Maschinen wie Yves, Menschen wie wir

Movie-Kritik: Yves
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© Sisters Distribution

Jérém (William Lebghil) ist ein aufstrebender Rapper. Als seine Grossmutter stirbt und ihm ihr Haus in der Provinz vererbt, nutzt Jérém die Chance, um in Ruhe an seinem neuen Album zu arbeiten. Mit hohen Ambitionen, aber wenig Disziplin macht sich Jérem an die Arbeit, bis er von einem Technologieunternehmen ein wunderliches Angebot erhält: Sein Kühlschrank soll durch einen mit künstlicher Intelligenz ersetzt werden. Dadurch kann sich Jérém voll und ganz auf seine Musik konzentrieren, während der Kühlschrank langweilige alltägliche Adminarbeit erledigt. Doch wie so häufig im Leben hat auch dieses Angebot einen Haken: Yves, so der Name des denkenden Kühlschrankes, wird zunehmend zum Mitbewohner und stellt Jéréms Leben allmählich auf den Kopf. Während So (Doria Tillier), die Key Account Managerin der Kühlschrankfirma, Jérém mehr und mehr den Kopf verdreht.

 

«Yves» ist eine Klamaukkomödie mit Stil. Sie lief als Schweizer Premiere am Neuchâtel International Film Fantastique Festival (NIFFF) und stellte als einziger Beitrag am Festival die Frage, wie intelligente Maschinen unser Leben in naher Zukunft verändern werden. Gleichzeitig brachte Ian Ewan seinen neuen Roman «Maschinen wie ich, Menschen wie du» auf den Literatur-Markt, der eine ähnlicher Thematik anspricht. Es ist amüsant zu sehen wie ähnlich sich die Visionen von Regisseur & Drehbuchautor Benoît Forgeard und Schriftsteller Ian Ewan entwickeln. Mit dem eigenen Bewusstsein, entwickelt Yves auch Gefühle und Bedürfnisse, die nicht vorgesehen waren. Aus anfänglicher Unterstützung, entwickelt sich zwischen Yves und Jérém mit der Zeit ein Konkurrenzkampf um das perfekte Rap-Album. Damit geht der Film weiter und stellt die Frage inwiefern Künstliche Intelligenz kulturprägende Bereiche wie Kunst neu definiert. Und was einen guten Künstler oder gute Kunst ausmacht beziehungsweise ob Kunst ohne persönliche Erlebnisse machbar ist und was persönliche Erlebnisse genau bedeuten.

 

Ohne hier zu stark in philosophische Fragestellungen abzuschweifen: «Yves» überzeugt, weil er Klamauk, Tiefgang und Kreativität verbindet. Filmischer Höhepunkt: Eurovision mit Haushaltsgeräten als singende Barden: die Espressomaschine aus Italien, der Staubsauger aus Portugal, die Waschmaschinen aus Deutschland.


«Yves» regt zum Nachdenken an: Wie viel Google-Assistent möchten wir in unserem Leben und was haben wir alle (auch der Google-Assistent) davon? So ist der titelgebende «Yves» nicht bloss eine Maschine, sondern ein Kühlschrank mit Herz und Verstand.

 

  • «Yves» (Frankreich 2019)
  • Regie: Benoît Forgeard
  • Besetzung: William Lebghil, Doria Tillier, Phillipe Katerine
    Laufzeit: 107 Minuten
  • Kinostart: 17. Oktober 2019

 

Tanja Lipak / Mi, 16. Okt 2019