Ein klassischer Kuss auf unklassische Art

Moviekritik: Heute bin ich Samba
Bildquelle: 
Frenetic Films

Nach dem riesen Erfolg «Intouchables – Ziemlich beste Freunde» kommt das Regie-Duo Eric Toledano und Olivier Nakache mit ihrem neuen herzerwärmenden Film in die Schweizer Kinos. Schon lange haftete die Filmemacher das Bild von den Gastarbeitern, die am Hinterausgang von Restaurants stehen, im Kopf. Mit dem Buch «Samba pour la France» von Delphine Coulin fanden sie schliesslich das Fundament ihres neuen Films. «Heute bin ich Samba» wird wohl nicht am riesen Kinoerfolg seines Vorgänger anknüpfen, denn der Wechsel zwischen lustigen und ernsten Elementen ist nicht immer im Einklang. Trotzdem erfreut auch dieses Werk das Gemüt und ist durchaus sehenswert. Dafür sorgt unter anderen auch der Dritte im Erfolgsteam: der charismatische Omar Sy. Er ist Samba, ein senegalesischer Sans Papier, der seit mehr als 10 Jahren illegal in Frankreich wohnt und arbeitet und trotz seines Namen auf Tanzeinlagen verzichtet.

 

 

 

Der unsichtbare Mann

 

Arbeiten, sich dabei möglichst unauffällig benehmen, grosse Menschenmengen meiden und an das Feierabendbier ist gar nicht zu denken  – in etwa so schaut das Leben von Samba aus. Zumindest bis er trotz vorbildlicher Unsichtbarkeit doch von der Polizei aufgegriffen wird und in der Abschiebehaft landet. Und hier fängt die sozialkritische Komödie so richtig an. Obwohl Samba eine Festanstellung in Aussicht hat, erhält er keine Aufenthaltsbewilligung und muss nun Frankreich auf eigene Faust verlassen. Natürlich will Samba weiterhin in Paris bleiben. Sein Onkel (Youngar Fall) rät ihm daher sich noch unauffälliger zu benehmen und sich vor allem europäischer zu kleiden – ab sofort nur noch mit Aktentasche und Zeitschrift in die Metro.

 

Unterstützung erhält Samba von zwei Sozialarbeiterinnen. Manu (Izïa Higelin) eine aufgedrehte junge Französin, die ihrer Kollegin immerzu rät «bewahre Distanz». (Für diese Nebenrolle wurde Izïa Higelin gar für den César nominiert.) Diese Kollegin ist Alice (Charlotte Gainsbourg). Eine unsichere Frau, die kein Jurastudium absolviert, weder gepierct noch über 85 Jahre alt ist. Alice leidet gerade an einem Burn-out und sucht sozusagen ihre Reinkarnation im Sozialdienst. Während Alice doch nicht die nötige Distanz wahren kann, muss sich Samba von einem Taglöhnerjob zum anderen kämpfen. Dabei steht ihm Wilson (Tahar Rahim) stets zur Seite. Ein nicht ganz echter Brasilianer, der mit seinen heissen Bewegungen, die Frauenherzen höher schlagen lässt. Diese Figuren sorgen für einige witzige und herzliche Szenen und lenkten so vom tragischen Thema des Filmes ab.

 

 

 

Die Nadel im Heuhaufen

 

Samba zeigt uns ein Frankreich und seine Einwohner, die hinter den Kulissen ihr Leben führen und auf eine Aufenthaltsgenehmigung warten. Sie arbeiten in der Nacht, sind bei Parties am Tellerwaschen oder balancieren auf hohen Baugerüsten. Auch bei eiserner Kälte hoffen sie die eine Nadel im Heuhaufen zu sein – denn der Kampf um einen Job beginnt tagtäglich von vorne. Dafür muss Samba sich immer wieder neu erfinden und verliert nach und nach seine eigene Identität. Doch der Film zeigt dabei nicht die nackte, brutale Realität. Die Regisseure reichern die Leidensgeschichte mit humorvoller Lebenslust an. Was bleibt ist ein wahrer Kern, der auf humorvolle und teils klischeehafte Weise erzählt wird und bei dem auch die Liebe einen grossen Platz einnimmt. Für alle Intouchable Fans gebe ich allerdings den Tipp, drosselt eure Erwartungen, dann steht dem Kinogenuss nichts im Wege.

 

 

  • Heute bin ich Samba (Frankreich, 2014)
  • Regie: Eric Toledano, Olivier Nakache
  • Darsteller: Omar Sy, Charlotte Gainsbourg, Tahar Rahim, Izïa Higelin, Liya Kebede
  • Laufzeit: 119 Minuten
  • Kinostart: 26. Februar 2015

 

Tamara Lipp / Di, 24. Feb 2015