstes sagen möchte. Dieses Innehalten war wichtig, um «Looking for Connection» zu schreiben. Ich habe gelernt, dass Entwicklung nicht nur auf der Bühne passiert, sondern auch in den leisen Momenten dazwischen.

 

Du spielst am 24. Oktober in Thun eine Album Release Show und am 7. November in Zürich feierst du Plattentaufe. Was ist der Unterschied zwischen einer Release Show und der Plattentaufe?

 

Die Release Show in Thun ist eher ein kleines, intimes Happening. Ich werde CDs und Vinyl signieren, Fotos machen und ein 15–20-minütiges akustisches Solo-Set spielen. Ein gemütlicher Abend, um gemeinsam den Release zu feiern.

Die Plattentaufe in Zürich ist dann das erste richtige Konzert der neuen Tour. Da spielen wir das ganze Album mit voller Band und allem Drum und Dran. Es ist der Moment, in dem die neuen Songs zum ersten Mal so richtig auf der Bühne leben dürfen.

 

Danach gehst du auf Tour, spielst in der Schweiz, aber auch zweimal in UK und einige Shows in Deutschland. Worauf freust du dich auf der Tour? Und worauf darf man sich freuen?

 

Ich freue mich vor allem darauf, die neuen Songs endlich live zu spielen und zu sehen, wie sie mit dem Publikum «atmen». Dieses Album ist sehr persönlich, aber auf der Bühne wird es zu etwas Gemeinsamen, das ist das Schönste daran.

Das Publikum darf sich auf ehrliche, energiegeladene Konzerte freuen – mit Momenten zum Tanzen, aber auch zum Durchatmen. Es wird lebendig und hoffentlich richtig verbindend.

 

(Das Interview wurde schriftlich geführt)

 

 

 

Ab dem 24. Oktober ist Veronica Fusaro auf Tour

 

Bäckstage Redaktion / Mo, 20. Okt 2025