Die Scheister der Vergangenheit

Nachdem US-Geheimagent Ethan Hunt dreissig Jahre lang Unmöglichkeiten möglich gemacht hat, wird er von den Scheistern der Vergangenheit eingeholt. Verärgerte Nachkommen vormaliger Gegenspieler, abtrünnige Ex-Kollegen und die Schockwellen eines längst verdrängten McGuffins stellen ihn auf die ultimative Zerreissprobe. Die mysteriöse KI namens «Entität», die im Vorgängerfilm bestenfalls versprochen wurde, kommt nun früh ins Spiel und sorgt für beklemmendes «Black Mirror»-Schaudern. Wie immer kann Hunt auf ein eingespieltes Team zurückgreifen, das – seien wir mal ehrlich – noch nie aus den schillerndsten Charakteren der Filmgeschichte bestanden hat. Aber die Figuren wurden solide geschrieben, charismatisch dargeboten und gelegentlich mit unerwartetem Tiefgang versehen.
Kein zweites «Fallout»
Für die ganzheitliche Brillanz von «Fallout» reicht es auch diesmal nicht, denn dafür gab es zu viele Enden zu verknüpfen. Das ist einerseits ein Vorteil, weil man gekonnt tief im Fundus der Saga fischte, Referenzen clever platzierte und manche Figuren stimmig zurückbrachte. Andrerseits schrammt der Film im letzten Viertel unter dem Gewicht seines Erbes nur haarscharf an der Überfrachtung vorbei und krankt an wenigen Stellen am Habitus seiner Schöpfer. Wir wissen seit «Rogue Nation», dass man zunächst die grossen Stunts skizziert und erst dann die verbindende Handlung zwischen diesen Szenen spinnt. Meist spontan während des Drehs. Darum wirkt die Doppeldecker-Verfolgungsjagd – so löblich und spektakulär sie auch sein mag – regelrecht wie mit der Brechstange hineingezwängt. Insbesondere handlungstechnisch, und dadurch verliert sie leider an Dringlichkeit.
Hinein in den Abgrund
Dieser Film verhält sich zum Vorgänger etwa so wie «Endgame» zu «Infinity War». «Dead Reckoning Teil Eins» war in sich geschlossener und runder, während hier unzähligen Schlachtfeldern zuletzt noch ein weiterer Showdown hinzugefügt wurde – und das, nachdem die Sättigung beinahe eingesetzt hat. Dennoch erlaubt sich der Film keine einzige, langweilige Minute. Herausragend ist sicherlich der Tauchgang in seiner vollen Dauer von ungefähr zwanzig Minuten. Einen solchen Leckerbissen gibt es nur selten auf der Leinwand zu bestaunen. Gruselig, mitreissend, einzigartig! Das Soundsystem hat Decke und Wände während der Pressevorführung scheppern lassen und zog mich mitten hinein in den Abgrund.
Cruise bestätigte mehrmals, dass dies nun wirklich der Abschluss der Serie sei. Aber wer weiss? Vielleicht kommt er mit Siebzig nochmals zurück und springt von der ISS ohne Fallschirm und Handtuch in einen ausbrechenden Vulkan. Ich für meinen Teil wäre zur Stelle. Auch wenn man heutzutage für Kinobesuche einen Kleinkredit aufnehmen muss, – ganz sicher dann, wenn man nicht ohne Getränk und Popcorn in die Vorstellung spazieren möchte – lohnt der Gang zweifellos. Zwar würde ich jetzt nicht explizit von einem Meisterwerk sprechen, jedoch dem Werk von Meistern. Cruise und McQuarrie gelingt es, die Saga würdig und süffisant abzuschliessen. Nicht ganz frei von kleineren Bequemlichkeiten und einer Prise Blödsinn, aber durchdrungen vom aufrichtigen, beseelten Geist der Filmemacherei. Oder anders gesagt: Mit dem Herzblut, das in dieses Werk floss, könnte man alle Vampire aus allen «Twilight»-Filmen bis in alle Ewigkeit ernähren. Nicht dass man das wollte. Aber man könnte.
Cruise und McQuarrie ziehen alle Register des gehobenen Actionkinos und beweisen endgültig: Cinema und Freizeitparks müssen einander nicht zwingend ausschliessen.
- Mission: Impossible 8 – The Final Reckoning (USA, UK 2025)
- Besetzung: Tom Cruise, Hayley Atwell, Ving Rhames, Simon Pegg, Angela Bassett, Pong Klementieff uva.
- Regie: Christopher McQuarrie
- Laufzeit: 169 Minuten
- Kinostart: 21. Mai 2025