«Gueten Abik Züri»

Konzertkritik: Paul McCartney @ Hallenstadion
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Universalmusic.ch / © Brantley Guiterrez

Es hätte wohl ein einziger Atemzug des Ex-Beatle gereicht, als Paul McCartney mit zwanzig Minuten Verspätung die Bühne betrat, und die Leute hätten ihn bejubelt. In weissem Hemd und massgeschneidertem Anzug stand der Engländer im Hallenstadion und liess sich gleich genüsslich mit Standing Ovations feiern. Aber natürlich war er nicht gekommen, um seinen Legendenbonus abzuholen. «Gueten Abik Züri», ruft er in stark akzentuiertem Schweizerdeutsch ins Stadion und legt los.

 

Mit «Magical Mystery Tour» starteten McCartney und seine Band in ein Set, das leicht eine gut zweieinhalbstündige Beatles-Retrospektive hätte werden können. Doch Sir Paul hatte offen hörbar den Anspruch mitgebracht, auch die Kenner seines Gesamtwerks zu bedenken. So standen Songs aus der Wings-Phase genauso auf dem Programm wie Stücke von Fireman, jenem Projekt, das McCartney seit 1993 immer mal wieder nach Lust und Laune betreibt. Sogar die Liebeserklärung an seine aktuelle Frau, «My Valentine», spielte McCartney. 

 

Aber das Kerngeschäft sind halt doch die Beatles. Mit «The Long And Winding Road», für das McCartney sich ein erstes Mal ans Klavier setzte, und Songs wie «Eleanor Rigby», «Let It Be», «Hey Jude» oder «Yesterday», um nur einige zu nennen, waren fast alle grossen Hymnen dabei. Auch wenn mancher persönliche Lieblingssong nicht gespielt wurde, so bot das Konzert einige sehr starke Momente. «Blackbird» zum Beispiel, das wie McCartney erzählte, geschrieben wurde, um Hoffnung für Soldaten zu spednen, spielte er ganz alleine und nur mit einer akustischen Gitarre. Oder «Live And Let Die». Der Song zum gleichnamigen Bondfilm wurde im Hallenstadion gar zum wilden Mix aus Pyroeffekte und Videoanimationen.

 

Zur Seite stand Paul eine Band, die im Schnitt halb so alt wie er sein dürfte. Besonders der Schlagzeuger wusste sich mit einer geschmeidigen Mischung aus spielerischem Können und diversen Blödeleien in die Herzen der Leute zu schleichen. Wenn er hinter McCartney an Elemente des Breakdance erinnernde Bewegungen vollführte, hatte er die Lacher deutlich auf seiner Seite. Dafür konterte Paul charmant mit der Bemerkung, man solle sich die Moves merken, für den nächsten Tanzabend. 

 

Berührend wurde es, als Paul McCartney seine verstorbenen Weggefährten bedachte. «Here Today» erklärte er, habe er für John geschrieben. Vor George Harrison verneigte sich Paul McCartney genauso, nämlich mit «Something», jener Hymne, die Harrison einst zu spät für das legendäre «White Album» fertiggestellt hatte und die so auf «Abbey Road“ landete. Paul spielte den Song auf der Ukulele und erzählte dazu die Anekdote, wie George Harrison ihm das Spielen beigebracht hat. 

 

Als sich die Band nach gut zwei Stunden verabschiedete – andere Bands hätten in der Zeit zwei Konzerte gegeben - tobten die Leute. McCartney und seine Band besänftigten sie mit sechs Zugaben. Nach zwei Stunden und vierzig Minuten ging ein Konzert zu Ende, das nicht nur aus Nostalgie bestand, sondern einen schönen Gesamteindruck des Werks von Sir Paul McCartney zeigte. Vergnügt sagte er zum Schluss nochmals in Schweizerdeutsch: «Und jetzt mir gönd hei!»

Patrick Holenstein / Di, 27. Mär 2012