Sophie Hunger im Salzhaus

Konzertkritik: Sophie Hunger im Salzhaus
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Pressebild / © Marikel Lahana

Sophie Hunger ist wie eine Marke: Man kennt sie, sie zieht die Menschen in Scharen an und Qualität ist stets garantiert. So auch am Sonntagabend im ausverkauften Winterthurer Salzhaus.


Wo auch immer die 36-jährige Wahlberlinerin auftaucht, fasziniert sie die Menschen. Und das tut sie auf eine ganz schlichte Art und Weise: ungeschminkt, im schwarzen Kleid und mit locker fallendem Haar. Je simpler ihr Äusseres, desto mehr Leidenschaft und Ausdruck ist in ihrer Musik zu spüren. Sie singt mit dem ganzen Gesicht, hauptsächlich mit den Augen. Manchmal harsch und kraftvoll, im nächsten Moment wieder seidig und zart. Das erfordert bestimmt viel Konzentration. Besonders gut zum Ausdruck kommt ihre starke Stimme bei dem Stück «D`Red» oder auch bei «Ne me quitte pas», bei dem sie nur vom Klavier begleitet wird. Sie hat die Gabe bei Solos eine Art Vakuum zu erschaffen, sodass die Zuhörer in ihre Darbietung regelrecht hineingesogen werden.

 

Ihr musikalisches Spektrum ist schwer fassbar: Es reicht von Jazz, über Folk, Hip Hop bis hin zur Elektronik. Vor allem auf dem neuen Album «Molecules», ihrem sechsten Studioalbum, ist die elektronische Musik sehr präsent. Mit Vorliebe singt die gebürtige Bernerin auf Schweizerdeutsch, wobei sie sich auch an den Bünderdialekt traut. Genauso gut klingen ihre oftmals witzigen und skurrilen Texte auch in Englisch, Französisch oder Hochdeutsch. Ihrer Vielfältigkeit und Einzigartigkeit ist es wahrscheinlich auch zu verdanken, dass sie als erste Schweizerin überhaupt zum Glastonbury Festival eingeladen wurde. Nebst diversen musikalischen Auszeichnungen, beispielsweise dem Schweizer Musikpreis (2016) oder dem Preis für Popkultur Deutschland (2019), schreibt sie Filmmusik und früher auch Kolumnen für «Die Zeit».

 

Die Künstlerin zeigt sich am heutigen Abend spontan und witzig: Sie spiele nun ein Lied aus der Zukunft, das auf dem neuen Album zu hören sein wird. Aber es sei nicht gerade ihr Lieblingslied; umso besser, dass der Track die Nummer eins auf der CD sein werde, so könne man sofort zur Nummer zwei hüpfen. Besonders angetan ist das vielfältige Publikum auch, als sie einen Song ohne Mikrofon singt - da schallt promt ein «Du bisch di Best» durch die Halle.

 

Katja Nosswitz / Di, 10. Dez 2019