Auf Tour mit James Bay und niemand darf es wissen

Interview mit Samm Henshaw
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Promobild

Interview von Rahel Inauen und Seraina Thuma

 

Samm Henshaw dürfte hier in der Schweiz nur wenigen einen Begriff sein. Der 22-Jährige Londoner mit nigerianischen Wurzeln begleitete James Bay letztes Jahr auf dessen Tour und veröffentliche ebenfalls im 2015 seine erste eigene EP «The Sound Experiment». Zu Beginn dieses Jahres tourte er mit der US-amerikanischen Singer-Songwriterin Tori Kelly und berührte mit seiner souligen und gefühlsvollen Stimme die Herzen Europas. Wir haben ihn in London zum exklusiven Interview getroffen. Er sprach über seine Wundermittel gegen Lampenfieber und wie der Glaube seine Musik beeinflusst.

 

 

Samm, wir wollen dich und deine Musik dem Schweizer Publikum näherbringen. Wie würdest du dich und deine Musik beschreiben?

Ohhh, ich würde mich selbst als … (überlegt lange). Ich versuche gerade ein paar Wörter, die meine Familie und meine Freunde oft benutzen, nicht zu erwähnen, denn die wären ziemlich frech. Ich bezeichne mich selbst als sehr gefühlsvoll und meine Musik kann wirklich alles beinhalten – von Folk über Jazz zu Rock und Gospel. Eine grosse Mischung. Ja, so würde ich mich selbst und meine Musik beschreiben.

 

Du hast vor dem Interview erwähnt, dass du ein bisschen nervös bist. Hast du immer noch Lampenfieber vor den Shows?

Immer, wirklich immer. Ich habe hier schon einmal gespielt. Letztes Jahr war ich mit James Bay auf Tour und wir hatten hier drei Shows nacheinander. Du denkst, du gewöhnst dich daran, aber das ist nicht der Fall, denn jedes Publikum ist anders und du weisst nicht, wie die Menge reagiert. Manche Leute interessieren sich für dich und andere wiederum überhaupt nicht. Also bin ich jedes Mal nervös, denn ich bin doch noch irgendwie neu in der Industrie. Es ist immer nervenaufreibend.

 

Habt ihr ein Ritual bevor ihr auf die Bühne geht?

Ja, ich und meine Band beten jeweils und versuchen, einander anzutreiben. Meistens hören wir laute Musik und manchmal schreien wir uns einfach gegenseitig an (lacht). Das ist nicht wirklich viel aber ja, so machen wir es. 

Du hast gerade gesagt, dass du betest, bevor ihr die Bühne betretet und dein Vater ist Pastor. Beeinflusst dein Glaube deine Musik?

Hundertprozentig. Das hat es zwar früher nie, weil ich zuerst meinen Weg zum Glauben finden musste, aber jetzt ist der Glaube ein grosser Teil meiner Musik. Alleine schon wegen den Moralen und so reflektiert meine Musik meine Art zu leben.

 

 

Jedes Publikum ist anders und du weisst nicht, wie die Menge auf deine Musik reagiert.

 

 

Wie vorhin angesprochen bist du letztes Jahr von James Bay als sein Support-Act ausgewählt worden. Wie sieht die Geschichte dahinter aus? War es einfach ein Anruf?

Also es ist so passiert: ich glaube, ich beendete da gerade die Uni und ich war schon immer ein grosser Fan von James Bay. Auch schon vor sieben Jahren, als ihn noch niemand kannte. Dann habe ich ein Video auf YouTube gestellt und plötzlich hat James den Link dazu auf Twitter veröffentlicht und geschrieben «das ist unglaublich!»

 

…bist du nicht ausgeflippt!

…ich BIN ausgeflippt. Ich habe gedacht «Okay, ich hab’s geschafft, ich kann das Mikro weglegen und aufhören». Einige Zeit später war James kurz davor, seine Tour anzukündigen und eines meiner Bandmitglieder hat gesagt «Samm, James wird dich bitten, auf diese Tour mitzukommen». Ich habe nur mit «Nein, niemals» geantwortet. Am nächsten Tag bekam ich einen Anruf: James wollte mich dabei haben. Es war merkwürdig, weil ich es für etwa fünf oder sechs Monate niemandem erzählen durfte. So sass ich einfach da und dachte: «Wow, ich gehe mit James Bay auf Tour und niemand darf es wissen». Es war heftig, dies so lange geheim halten zu müssen. 

Hast du es wirklich niemandem erzählt?

Ich habe es einzelnen Personen erzählt, aber wirklich nur denjenigen, denen ich vertrauen konnte. Irgendwie war es aber allen ziemlich gleichgültig. Natürlich haben sie sich für mich gefreut, aber keiner konnte sich wirklich vorstellen, was mir dies bedeutete. James war damals noch nicht so bekannt und meine Freunde kannten ihn nicht wirklich. Als dann aber die Tour näher rückte, sah das Ganze wieder anders aus.

 

Gibt es andere Musiker, die einen Einfluss auf deine Musik haben?

Ja, einige. Tori Kelly zum Beispiel ist eine davon und das sage ich nicht nur, weil ich mit ihr auf Tour bin. Sie ist wirklich eine grossartige Musikerin. Es ist nicht nur ihre Musik die mich fasziniert sondern auch ihre Art. Dasselbe gilt auch für James Bay. Beide sind sehr menschlich und am Boden geblieben. Es geht ihnen zu hundert Prozent um die Musik, nicht ums Berühmtsein. Dann gibt es noch einen Gospel-Sänger Israel Houghton. Er ist auch gläubig und ich bin wahrscheinlich sein grösster Fan. Da sind noch so viele mehr, da werde ich mit dem Aufzählen nicht mehr fertig (lacht).

 

 

Meine Band und ich beten jeweils und versuchen, einander anzutreiben.

 

 

Der Glaube hat wirklich einen grossen Stellenwert für dich.

Ja, ich habe beide Seiten vom Leben gesehen, denn da ist einiges, was ich erlebt habe. Wähle ich nun die eine Seite, die mich glücklich macht oder wähle ich die andere, welche mich nach unten zieht und mir mehr Stress ins Leben und in das Leben meiner Familie bringt? Ich habe versucht die richtige Wahl zu treffen.

 

Wir haben gelesen, dass sich deine Band aus Freunden aus deiner Kindheit zusammensetzt. Stimmt das?

Ja, mit der Mehrheit von ihnen bin ich aufgewachsen. Viele von uns spielten zusammen in der Kirche. Einen von ihnen kenne ich aus der Universität und einer ist jemand, den ich nebenbei kennengelernt habe. So ist da diese gewaltige Band entstanden und sie sind für mich wie eine kleine Familie. Viele, die uns zusammen sehen, denken wahrscheinlich, dass wir totale Idioten sind (lacht).  

Ich denke, dass kann man auch hören, wenn du eine gewisse Verbindung mit der Band hast.

Ja, ich glaube, die Leute sehen das. Ich meine, wir machen alles zusammen. Wenn ich keine Pläne habe, bin ich immer mit ihnen unterwegs und das ist cool. Sie sind grossartig. (lacht) Es war einfach für mich, sie auszuwählen und sie «on board» zu holen. Nicht nur, weil sie meine Freunde sind, sondern auch weil ich wusste, dass sie gut spielen können. Das vereinfachte auch die Suche nach geeigneten Bandmitgliedern.

 

Spielst du auch irgendein Instrument?

Ja – ihr bleibt zum Konzert heute Abend oder?

 

Ja, klar.

Cool. Ich werde auf der Bühne ein paar Instrumente spielen. Ich habe mit der Gitarre begonnen, dann Schlagzeug als ich vier Jahre alt war. Ebenfalls Keyboard und ein kleines bisschen Mundharmonika.  

Welches Instrument magst du am liebsten?

Ooooh – Gitarre. Das ist so cool!

 

Und was würdest du wählen, wenn du dich zwischen dem Gitarrespielen und dem Singen entscheiden müsstest?

Oh nein, das ist knifflig! Wahrscheinlich das Singen. Ja, zu singen ist etwas Grossartiges.   

Du kannst dich damit ausdrücken.

Ja, genau, man kann sich ausdrücken. Aber – nein (seufzt). Okay, doch, ich würde das Singen wählen. Du kannst dich auch ausdrücken, wenn du Gitarre spielst, aber ich würde mich für das Singen entscheiden. 

Super. Somit sind wir fertig. Samm, vielen, vielen Dank für deine Zeit.

Danke euch, dass ihr so tolle Interviewer seid.

 

Samm Henshaw - «Autonomy (Slave)»

 

 

  • Mehr Informationen über Samm Henshaw gibt es auf seiner Website

 

Rahel Inauen / So, 10. Apr 2016