Fette Brote und Stress

Festivalkritik: Fettes Brot am Stars in Town
Bildquelle: 
Bäckstage / © Sandra Rohrer

Stress zählt zu den bekanntesten Rappern der Schweiz, wenn nicht sogar zu den bekanntesten Musikern des Landes. Darum war ihm die Ehre zuteil, den «Hip Hop»-Abend am Stars in Town zu eröffnen. Relativ früh bedankte er sich beim Publikum, in dem er meinte, es sei nicht leicht, ein Musiker in der Schweiz zu sein und wie sehr er sich freue, dass so viele gekommen seien. 

 

Weil er mit Regen gerechnet habe, trug Stress lange Hosen auf der Bühne. Vergebens, denn das Thermometer stand auf Sommer. Trotzdem schaffte es Stress, auf der Bühne Gänsehaut zu haben. Jedenfalls scheint es auf Fotos so und bei der Stimmung ist das wenig verwunderlich. 

 

Voller Energie hüpfte und tanzte er los und hatte auf dem Herrenacker eine gute Zeit. Typisch für Stress ist, dass er bei Ansagen regelmässig Sie benutzt. Das macht ihn charmant und irgendwie ist das ein markantes Zeichen geworden. «Haben Sie Bock auf ein nächstes Lied?», wollte er etwa wissen und erzählte gleich noch, dass er vor einer Woche Geburtstag gehabt habe und sich wünsche, dass alle mit ihm «gumpen». 2 Minuten 30 dauere das Lied, schob er nach und fragte: «Geht das?» Selbstverständlich. Selbst Mitarbeiter hinter den Foodständen tanzten mit. Als ob die Stimmung nicht schon genügend am Kochen gewesen wäre, folgen nach einer Stunde weisse Bälle über dem Publikum, die La Ola-Welle war Dauerzustand und zum Finale lud Stress sogar Leute auf die Bühne ein. Was für ein Auftakt. 

 

Fotos: Bäckstage / © Sandra Rohrer (sandrarohrerphotography.com

 

Die Latte lag nach Stress hoch, aber Fettes Brot aus Hamburg können das in der Regel schon toppen. König Boris, Doktor Renz und Björn Beton begannen gewohnt unterhaltsam und brachten die Stimmung schon nach Song vier, dem Riesenhit «Emanuela», so richtig auf Temperatur. Hier wünschten sich die Fetten Brote einen Moshpit, den sie zu ihrer Freude bekamen. «Lass die Finger von Emanuela»-Chöre waren zu hören und das Trio hatte diebische Freude. 

 

Es folgten Hits wie «Jein», «Bettina» oder «Schwule Mädchen», aber das Highlight des Gigs war «Nordisch By Nature», den die Junges erst mit ein wenig Freestyle lancierten, um dann in die bekannte Version zu kippen. Kann man machen, wenn man sein Metier so beherrscht wie Fettes Brot. 

 

Dass die Beginner überhaupt den Abschluss des Abends bei machen konnten, war vor ein paar Jahren nicht so realistisch, hatte sich die einstige Hitband um Jan Delay doch getrennt bzw. pausiert und erst 2011 neu formiert bzw. wieder begann, Konzerte zu geben. Ein Glück für die Besucher am Stars in Town, denn der Platz war sehr voll und die Formation erreichte die Menschen sofort. So war gut zu erkennen, dass die Band aus Entertainern besteht, die lieben, was sie tun. 

 

Das Markenzeichen ist die leicht nuschelige, nasale Stimme von Jan Delay. Dazu wummerte der Bass noch mehr als bei Alvaro Soler am Tag zu vor. Aber das passt zum Genre und zu den Beginnern. So beenden wenig später «Liebeslied» und «Danke» einen Tag voller Hip Hop-Beats. 

 

Ein Dreigestirn aus unterschiedlichen Hip Hop-Künstlern bot Stars in Town am vierten Tag. Thematisch perfekt abgestimmt. 

 

Sandra Rohrer / So, 11. Aug 2019