Everlast sehr authentisch im Kofmehl
Es war der Moment des Abends und er unterstrich die Authentizität des Mannes auf der Bühne. Everlast sah auf dem Balkon das Transparent einer jungen Frau leuchten. Darauf stand «Please Play Maybe» und der stämmige Amerikaner erfüllt ihren Wunsch, obwohl er den Song offensichtlich länger nicht mehr gespielt hatte. Als er sich nämlich vergriff, blickte er die junge Frau mit schuldbewusstem Hundeblick an und zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Es braucht nicht viel für ein intimes Konzert. Nämlich einen Keyboarder und einen Mann an der Gitarre. Zugegeben, der Mann an der Gitarre nennt eine Stimme sein eigen, die ihresgleichen sucht. Wenn Everlast mit tiefer Stimme, kratzig wie Schurwolle, anfängt zu Singen, wobei er ja eher spricht und vom Leben erzählt, dann hört man ihm zu. Den Rapper sieht man ihm allerhöchstens am etwas weitgeschnittenen Kleidungsstil an. So wie Everlast im Kofmehl auf der Bühne stand und auftrat, wirkte er ein wenig, wie ein Working Class Hero und das gleichnamige Cover von John Lennon fand sicher nicht umsonst Einzug in die Setlist.
Everlast singt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist und dieser Tatsache ist es zu verdanken, dass Zeilen wie «I Kill Anyone For You» diese für ihn typische Attitüde von brutaler Ironie tragen können, ohne, dass jemand Angst vor ihm haben müsste. Durch die spärliche Instrumentalisierung klingt Everlast über weite Strecken wie der Live-Soundtrack zu einem furchtbar tragisch endenden Road-Movie, aber der Künstler selbst wirkt sehr zufrieden und die Stimmung im Kofmehl ist nicht nur heiss, sondern kochend. So schweisstreibend, dass Everlast immer wieder seine Gitarre mit einem Tuch abwischen muss und sich auf dem Balkon junge Menschen an eine graue Röhre lehnen, um etwas von der Kühle des Metalls abzubekommen.
Everlast und sein Keyboarder spielen weit über eineinhalb Stunden und bleiben dem Kofmehl keinen Hit schuldig. Von «Black Jesus» über «White Trash Beautiful» bis zu «What It’s Like» fehlte nichts. Auf Zwischenrufe aus dem Publikum spielte er sogar das House-Of-Pain-Cover «Jump Around». Leise und aufbrausende Passagen sowie das Spiel mit der Dynamik beherrschen Everlast und sein Keyboarder äusserst gut, dadurch wird die minimal instrumentalisierte Musik nie langweilig. Zudem besitzt der Amerikaner eine Ausstrahlung, die dafür sorgt, dass die Menschen ihm aus der Hand fressen. Gut zu sehen bei den nicht enden wollenden «NaNaNa»-Gesänge von «Put Your Lights On». Als die Lichter danach tatsächlich angingen, glänzten viele Augen und der Tenor war überaus positiv.