Es sagt der Film zum Buch: Ich bin ziemlich gut gelungen.

Moviekritik: Salmon Fishing In The Yemen
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Im Verleih von ASCOT ELITE

Buch: Ich war der Debütroman von Paul Torday. Nach nun fünf Jahren findet meine Geschichte den Weg auf die Kinoleinwand.

Film: Ja, das stimmt und ich finde mich ziemlich gut inszeniert. Die Landschaft ist in braune Töne gefärbt, die Hitze spiegelt sich in der Luft und pure Trockenheit zeichnet das Bild. Und genau hier, inmitten der Wüste, soll die Vision eines jemenitischen Scheichs (Amr Waked) umgesetzt werden. Lachsfische sollen künftig in seiner Heimat flussaufwärts wandern und seinem Volk das Sportfischen ermöglichen. Eine absolut absurde Idee. Der britische Fischerei-Wissenschaftler Dr. Alfred Jones (Ewan McGregor) hält das Lachsprojekt natürlich für einen Aprilscherz. Doch durch die Androhung der Kündigung nimmt er sich gezwungenermassen diesem Unterfangen an. Er soll mit Hilfe der charmanten Harriet Chetwode-Talbot (Emily Blunt) 10‘000 Lachse in der brütenden Hitze zum Laichen bringen.

Buch: Mein Autor führt den Leser gekonnt durch all die verschiedenen Korrespondenzen. Ich bestehe ja ausschliesslich aus Briefen, E-Mails, Tagebucheinträgen und Protokollen. Wie hat der preisgekrönte Simon Beaufoy (Slumdog Millionaire) diesen Aspekt im Drehbuch umgesetzt?

Film: Der Erstkontakt zwischen Harriet Chetwode-Talbot und Dr. Alfred Jones erfolgt wie im Buch per E-Mail. Die Kamera fängt dabei die geschrieben Worte ein. Ich distanziere mich jedoch nachher ziemlich von diesen Schriftstücken, da ich die Szenen visualisieren muss. Zudem bin ich etwas moderner geworden. Zum Beispiel kommuniziert Patricia Maxwell (Kristin Scott Thomas) mit dem Premierminister durch einen Chat.

 

 

Buch: Patricia Maxwell kommt in meiner Geschichte nicht vor. Der Pressesprecher des Premierministers wurde einfach durch eine Frau ersetzt. Was bringt diese Entscheidung mit sich?

Film: Womöglich war dies eine sehr gute Entscheidung, denn diese knallharte Businessfrau, Patricia Maxwell, verleiht der Verfilmung den nötigen Biss. Sie hat eine humorvollere Wirkung als ihre männliche Vorlage, obwohl sie unangenehm und verbal aggressiv ist. Auf der Suche nach guten Nachrichten aus dem Osten, die nichts mit Bomben zu tun haben, stossen ihre Assistenten auf das Jemen-Lachsprojekt. Diese nennt die Pressesprecherin übrigens liebevoll aufgeblasene Oxford-Idioten. Zunächst belächelt auch Mrs Maxwell dieses Projekt. Doch rund zwei Millionen britische Angler als potenzielle Neuwähler des Premiers wecken ihre volle Aufmerksamkeit. 

Buch: Die politische Seite angesprochen, ich bin eine Politiksatire!

Film: Nun, die Essenz des politischen Handlungsstrangs der Literaturvorlage wird in mir ja vor allem durch Patricia Maxwell verkörpert. Sie agiert meistens völlig selbstständig, was jedoch gut funktioniert. Doch mein Regisseur, Lasse Hallström, setzt mehr auf den Liebesstrang. Zum einen ist da das frischverliebte Paar, Harriet und Robert, doch der Soldat wird nach Afghanistan berufen. Zum anderen ist da die leidenschaftslose Ehe von Alfred und Mary, doch die Geschäftsfrau verreist nach Genf. Eine liebevolle und warme Beziehung steht einer zweckmässigen und unterkühlten Beziehung gegenüber. Was zu einer fruchtbaren Geschäftsbeziehung zwischen Harriet und Alfred führt. Schon bald bilden die Schöne und der Theoretiker ein ideales Team. Die Harmonie ist spürbar, was auch in der farblichen Abstimmung ihrer Kleider zusehen ist. 

Buch: Etwas schade, dass die politischen Machenschaften etwas untergehen, aber ich bin auch mit britischem subtilem Humor durchzogen.

Film: Ich sehe mich ja als eine Mischung aus Liebesgeschichte, Drama, Komödie und Märchen. Nach seinem ersten Treffen mit Harriet, um das Projekt abzuschmettern, läuft der verklemmte Dr. Alfred stolz aus dem Büro und direkt in eine Glastür. Solche Szenen der Situationskomik kommen oft vor. Zudem überbrücken die witzigen und pointierten Dialoge die dramatischen Momente, die das Liebesleben mit sich bringt. Das Jemen-Lachsprojekt nimmt keine Rücksicht auf die Figuren und reisst alle wie eine Flutwelle mit sich. Das jedoch mit Humor.

 

 

Buch: Westliche und östliche Kulturen stossen aufeinander, das ist ein aktuelles Thema. Es sind meistens negative Nachrichten, die unsere Zeitungslandschaften durchziehen. Was ist daran märchenhaft?

Film: Aus diesem Grund sucht Patricia Maxwell nach guten Nachrichten, um das Image der anglo-jemenitischen Beziehung aufzuwerten. Es bleiben nicht viele realistische Umstände des Buches übrig, dafür wird ein magisches Märchen auf die Leinwand gezaubert. Für diese Wirkung ist vor allem der Scheich verantwortlich (gespielt von dem ägyptischen Superstar Amr Waked, der übrigens als George Clooney des Orients gilt). Die Angel-Szene mit Dr. Alfred Jones in einem schottischen Fluss, ist in ein warmes Licht getaucht und von einer traumhaft grünen Landschaft umkreist. Dabei lächelt der charismatische Mann in traditioneller Kleidung und durchdringt sein Gegenüber mit einem tiefen sympathischen Blick. Der Scheich scheint zwar mehr Geld als Verstand zu haben, denn er sieht die Lösung aller politischen Schwierigkeiten im gemeinsamen Fischen. Aber er hat eine positive Wirkung auf alle um ihn herum und ist überzeugt, dass mit Gottes Willen alles möglich ist. Dr. Alfred Jones wird immer mehr von ihm angesteckt. Das Projekt steht jedoch unter einem schlechten Stern, denn die Bewohner des Jemen verstehen den Grundgedanken des Scheichs nicht.  

Buch: Es gibt also doch einige Abweichungen.

Film: Ja, wie bei jeder Verfilmung gibt es viele Unterschiede. Ein weiteres Beispiel sind die Charaktere, diese wurden viel farbiger gezeichnet und einige Figuren entwickeln sich anders. Am Schluss kehre ich dir dann ziemlich fest den Rücken zu. Aber die Kernaussage bleibt dieselbe. Ich bin nun mal ein Film.

 

  • Salmon Fishing In The Yemen (UK 2011)
  • Regie: Lasse Hallström
  • Darsteller: Emily Blunt, Ewan McGregor, Kristin Scott Thomas
  • Laufzeit: 107 Minuten
  • Kinostart: 17. Mai 2012

 

Bilder: Im Verleih von ASCOT ELITE.

Tamara Lipp / Di, 08. Mai 2012