Adam Green: Der Udo Jürgens der Underground-Kultur

Konzertkritik: Adam Green im Papiersaal
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© Tanja Lipak (Handyfoto)

Adam Green ist ein Oxymoron. Zum einen bleibt er sich mit seinem Anti-Folk, Acoustic Punk-Musikstil gnadenlos treu, so auch mit seinem neusten Album «Engine of Paradise». Zugleich erfindet er sich als Künstler immer wieder neu, baut sein Adam-Imperium weiter aus. Nach Gemälden, Statuen und Filmen, folgt mit «War and Paradise» nun die erste Graphic Novel. Unterstützt wurde Adam dabei storytechnisch von seiner Frau Yasmin Green und künstlerisch von seinem ehemaligen Moldy Peaches-Kollegen Toby Goodshank.

 

Mit Songs des neuen Albums wie bspw. «Cheating On A Stranger» oder «Freeze My Love» sowie Kopien seiner Graphic Novel, machte sich Adam auf zur Europa-Tournee. Ein Drittel der Tournee verbrachte der US-Musiker dabei in der Schweiz. Von St. Gallen über Basel und Lausanne bis hin zu Zürich besang er an vier Abenden vier verschiedene Musiklokale. Alle Konzerte waren so gut besucht, dass ab dem zweiten Stopp in Basel die vielversprechende Graphic Novel bereits ausverkauft war. Gut, veröffentlichte sie Adam bereits auf adamgreen.info als frei zugängliches PDF und pries den Comic, als er noch zu kaufen war, trotzdem auch als gratis PDF an. Eine schöne Geste, die zeigt dass er sich nicht nur am kommerziellen Erfolg misst.

 

Als Pre-Act aller Shows angekündigt war Jackie Cohen. Wer sie googelt, findet ein quirliges Hipster-Mädchen, musikalisch mit ihren Anti-Folk-Gesängen an Adam andockend. Als die Lichter jedoch erloschen, erklang eine Männerstimme, um dann einen an Jim Morrison erinnernden im Glam-Rock Stil singenden jungen Mann beim Wiederangehen der Lichter zu präsentieren. «Ryder the Eagle» nennt sich der in roten Lederhosen performende Sänger. Und Ryder gibt (wie Adam es später nennt) die beste 12 Minuten-Show der Welt dar. Und nun folgt, wie angekündigt und erwartet Jackie Cohen, die mit ihrem mädchenhaften und koketten Auftreten gleich schnell Anhänger findet wie Ryder the Eagle. Begleitet wird Jackie an der akustischen Gitarre von Kevin Basko. Ryder the Eagle und Jackie Cohen allein waren bereits den Eintritt wert.

 

Klar, fokussiert und sichtlich amüsiert

 

Es folgte die letzte kleine Pause vor dem eigentlichen Show-Act. Dann erloschen die Lichter erneut. Aus den Lautsprechern erklang «Kokomo» der Beach-Boys. Vor Ende des Songs bestieg Adams Begleitband die Bühne. Wer genau hinschaute, erkannte Ryder the Eagle am Bass. Er war es auch der den ersten Takt von «Cigarette Burns Forever» anstimmte, auf welchen hin Adam Green die Bühne betrat und das Mikrofon schnappte.

 

Das Publikum sang und tanzte von der ersten Sekunde an mit. Alle Anwesenden schienen mit Adams Repertoire bestens bekannt zu sein, auch mit Stücken des neuen Albums. In gewisser Hinsicht stellt Adam den Udo Jürgens einer Underground-Bewegung dar. Er ist Entertainer durch und durch und inzwischen zählen einige Evergrees zu seinem Werk. Etwa Songs wie «Jessica Simpson», «Gemstones», «Friends Of Mine» und den Über-Tanzsong «Dance With Me», welcher als krönender Abschluss präsentiert wurde. Sie trafen einmal mehr unter die Haut. Die Musik drang durch Mark und Bein, jede Faser elektrisiert. Sowohl bei Adam als auch bei den Fans. Ein besonderes Highlight war das Duett mit Jackie Cohen. Ausgerechnet «Drowning Head First» wurde von Jackie ausgesucht. Ein gewagter Entscheid, bedenkt man, dass Adam das Stück mit seiner Ex-Frau Loribeth sang und seit der Scheidung bewusst mied. Doch der heutige Adam ist mehr als darüber hinweg. Klar, fokussiert und sichtlich amüsiert zog er sein Ding durch.

 

Einmal mehr sorgte Adam für einen unvergesslichen Abend im Zürcher Papiersaal und lässt viele verschwitzte, selig glückliche Menschen zurück. Wir können es fast nicht erwarten, ihn wiederzusehen.

 

Tanja Lipak / Mi, 06. Nov 2019