Die Manege ist frei: Adam Green im Papiersaal

Konzertkritik: Adam Green
Bildquelle: 
Facebook: Adam Green

Der Papiersaal ist bereits gut gefüllt, als Support Toby Goodshank, der später auch Adam Green auf der Gitarre begleiten sollte, die Bühne betritt. Ein sehr unscheinbarer junger Mann, dem man es kaum abnimmt, dass er einmal Mitglied der Anti-Folk-Gruppe Moldy Peaches war (eine recht eigenwillige Band, ursprünglich gegründet von Adam Green und Kimya Dawson). Jedenfalls steht er ziemlich regungslos auf der Bühne, singt mit einer perfekten Country-Stimme seine Songs zu schrammelnden Gitarrenriffs - und wird sogleich Opfer der «Junge-mit-der-Gitarre-Falle». Singen kann er auf alle Fälle, das ist nicht das Problem, viel mehr hapert es an zu eintönigen Songs und seiner fehlenden Ausstrahlung. Lustigerweise schafft Toby damit aber ein spannendes Kontrastprogramm zum Hauptact an diesem Abend, dem berühmten Adam Green.

 

Ernstzunehmender Musiker

 

Ja, der berühmte - einst! - Adam Green verschwand für die grossen Massen so schnell vom Bildschirm, wie er erschienen war. Mit seinem Album «Gemstones» (2005) und Hits wie «Emily» und «Jessica Simpson» erspielte er sich eine grosse, jedoch nur temporäre Fangemeinde. Er setzte schon damals auf den für ihn typischen Spass-Indie-Folkrock und war bekannt für seine lustigen und aufregenden Konzerte. Doch durch diesen hohen Spassfaktor in seiner Musik verspielte er sich wohl die grosse Chance, wirklich den Durchbruch zu schaffen. Sowohl Kritiker wie auch die Fans nahmen Adam Green selten als ernstzunehmenden Musiker war, was er aber tatsächlich immer war und noch ist. Sein Gespür für tolles Songwriting mit überraschenden Wendungen, seine sarkastischen und charmanten Songtexte und seine ausgesprochen fesselnden Entertainerqualitäten machen ihn zu einem musikalischen Multitalent.

 

Seine Konzertreihe mit Binki Shapiro letztes Jahr in Zürich fand sehr grossen Anklang, aber das Konzert an diesem Februar-Abend wurde nicht gross promotet. So war der Saal dieses Mal nicht ausverkauft, obwohl er gerade mit einer speziellen Akustik-Tour und nur mit Gitarrist unterwegs ist. Nun denn, zu Adam Greens Auftritt:

 

Hüpft, tanzt und springt

 


Was für ein Kind der Spielplatz ist, ist für Adam Green die Bühne. Der Papiersaal wird plötzlich zu einer grossen Manege, in welcher der Sänger Zirkusdirektor, Löwe, Artist und Clown gleichzeitig ist. Seine Präsenz ist betörend, seine Stimme schlingt sich um seine Songs, das Publikum hängt ihm vom ersten Ton an an den Lippen. Keinen Hit lässt der smarte Amerikaner aus, lässt sogar über längere Strecken des Konzertes das Publikum Songs wünschen. Dazu hüpft, tanzt und springt er über die Bühne, immer in Bewegung wie ein hungriger Wolf, die Zuhörer und Zuhörerinnen stets im Blick, gibt der ersten Reihe High-Fives, wirft seine Kapitänsmütze herum, singt sogar zwei Songs ganz ohne Mikrofon, krächzt und jauchzt ab und zu euphorisch dahin … Adam Green live, das ist ein Erlebnis. Und trotz diesem Getanze, dieser Schauspielerei und diesem aufdringlichen Exhibitionismus, was auf manch einen irritierend wirken muss, schafft er es auf unerklärliche Art und Weise, nicht peinlich zu wirken und bringt das alles mit einer Coolness rüber, die man kaum fassen kann und im gleichen Atemzug unglaublich beneidet.

 

Gemeinsam mit Toby Goodshank, welcher seine Sache als Gitarren-Begleitung wirklich super macht, ist das eine unschlagbare Kombination, von der man kaum genug bekommen kann.

Natascha Evers / Di, 11. Feb 2014