First Position – drehen, leiden, träumen

Movie-Kritik: First Position
Bildquelle: 
Ascot Elite Entertainment

Aran wirkt wie ein normaler Junge – wäre da nicht der Fussstretcher, die Drehhilfe und zig Stunden Training in der Woche. Aran ist 11, dennoch weiss er genau, was er einmal werden will: professioneller Balletttänzer. Doch er ist nicht der Einzige mit diesem Wunsch. Auch 5000 weitere Kinder haben diesen Traum. Sie alle nehmen am weltweit wichtigsten Ballett-Wettbewerb für Nachwuchstänzer teil, dem „Youth American Grand Prix». Das Finale ist in New York, doch die Vorausscheidungen finden weltweit statt. Am «Youth American Grand Prix» sind alle Vertreter der grossen Balletthäuser anwesend. Für die Tänzer gibt es 150 Sekunden Bühnenpräsenz und vielleicht ein Stipendium, ein Engagement in einer Kompagnie und für die Jüngeren eine Auszeichnungen in Form von Medaillen. Wer es schafft, bei diesem Wettbewerb herauszustechen, hat einen wichtigen und grossen Schritt in Richtung Ballett-Karriere gemacht.

 

Aus Spass wird bitterer Ernst

 

Die sechs porträtierten Kinder und Jugendlichen haben zum Spass mit Tanzen begonnen, doch mittlerweile ist daraus bitterer Ernst geworden. Stundenlange Trainings, müde Beine und eine «verlorene Kindheit» (sagt eine Mutter): Bess Kargman zeigt in ihrem mehrfach ausgezeichneten Debütfilm die harte Realität der Ballettwelt. Ihr Dokumentarfilm ist frei von Klischees und berührend ehrlich. Die horrenden Kosten für Privattrainer werden thematisiert und geschundene Füsse gezeigt, die überhaupt nicht in das Bild der grazilen Körper und perfekten Frisuren passen. Aber auch die Leidenschaft, die unendliche Freude und die strahlenden Gesichter der Tänzerinnen und Tänzer erhalten den verdienten Platz im Film.

 

 

Bild 1: Alle jungen Teilnehmer wollen in New York am «Youth American Grand Prix» mit ihrem Können brillieren. / Bild 2: Nicht selten kommen unter den eleganten Ballettschuhen geschundene Füsse hervor. (Mit Maus über Bild fahren.)

 

 

Kargman gelingt es, eine Spannung in den Film zu bringen, so dass der Zuschauer bis zuletzt mit den Tänzern mitfiebert. Dies liegt wohl auch an der Vielfalt der porträtierten Kids. Von Joan Sebastian (16) aus Kolumbien, der alleine und weit weg von seiner Familie in Amerika trainiert, über Waisenkind Michaela (14) aus Sierra Leone, das von einer amerikanischen Familie adoptiert wurde, bis hin zu Rebecca (17), die nicht umsonst den Übernamen Barbie trägt. Nicht zu vergessen ist auch Miko (12), deren Mutter alles daran setzt, dass ihre Tochter besser und besser wird. Miko selbst sagt, dass sie die richtige Portion Ballett und Kindheit in ihrem Leben habe, obwohl sie ihre Freunde in der Schule schon vermisse (sie nimmt Privatunterricht, um mehr trainieren zu können).

 

Bild 1: Joan Sebastian trainiert hart für seinen Traum, genauso wie (Bild 2) Michaela. Sie sind zwei unter vielen anderen, die in den Ballett-Olymp wollen.

 

Die studierte Journalistin Kargman begleitete die Kinder, ihre Familien und Trainer über Monate hinweg. Entstanden ist ein authentisches Porträt über den Ballettnachwuchs, die Qualen, aber auch die unendliche Freude und Leidenschaft des Tanzsports.

 

 

  • First Position – Ballett ist ihr Leben (2011)
  • Regie: Bess Kargman
  • Darsteller: Aran Bell, Gaya Bommer Yemini, Michaela Deprince, Joan Sebastian Zamora
  • Laufzeit: 90 Minuten
  • Kinostart: 11.7.2013

 

Annik Hosmann / Do, 11. Jul 2013