Everlast: «House of Pain sind definitiv Geschichte»

Interview mit Everlast
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Bäckstage.ch / © Patrick Holenstein

Zwischen Soundcheck und Konzert (Unsere Konzertkritik mit Galerie) fand der amerikanische Rapper und Songwriter Everlast Zeit für ein Interview. Das ehemalige Mitglied von House Of Pain hat erzählt, was er über Zensur im Radio hält und wie es aussieht mit einer weiteren Reunion von House Of Pain.

 

Wie soll ich dich nennen? Erik? Whitey Ford? Everlast?

Passt alles für mich – wie immer du mich nennen möchtest.

 

Auf deiner aktuellen Tour ist kein Datum in Irland. Wie kommt dies, da deine Wurzeln irisch sind?

Ich buche meine Shows nicht selbst. Ich werde dafür bezahlt, dort aufzutauchen, wo ich gebucht werde. Wenn die Leute in Irland wollen, dass ich bei ihnen eine Show spiele, dann sollen sie eine Show buchen. Ich laufe den Shows nicht hinterher und sage: hier möchte ich spielen. Wenn ich dies machen würde, dann wäre ich niemals hier gelandet. Ich kannte nicht einmal den Namen dieser Ortschaft, bevor ich hierher gekommen bin. Du gehst schlussendlich dorthin, wo sie dich wollen.

 

Deine Shows in der Schweiz sind meistens ausverkauft. 

Ja, so wie es scheint mögen mich die Schweizer, wie sie auch weisse Schokolade mögen.

 

Magst du auch die Schweiz?

Ich liebe die Schweiz! Es ist einer der schönsten Orte, die es gibt! Ich versuche reich genug zu werden, damit ich hierher ziehen kann. 

Ich habe gelesen, dass du die Städte anschauen willst, an denen du spielst und nicht bloss im Backstage Bereich herumhängen willst. Was hast du in Solothurn gesehen und was würdest du weiterempfehlen?

Ich bin um vier Uhr hier angekommen und werde leider morgen früh bereits wieder weg sein. Wenn ich an Orten freie Tage habe, so gehe ich jedoch gerne herum und schaue mir die Orte an. Alles was ich gemacht habe, war ein Spaziergang und ich habe herumgeschaut. Aber 30 Minuten von hier entfernt war ein Schloss – ich würde wohl das anschauen. 

 

Das offizielle Musikvideo zu «White Trash Beautiful» ist mit Aaron Paul und scheint ein bisschen wie eine Vorgeschichte zu sein zu «Breaking Bad».

Das war aber lange Zeit vor «Breaking Bad». Ich glaube, dies war einer seiner ersten richtigen Schauspiel-Jobs. Gleich danach war er in der Show «Big Love» und dann kam «Breaking Bad».

 

Hast du die Serie angeschaut?

Jede einzelne Episode.

 

Lass uns nun zur Musik kommen. Woher kriegst du deine Ideen für die Songs?

An vielen verschiedenen Orten. Es ist immer anders. Manchmal ist es Musik, manchmal ein Wort, etwas das du in einer Show siehst, in einem Film oder in einem Buch liest. Es kann auch ein Bild sein. Eigentlich kann es alles sein, dass Inspiration gibt. 

Brauchst du in einer speziellen Stimmung zu sein, um deine Songs zu schreiben?

Nicht besonders. Ich muss einfach gewillt sein, zu arbeiten und zu schreiben. Das ist zwar eine Art von Stimmung, jedoch nicht unbedingt eine Stimmung wie glücklich oder traurig zu sein. Ich habe bisher sowohl geschrieben, wenn ich glücklich war, aber auch wenn ich traurig war. Ich habe glückliche Songs geschrieben, wenn ich traurig war und auch umgekehrt. Es ist einfach abhängig davon, was einem gerade in den Sinn kommt.

 

Das neue Album «The Life Acoustic» ist wie ein «Best Of Everlast»-Album, aber in einer akustischen Weise. Es erinnert an die «MTV Unplugged»-Serie. Wäre das nie eine Option gewesen? 

Nein, ich habe solche Sachen nicht gemacht, als es «MTV Unplugged» noch gab in Amerika. Ich habe jedoch gehört, dass es hier in Europa noch gemacht wird. Es ist die Art, wie ich Songs schreibe – ich schreibe all meine Songs einfach mit der Gitarre. Sie wieder abzurüsten ist also die Art, wie sie ursprünglich waren. Zum «Best Of». Wieso nicht? Es sind meine liebsten Songs, die ich geschrieben habe, mit einigen Extras und Covers. Es ist ein einfaches Album und es macht Spass!

 

 

Aktueller Hip-Hop ist meistens nicht einmal geschmackvoll und clever gemacht, sondern nur mit den Grundkenntnissen und verkauft wird es von Mistkerlen bei Grossunternehmen.

 

 

Dein neuer Song «Jump Around» - ein «House Of Pain»-Song - hatte Premiere beim complex Magazin, was auch ein Gratis Online Magazin ist, wie bäckstage.ch. War dies eine absichtliche Entscheidung, um Gratis Magazine zu unterstützen?

Das complex Magazin ist riesig! Das war mir bewusst und sie wollten es machen, das spielte ebenso eine Rolle. Sie kriegen für den Clip eine grosse Anzahl Klicks. Wenn also ein Gratis Online Magazin viele Klicks erhält, dann kannst du noch mehr daraus machen. Für uns gab es mehrere Orte, wo das Debüt hätte stattfinden können. Das ist mittlerweile die Art, wie das Geschäft läuft, ein Debüt bei MTV ist in Amerika mittlerweile keine grosse Sache mehr, da sie fast keine Musikvideos mehr spielen. Vielleicht spielen sie etwas am Ende einer Show, oben in einem kleinen Fenster, während des Abspanns. Deshalb habe ich es auch lieber, wenn die Leute auf einen Link klicken und ein Video auch wirklich anschauen möchten. Das ist, wie das Spiel läuft heutzutage und ich bin mittlerweile alt und vertraue den Internet-Leuten. Wenn sie sagen, wie ich es machen solle, dann mache ich es auch so. 

Weshalb hast du dich ausgerechnet für diesen Song entschieden?

Es ist ein höllisch witziger Song! Es gab keinen ernsthaften Hintergrund in diesem Song und wir starteten ihn ursprünglich als einen Witz, weil die Leute ihn herausschreien würden bei einer akustischen Show. Deshalb haben wir rumgealbert und begonnen ihn zu spielen und ich fand ihn richtig gut gelungen und habe deshalb auch entschieden, ihn aufs Album zu nehmen.

 

Falls du den Song heute Abend spielen solltest – denkst du, die Leute werden herumspringen?

Nein, ziemlich sicher nicht. Es ist auch fast unmöglich, bei dieser Version herum zu springen. Deshalb ist bei dieser Version auch ein ? nach «Jump Around». (Anm. d. Red.: Später beim Konzert sind die Leute tatsächlich herumgesprungen – es sei angeblich das erste Mal passiert auf der Tour).

 

Ist es wahr, dass «What It’s Like» von einigen Radio Stationen zensiert wurde?

Das ist bereits lange her. Ich weiss es nicht, aber es gibt sicherlich einige Wörter darin, die zensiert werden können. 

Wie denkst du über Zensur? In den USA sind ja fast auf allen Rap-Alben die «Parental Advisory»-Kleber drauf.

Diese «Parental Advisory»-Vermerke bedeuten gar nichts, ausser dass die Kinder und Jungen es umso mehr kaufen wollen. Es spielt keine Rolle, wenn die Radio Stationen die Version nicht spielen, denn die unzensierte Version ist ohne weiteres auf Youtube oder anderen Orten verfügbar. Es ist eine andere Welt heutzutage – vor 20 Jahren hatte es noch eine Bedeutung. Eigentlich ist es nicht einmal Zensur, sondern dass man nicht andauernd «Fuck, fuck, fuck, fuck!» im Radio hört. Es ist ein Unterschied zwischen Zensur und verantwortlich gegenüber etwas sein. Radios sind frei zugängliche Medien. Mein kleines Mädchen könnte während dem Autofahren in einen Radiokanal reinschalten und da will ich nicht, dass sie schmutzige Sachen hört. Aber ehrlich gesagt, sie würde sich nicht mal Hip-Hop anhören. Meine Kinder würden niemals Hip-Hop anhören, wie er heute ist – höchstens ältere Sachen. Denn mittlerweile ist es nur Sex und Scheiss-Drogen und das wäre es. Es ist meistens nicht einmal geschmackvoll und clever gemacht, sondern nur mit den Grundkenntnissen und verkauft wird es von Mistkerlen bei Grossunternehmen.

 

 

 

Hörst du denn heute noch neuen Hip-Hop?

Ein paar Sachen, aber nicht allzu viel. Jeder liebt zum Beispiel Kendrick Lamar und er ist ein gutes Beispiel, wie es gemacht werden sollte. Jedoch gibt es nicht vieles, das ich mir reinziehe. Aber ich bin alt und ich sollte nicht das hören, was die jungen Leute hören. Ich bin cool, weil ich dies verstehe. Jedoch weiss ich, was gut ist und was schlecht und momentan gibt es viel mehr Sachen, die schlecht sind. Es gibt heutzutage viel mehr schlechte Sachen wie als ich noch jung war. 

Was sind deine weiteren Pläne? Kommt vielleicht wieder eine Reunion von House Of Pain?

House Of Pain sind definitiv Geschichte! 20 Jahre später haben wir dies nochmals gemacht und nun bin ich fertig damit. Ich werde nach der Tour nach Hause gehen und mit meiner Familie zusammen sein, neue Musik schreiben und wieder auf Tour gehen. Das ist, was ich mache. Ich wünschte, es wäre spannender als das, aber ich bin 44 Jahre alt und Vater und eigentlich ist dies alles, was ich tun will, wenn ich zu Hause bin – Vater sein. Zu Hause zu bleiben sind meine Ferien. 

 

Everlast - «Jump Around?»

Hansjürg Stämpfli / Mo, 28. Okt 2013