Spuren der Jugend

Filmkritik: Un Amor
Bildquelle: 
Trigon Film

Bruno (Sergio Bizzio) ist ganz ausser sich. Dort steht sie nun auf seinem Balkon. Lisa (Elena Roger), die vor dreissig Jahren verschwunden ist, ohne ein Wort zu sagen. Jetzt ist sie aber plötzlich wieder da und möchte zurück ins Dorf ihrer Jugend, Victoria, fahren, um nach Lalo (Luis Ziembrowski) zu suchen. Bruno ist zerrissen. Soll er mitfahren, auf eine erneute Chance hoffen und somit alles verlieren, dass er sich aufgebaut hatte?

 

 

 

Der neueste Film der argentinischen Filmemacherin Paula Hernández‘ («Herencia», «Lluvia») spielt sich im heutigen Argentinien und zu Zeiten der Diktatur in den 70-er Jahren ab. Gemütlich schaukeln wir dreissig Jahre zurück und wieder nach vorne. Die Ausgangslage ist klassisch: Zwei heranwachsende Jugendliche verlieben sich in das gleiche Mädchen. Lalo muss früh lernen Verantwortung zu übernehmen und für sich und seine Mutter zu sorgen. Bruno, das pure Gegenteil, ist vor allem an den Verlockungen und Vergnügungen interessiert. In der Mitte befindet sich Lisa, die sich vom sensiblen, aber auch verschlossenen Lalo angezogen fühlt, jedoch beim offenen Bruno die Bestätigung findet, nach der sie sich sehnt.

 

Handlung in wenigen Sätzen zusammenfassbar

 

Als Lisa auf Lalo und Bruno trifft, will sie alles; Freundschaft, Liebe und Zärtlichkeiten. Dass sie mit ihrer offenen und unbekümmerten Art die Freundschaft der beiden Jungen auf eine harte Probe stellt, interessiert sie nicht. Es ist den wunderbaren Darstellern Denise Groesman und Elena Roger zu verdanken, dass man Lisa, trotz ihres eigenwilligen Verhaltens, sehr gut leiden kann. Groesman spielt die jugendliche Lisa mit sehr viel Selbstbewusstsein und einer grossen Portion Verletzlichkeit, während Roger Lisa mit Nachdenklichkeit und Unantastbarkeit punktet. Und trotz diesen Veränderungen in Lisas Charakter, bleiben beide Frauen auf eine gespenstische Art ein und dieselbe, was durch ihre optische Ähnlichkeit stark unterstützt wird. Über dieselbe Magie verfügen auch die älteren und jungen Schauspieler, die Lalo und Bruno verkörpern. Da die zentralen Ängste und Bedürfnisse der Protagonisten meist unausgesprochen bleiben, ist es den Schauspielern zu verdanken, dass die Geschichte fesselt. Mit kleinen Gesten sagen sie mehr, als es tausend Wörter vermögen würden. Dies ist gut, denn die grossen Dramen spielen sich oft in den Gefühlswelten der Figuren ab. Gegen Aussen passiert nicht viel, die Handlung könnte in wenigen Sätzen zusammengefasst werden. Für diverse Kinobesucher vielleicht zu wenig und so könnte das Ende des Filmes einige leicht irritieren. Diesen sei aber die Kurzgeschichte «Un amor para toda la vida» von Sergio Bizzio empfohlen, auf welcher der Film basiert, und die einen völlig anderen Ausgang anbietet.

 

 

Denn obwohl Hernández die Geschichte mit vielen schönen Bildern und Momenten schmückt, bleibt deren Inhalt sehr mager. Andere Filme, wie beispielsweise «Jim et Jules», haben das Thema Dreiecksbeziehung zudem so intensiv behandelt, dass «Un Amor» im Vergleich sehr oberflächlich erscheint. Gleiches gilt für den Vergleich der naiven Jugend in der Vergangenheit mit dem erwachsenen Zynismus der Gegenwart, welcher bereits in Richard Linklaters «Before Sunrise» und «Before Sunset» unvergesslich thematisiert wurde. Bei Hernández bleiben die Figuren leider zu starr und verändern sich letztendlich zu wenig. Das Festhalten an der Vergangenheit führt zu ihrem Leiden und sorgt schlussendlich für eine überraschende Pointe, welche jedoch die Glaubwürdigkeit der Geschichte in Frage stellt. 

 

 

  • Un Amor (Argentinien 2012)
  • Regie: Paula Hernández
  • Drehbuch: Sergio Bizzio, Leonel D’Agostino, Paula Hernández
  • Besetzung: Diego Peretti, Elena Roger, Luis Ziembrowski, Agustìn Pardella, Agustìn Pardella, Denise Groesman
  • Laufzeit: 99 Minuten
  • Kinostart: 6. September 2012

 

Tanja Lipak / Di, 04. Sep 2012