The Giver - In Zeiten der fehlenden Liebe

Movie-Kritik: The Giver
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Im Verleih von Ascot Elite

Jonas lebt mit seiner Familie und den besten Freunden Asher und Fiona in einer perfekten Welt. Der Ort liegt auf einer Art felsigen Hochplateau und ist umringt von dichten Wolken. Jeder respektiert den anderen, es gibt keine Verbrechen und Hierarchien gibt es nur ganz wenige. Nämlich die Ältesten. Die berufliche Perspektive entscheiden die Ältesten und in einem gewissen Alter wird jeder Einwohner in einer grossen Zeremonie der passenden Institution zugewiesen. Während Asher Dronenpilot wird und Fiona für die Säuglingsstation perfekt passt, bleibt Jonas als einziger auf der Bühne stehen. Völlig verwirrt erfährt er, dass er der neue Hüter der Erinnerung werden wird. 

 

Jonas lernt am Tag darauf seinen Ausbilder kennen. Langsam zeigt der Giver Jonas Erinnerungen an vergangene Tage, Kleinigkeiten wie eine Biene oder Schnee, und vor allem an vergessene Emotionen weiter. Denn in der Welt von Jonas bekommt jeder Einwohner morgens eine Injektion, die sämtliche Emotionen abschaltet. Mit der Zeit beginnt Jonas das System zu hinterfragen und als er erfährt, dass vor zehn Jahren schon einmal eine Hüterin überreagiert hat, wird er neugierig. Der Ausschlag für die Entscheidung, die Welt zu ändern, ist für Jonas die Erinnerung an die Liebe. Er verliebt sich in Fiona und versucht sie zu überzeugen, dass die Welt, in der sie leben, nicht ideal ist. Aber um das zu ändern, gibt es nur eine Möglichkeit. Jonas muss die Grenze der Erinnerung finden und durchbrechen. 

 

Bild 1: Jonas versucht Fiona von der Liebe zu überzeugen. Bild 2: Jonas und Asher bei der Zeremonie zur Berufsvergabe. (Mit Maus über Bild fahren)

 

Utopie oder Dystopie? Ist eine Welt ohne Emotionen erstrebenswert? Selbst, wenn dafür Sachen wie Mord oder Krieg komplett eliminiert wären? Wollen wir wirklich eine Welt, in der man zwar frei ist, aber das freie Denken abgeschafft wurde? Der Film stellt Fragen und gibt zu denken. Zusätzlich wird diese Absicht auf der optischen Ebene unterstützt, indem die Welt erst in hochauflösendem Schwarz/Weiss zu sehen ist. Nur Jonas bringt durch seine aufkeimenden Erinnerungen langsam Farbe in die Welt. Mal ein roter Apfel oder ein Regenbogen im künstlichen Wasserfall. Tatsächlich ist der Film eine Parallelmontage aus der Empfindung von Jonas und der Welt, wie sie alle anderen sehen. Der Film beginnt viel versprechend und kann die Spannung auch halten. Leider geht dann aber gegen Schluss die Narration ein bisschen gar schnell voran und die Lösung ergibt sich etwas zu einfach. Trotzdem macht «The Giver» Spass und man hirnt doch noch eine Weile über den gesehenen Sozialentwurf nach. 

 

Regisseur Philip Noyce («Salt») inszeniert nach dem Roman von Lois Lowry eine interessante Zukunftsversion. Dabei gelingen ihm vor allem durch die schöne Riege an bekannten Schauspielern eine glaubhafte Vision. Der Giver wird von Jeff Bridges («True Grit», «Crazy Heart») verbittert und verlebt gespielt. Meryl Streep (Aktuell: «Into The Woods») verkörpert die Anführerin der Ältesten. Aber beide haben nur Nebenrollen, genau wie Katie Holmes («The Kennedys») und Alexander Skarsgård («True Blood») als die Eltern von Jonas und sogar Cameron Monaghan, der Asher verkörpert und sonst aus der bitterbösen Serie «Shameless» bekannt ist, bekommt nur wenig Screentime. Country-Sängerin Taylor Swift ist gar nur wenige Sekunden zu sehen. Deutlich mehr Screentime bekommt Odeya Rush («We Are What We Are»), aber im Grunde ist der Film eine One-Man-Show für Jonas-Darsteller Brenton Thawaites («Maleficient») und der macht seine Sache richtig gut. Wer spannende Unterhaltung mit kleinen Denkansätzen sucht, ist bei «The Giver» goldrichtig. Der Film mag kleine Schwächen haben, aber die adäquate Inszenierung und die allesamt glaubhaften Schauspieler täuschen darüber hinweg. 

 

 

  • The Giver (USA 2014)
  • Regie: Philipe Noyce
  • Drehbuch: Michael Mitnick, Robert B. Weide & Lois Lowry (Romanvorlage)
  • Darsteller: Brenton Thwaites, Odeya Rush, Jeff Bridges, Meryl Streep, Katie Holmes, Alexander Skarsgård
  • Laufzeit: ca. 98 Minuten
  • Verkaufsstart: 29. Januar 2015

 

 

Bilder: Im Verleih von Ascot Elite

Patrick Holenstein / Mo, 26. Jan 2015