Simon filmt

DVD-Kritik: Skew
Skew bei Bäckstage
Bildquelle: 
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Drei Freunde, Eva, Rich und Simon, begeben sich auf eine langersehnte Reise durch die USA. Einzig Simons Freundin Laura hat keine Lust auf den Trip. Simon hat seine Kamera dabei und filmt jede Sekunde der Reise. Sehr zum Ärger seiner Freunde, denen etwas mehr Privatsphäre ganz lieb wäre. So kommt es gelegentlich zu kleinen Reibereien, wie sie jeder kennt, der schon mit Menschen für längere Zeit auf engem Raum gelebt hat. Plötzlich bemerkt Simon durch den Sucher seiner Kamera unerklärliche Dinge. Ein verzerrtes Gesicht oder einen Jogger, der locker neben dem Auto läuft. Simon spult das Band zurück und das Bild ist unauffällig. Doch die Wahrnehmungen verschieben sich immer mehr und sie haben Konsequenzen. Die Gruppe gerät langsam in Panik. 

 

Der Begriff Skew bezeichnet die Differenz zwischen Audio- und Videoaufzeichnungen. Der Film „Skew“ macht es einem als Zuschauer nicht leicht. Die gesamte Geschichte wird ausschliesslich über Videoaufnahmen erzählt, die im Film gemacht werden, und bekommt dadurch eine Doku-Optik. Mockumentary nenne man fiktive Filme, die als Dokumentation inszeniert werden. „Skew“ bezieht seinen Reiz aus genau diesem stilistischen Element. Regissuer Sevé Schelenz hat den Film zudem chronologisch gedreht. Dafür hatte er gleich mehrere Gründe. Zum einen entwickelte sich die Gesichtsbehaarung der männlichen Darsteller dadurch glaubwürdig zum zeitlichen Verlauf der Geschichte und zum Anderen lernte Rob Scattergood, der Simon spielt, im Laufe der Dreharbeiten immer besser mit der Kamera umzugehen. Außerdem begannen die Darsteller sich tatsächlich gegenseitig auf den Geist zu gehen, was die Authentizität des Films steigert. Trotzdem lässt Skew Fragen offen. Eine klare Lösung bietet er nämlich nicht. 

 

Tortur auf der Bildebene

 

Auf der Bildebene wird Skew zur kleinen Tortur. Nachdem der Film einen mit verwackelten Bildern im „Urlaubsvideo-von-anderen-die-keiner-sehen-will“-Stil und diversen Belanglosigkeiten wie dem grössten Stuhl der Welt schon eine gute Viertelstunde gelangweilt hat, wird durch einige gezielte Schockelemente plötzlich an der Thrill-Spirale gedreht und der Film kippt. Jetzt ist der diegetische Raum unvermittelt mit Fragen gefüllt. Was hat es mit den verzerrten Gesichtern auf sich? Kann die Kamera wirklich erkennen, wer in Kürze sterben wird? Oder gar Geister filmen? Ist die Kamera verflucht oder liegt es doch an Simon? Dazu kommt, dass Simon der grosse Abwesende ist. Ihn sieht man nie im Bild. Wieso? Was suggeriert seine Abwesenheit? Die Ausgangslage, die der Film aufbaut, ist durchaus spannend und hält die Aufmerksamkeit über die gesamte Spieldauer von 82 Minuten aufrecht.

 

Das Team um Regisseur Sevé Schelenez hatte offensichtlich ein kleines Budget zur Verfügung. Trotzdem gelingt es ihnen Spannung zu erzeugen. Gerade die kleinen Veränderungen der Gesichter sind brutal, weil sie erst nur kurz zu sehen sind, dann aber häufiger und bedrohlich auftreten, quasi als die gruselige Komponente. Das konsequente Nutzen der Kamera von Simon, also auch in jenen Momenten in denen sie nur statisch auf einem Tisch oder im Auto liegt und die Geschichte über die Gespräche weitergeführt wird, führt zusätzlich zu einer gewissen erzählerischen Dichte, nervt mit der Zeit aber auch, da jene Sequenzen zum Teil quälend lange sind. Diese Aufnahmen sollen die emotionale Verzweiflung vom Simon und Eva unterstreichen, die sich wegen der seltsamen Vorkommnisse Sorgen machen. Allerdings drehen sich die Gespräche meist im Kreis und man erfährt zu wenig über die Figuren. Das ist auch gleichzeitig der Punkt, der den Film etwas schmälert. Das Trio im Fokus der Kamera lässt einen kalt, weil man sie zu wenig gut kennenlernt, um eine emotionale Beziehung aufzubauen. Spannend sind mehr die Fragen, die darüber hinaus gehen. 

 

Skew hat durchaus seine Reize

 

Trotz kleiner Schwächen ist Skew ein durchaus interessanter Film, der zu Denken gibt. Nur schon, weil die Lösung nicht ganz so einfach zu durchschauen ist oder sogar mehrere Ansätze möglich sind. Wer mit handwerklich solide gedrehten Independent-Thrillern etwas anfangen kann, darf bei Skew ruhig einen Blick riskieren, denn der mehrfach preisgekrönte Film hat durchaus seine Reize.

 

  • Skew (USA 2011)
  • Regie: Sevé Schelenez
  • Darsteller: Rob Scattergood, Amber Lewis, Richard Olak
  • Laufzeit: 80 Minuten
  • DVD-Release: 24. Mai 2012
Patrick Holenstein / Do, 24. Mai 2012