Im Weissen Haus brennt es wieder

Movie-Kritik: Fahrenheit 11/9
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© Ascot Elite Entertainment Group.

Fast fünfzehn Jahre ist es her, seit Michael Moore «Fahrenheit 9/11» veröffentlichte. Damals warf Moore einen kritischen Blick auf die US-Amerikanische Regierung jener Zeit. Er war einer der ersten, der deren Verhalten nach dem Terroranschlag von 11. September verurteilte.

 

Nun ist Moore zurück mit einem neuen Film, der nicht nur im Titel seinem Vorgänger ähnelt. Wieder beleuchtet der Regisseur die Wahl und das Vorgehen einer republikanischen Regierung, diesmal diejenige von Donald Trump. Wieder drückt Moore explizit seine eigene politische Einstellung aus. Und wieder sieht man Moore selbst, wie er Politiker aufsucht und von ihnen eine Antwort fordert.

 

Vieles ist also ähnlich geblieben in diesen bald eineinhalb Jahrzehnten seit der Veröffentlichung des ersten «Fahrenheit»-Films. Moores war eine der frühen Stimmen, die vor dem gefährlichen Potential Trumps als Kandidaten warnten. Dem Film gelingt es gut, darzustellen, wie sich gewisse Teile der USA vernachlässigt fühlen vom eigenen Staat. Die sogenannten «Flyover States» werden in Washington nicht berücksichtigt. Eindrücklich zeigt Moore, dass das schon während Barack Obamas Präsidentschaft der Fall war.

 

Der Regisseur nimmt sich Zeit, die Wasserkrise von Flint im Bundesstaat Michigan genau zu beleuchten. Man versteht die Frustration und Enttäuschung, welche viele grundsätzlich liberale Menschen mit ihrer demokratischen Regierung verspürten. Der Fall in Flint ist symptomatisch für eine generelle Einstellung der Regierung gegenüber gewissen Bevölkerungsteilen. Die Abschnitte des Filmes, die sich auf die Erläuterung von möglichen Gründen für die Wahl von Trump konzentrieren, sind interessant und erwähnen einige bisher nicht weithin bekannte Fakten.

 

Die Kandidatur Donald Trumps hingegen wurde schon sehr oft behandelt und hat mittlerweile einigen Reiz eingebüsst. Durch die häufige Präsenz des politischen Führers der USA in den Medien ist die Wahl dem Zuschauer noch gegenwärtig und somit die Details davon eher wenig aufregend. Moore schafft es aber dennoch, auf einige Verrücktheiten, die mittlerweile als Alltag akzeptiert worden sind, hinzuweisen. Dazu gehören Donald Trumps äusserst problematische rechtliche Anschuldigungen und der etwas seltsame Umgang, den er mit seiner Tochter Ivanka pflegt.

 

In «Fahrenheit 11/9» beschliesst Regisseur Moore ausserdem, einen beträchtlichen Teil der Laufzeit auf politische Bewegungen des Volkes zu lenken, die nicht direkt mit der Kandidatur oder der momentanen Regierung zusammenhängen. So fokussiert er unter anderem auf die Schülerbewegung, die nach dem Schulmassaker von Parkland in Florida begann und auf den Lehrerstreik von West Virginia, der Anfang dieses Jahres stattfand. So fragt sich das Publikum am Ende, wo es denn nun wirklich brennt: Der Film klagt Trumps Weisses Haus an, gibt aber gleichzeitig zu, dass die Probleme des drittgrössten Landes der Welt viel tiefer liegen als die Regierung, welche jeweils an der Macht ist.

 

Ein inkohärenter Film, der dennoch viel Wissenswertes enthält. Als Porträt der momentanen politischen Lage in den USA wird er wohl aber in einem Jahrzehnt besser funktionieren als heute.

 

  • Fahrenheit 11/9 (USA   2018)  
  • Regie: Michael Moore 
  • Kinostart: 11. Oktober 2018

 

Jonas Stetter / Sa, 13. Okt 2018