Dwayne Johnson als milder Kämpfer

Mit nur 39 Jahren hat Benny Safdie bereits mehrere Meilensteine erreicht. Sei das als Darsteller («Oppenheimer», «The Odyssey») oder Regisseur («Uncut Gems», «Good Times»). Für «The Smashing Machine» setzt er sich nun als Drehbuchautor und Regisseur mit den drei entscheidenden Jahren (1997 - 2000) im Leben des UFC Champions Mark Kerr auseinander. Dabei ist ein - für Hollywood Verhältnisse - gar untypisches Biopic herausgekommen.
Wir schreiben das Jahr 1997 als Mark Kerr (Dwayne Johnson) in der Mixed Martial Arts Szene Fuss gefasst hat. Das Ziel der Fights ist - wie es der Name verrät - verschiede Kampfkünstler aufeinander loszulassen, um herauszufinden, welche Kampfkunst die beste resp. stärkste ist. Als Off-Stimme gibt uns Kerr Einblick in seine Passion, während Szenen des blutigen Kampfes gespielt werden. Das Brachiale, Gewaltige interessiere ihn. Zudem behauptet er, von Anfang an zu wissen, welcher Gegner sich rasch ergeben würde und wer wirklich einen würdigen Opponenten darstellt. Wenn dies ein wenig arrogant wirkt, dann bewusst, wir begegnen den Kampfkünstler in einer Zeit, in der er noch keinen Kampf verloren hat. Es ist also wenig überraschend, dass der Film exakt dort ansetzt: Kerrs erste grosse Niederlange bei der PRIDE Championship in Japan. Zu der Zeit ist Kerr bereits schwer opioidsüchtig, ganz zum Missfallen seiner besorgten Partnerin Dawn (Emily Blunt).
Während andere Biopics den Fokus auf das menschliche Versagen der Hauptfigur setzen, streift «The Smashing Machine» dieses nur kurz. Dem Entzug wird praktisch kein Gewicht gezollt, vielmehr wird das Drama nach dem Entzug thematisiert. Dawns anfänglich gezeigte Fürsorglichkeit wird durch einen immer grösser werdenden Frust verdrängt. Frust über Marks Perfektions- und Kontrollwahn. Eine Szene am Rummelplatz gibt Aufschluss: während Dawn sich gerne auf einer Bahn durchwirbeln lässt und keine Angst vor dem Kontrollverlust beweist, meidet Mark solche Situationen bewusst. Was durchaus ironisch ist, da er derjenige ist, der in den Ring steigt. Der Split zwischen den beiden wird grösser und kumuliert in einer komplett überraschenden Wendung. Die besagte Szene könnte Blunt eine Oscar Nominierung bringen. Sie ist aber gleichwohl dem ausgezeichneten Drehbuch zu verdanken, das nicht dem gängigen Pfaden folgt, sondern neue Wege erforscht.
Eingefangen in einem fast dokumentarischen Kamerastil und dem Mix von VHS, 16mm und 64mm Aufnahmen, fühlt man sich als Zuschauer:in einer Reality-TV Show. So unterhält der Film auf allen Ebenen und Johnson glänzt in der Rolle als sanfter und äusserts reflektierter Sportler. Konkurrenz erhält er einzig von Blunt, welche ihm dank der Ecken und Kanten ihrer Figur gekonnt die Szenen stiehlt. Dies liegt vielleicht daran, dass Mark am Film beteiligt war, Dawn hingegen nicht. Ihre Sicht der Dinge wäre interessant zu hören.
«The Smashing Machine» ist ausgezeichnet inszeniert. Kränkelt aber leider fast schon an der perfekten Umsetzung. Insbesondere an Marks Figur, die fast ausschliessslich als fehlerloser Charakter präsentiert wird. Zudem war Kerr bereits an einer gleichbetitelten Doku beteiligt, wodurch sich schon die Sinnfrage nach der Notwendigkeit dieses Films stellt. So verlässt man den Film in guter Stimmung, ohne aber nachhallende Botschaft oder Wirkung.
- The Smashing Machine (US, JP, CA 2025)
- Regie & Drehbuch: Benny Safdie
- Besetzung: Dwayne Johnson, Emily Blunt, Ryan Bader, Bas Rutten, Kenny Rice, Jerin Valel, Andre Tricoteux, James McSweeney, Jonathan Corbblah, Ilan Rosenberg
- Laufzeit: 122 Minuten
- Kinostart: 2. Oktober 2025