Die zwei Gesichter des Joe Bonamassa

Konzertkritik: Joe Bonamassa im Hallenstadion
Bildquelle: 
Bäckstage.ch / © Danny Schwenter

Das Hallenstadion ist auf Clubgrösse verkleinert und der Saal erweist sich bei fast intimen, ganz leisen Momenten schon fast als zu gross. Man wünscht sich in manchen Parts doch ein Volkshaus. Wenn Joe Bonamassa im elektrischen Teil der Show an den Bühnenrand steht, seine Gitarre gegen die Decke reckt und ihr gefühlvoll und zärtlich kaum hörbare Töne entlockt, dann ist das Stadion still. Wirklich still. Man ist offenbar gekommen, um den Maestro zu hören und seine Kunst zu geniessen. Und trotz der Grösse gelingt es Bonamassa, eine greifbare Intimität zu schaffen. Schade nur, dass der Sound im Stadion sehr unterschiedlich ist. 

 

Sitzt man ganz oben im Stadion, reicht es von der Position der aufgehängten Boxen einfach nicht, damit der Klang sauber anzukommt. Deshalb stehen einige Leute auf der ersten Zwischenstufe und geniessen das Konzert von dort aus. Der Klang ist dort um Welten besser. Kein Wunder, regt sich der eine oder andere auf. Aber genug davon. Im Fokus des Abends steht Joe Bonamassa und der supportet sich an diesem Abend gleich selbst. 

 

Joe Bonamasse mit seinem Lieblingsinstrumente: die Gitarre. (Bild: © Danny Schwenter)

 

Im ersten Teil der Show sitzt Bonamassa mit einer Topband aus Leute, die schon mit Fleetwood Mac oder Alice Cooper gespielt haben und zaubert ein akustisches Set. Mit einer ungemein leicht wirkenden Selbstverständlichkeit trumpft die Band von der ersten Minute an. Mal reißt der Mann an der Perkussion, Lenny Castro heisst er, die ganze Truppe in den Song, mal wirbelt das Keyboard neckisch dazwischen und Joe Bonamassa singt dazwischen vom Mississippi und entführt die Menschen in der Halle gleich in die Regionen von Louisiana. Man sieht förmlich die Sonne brennen und die Sümpfe dampfen. Der Lebenssaft, den der Blues manifestiert, funktioniert auch im Hallenstadion tiptop. 

 

Der zweite Teil der Show ist elektrisch verstärkt und jetzt begeht Bonamassa einen kleinen Fehler und drückt erst einmal kräftig auf die Tube. Wohl, um sich möglichst stark vom ersten Set abzuheben. Funktioniert bei den Leuten im Saal, wird aber schnell langatmig. Erst als der Blueser mit der Sonnenbrille das Arbeiten mit der Dynamik zulässt und sein Spiel in rauen und zerbrechlichen Passagen zu kombinieren beginnt, sind da wieder alle Facetten, die Joe Bonamassa ausmachen. Ein Besucher meint sogar, dass Bonamassa immer besser werde. 

 

Aber der Abend gehört nicht Joe alleine. So lässt der Künstler, der sich früher gerne im Zentrum der Shows gesehen hat, auch mal dem Mann an der wunderbaren Hammondorgel Zeit für ein Solo oder integriert Instrumente wie Banjo oder Nickel Harper in den den akustischen Teil, um ihn selbst zu tragen. Als Fazit des Abends lässt sich sagen, dass Joe Bonamassa zwei Gesichter zeigt und sowohl akustisch als auch elektrisch sehr gut funktioniert. Das liegt einerseits an seinem Können und andererseits am Topniveau der Musiker um ihn herum. Zusammen zeigen sie ein fantastisches Blues-Konzert. 

Patrick Holenstein / Do, 02. Okt 2014