Therapiesitzung im Walde

Movie-Kritik: Into The Woods
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© The Walt Disney Company Switzerland.

In einem fernen Königreich lebten einst ein Bäcker (James Corden, «Die drei Musketiere, One Chance – Einmal im Leben») und seine Frau (Emily Blunt: «Der Teufel trägt Prada», «The Wolfman»). Während in ihrem Ofen die köstlichsten Brote buken, tat sich im Schoss der Bäckersfrau weitaus weniger. Etwas abseits des Königreiches lebte Jack (Jungschauspieler Daniel Huttlestone, «Les Misérables») mit seiner Mutter (Tracey Ullman: «Hauptsache verliebt» und «Corpse Bride – Hochzeit mit einer Leiche»). Sie waren bitterarm und die Mutter verzweifelte, denn ihr Sohn verstand den Ernst ihrer finanziellen Lage nicht und auch sonst war er eher von naiv-verträumter Natur, was die Mutter zur Weissglut trieb. Weitaus mehr Bewusstsein für ihre eigene Misere hatte Cinderella (Anna Kendrick, «Pitch Perfect» und «Twilight»). Man könnte das Wesen ihrer Stiefmutter (Christine Baranski, «Mamma Mia» und «Chicago») und -schwestern (Lucy Punch, «Bad Teacher» und «Dinner für Spinner» sowie Tammy Blanchard: «Moneyball» und «Blue Jasmin») charmant umschreiben, doch um es auf Neudeutsch zu sagen: sie waren richtige Bitches und dissten die arme Cinderella den ganzen Tag lang, wie sie nur konnten. Das arme Mädchen träumte davon gerettet zu werden, am besten von einem charmanten Prinz oder ähnlichem, um nicht länger unter den Fittichen ihren Stieffamilien zu sein.

 

Die Darstellung der Hexe brachte Meryl Streep eine Oscar-Nominierung.

 

Wäre Cinderella allerdings Rotkäppchen (Lilla Crawford in ihrer ersten Filmrolle) gewesen, das überaus gewiefter und aberwitziger war, hätte sie sich zwar von einem Wolf (Johnny Depp: «Edward mit den Scherenhänden»«Fluch der Karibik») verführen, aber nicht von den drei Sklaventreiberinnen unterkriegen lassen. Gegenüber vom Bäcker und seiner Frau wohnte eine alte Hexe (Meryl Streep: «Die eiserne Lady»«Kramer gegen Kramer») , die vom traurigen Schicksal des Bäckerehepaares gehört hatte und sich kurzer Hand entschloss ihnen zu helfen. Doch wie es in Märchen nun mal so ist, kommt nichts von ungefähr und hat immer einen Haken. In diesem Fall schickt die Hexe das Paar auf eine Schnitzeljagd in den Wald, um ihr eine Kuh so weiss wie Milch, einen Umhang so rot wie Blut, Haare so gelb wie Mais und einen Schuh so rein wie Gold zu bringen. Danach würde sie ihnen den Wunsch erfüllen, ein Kind zu bekommen.

 

Adaption mit neuem Material

 

Wer jetzt denkt «Into The Woods» sei nur etwas für die ganz Kleinen oder ein Riesenklamauk, irrt sich. Die Geschichte ist wie eine Sitzung beim Therapeuten. Die Figuren im Film müssen in den Wald, aus ihrer Komfortzone ausbrechen und sich ihren Ängsten stellen oder Erkenntnisse gewinnen. Es hat die klassische Erzählstruktur eines Märchens. Der Held muss eine Aufgabe lösen, bevor er sein Glück findet. Die Figuren haben grossen Identifikationswert und ihre Charakter sind alle jenseits von Gut und Böse, sondern einfach nur menschlich. In diesem Fall erzeugen die Makel der Figuren einen Bruch und nehmen dem Film das grosse Tamtam und den Kitsch, die Musicals gerne an sich haben. Wie auch im Märchen so hat auch «Into The Woods» eine Moral.

 

Anna Kendrick hat schon mehrfach bewiesen, dass sie singen kann. Hier spielt sie Cinderella. 

 

Gesanglich überzeugen alle Darsteller, allen voran die Jungschauspieler Daniel Huttlestone und Lilla Crawford, die Jack und Rotkäppchen mimen. Sind scheinen mit so viel Herzblut bei der Sache zu sein, dass man ihnen die Rollen durchgehend abnimmt. Die bekannten Musikstücken aus der Originalproduktion wie «Children will listen», «Giants in the sky» oder «Agony» wurden im Film übernommen. Der preisgekrönte Musicalkomponist und -texter Stephen Sondheim (unter anderem «West Side Story» und «Sweeney Todd»), der schon die Stücke für die Originalproduktion aus dem Jahr 1987 geschrieben hatte, komponierten für den Film noch zusätzliche neue Stücke auf die sich die Zuschauer freuen dürfen.

 

«Into the woods» bietet Unterhaltung für die ganze Familie. Der Film zieht den Zuschauer mitten in den Wald und hält ihn während des ganzen Filmes dort gefangen. Wie schon Meryl Streep in einem Interview sagte: «Es ist ein Musical mit Hirn. Er hat das gewisse Etwas.»

 

 

  • Into the woods (USA, England 2014)
  • Regie: Rob Marshall
  • Darsteller: Meryl Streep, Emily Blunt, James Corden, Anna Kendrick, Chris Pine and more
  • Laufzeit: 124 Minuten
  • Kinostart: 19. Februar 2015

 

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catarina martins / Do, 19. Feb 2015