Philipp Poisel und das Konzert fast ohne Licht

Konzertkritik: Philipp Poisel im Kaufleuten
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Bäckstage / © Sandra Rohrer

«Ihr bleibt aber da, oder? Ihr geht noch nicht?», fragte der deutsche Songwriter Philipp Poisel an diesem Montag Mitte Februar sein Publikum irgendwann im Set. Natürlich wollte niemand gehen, schon gar nicht der Künstler selbst, der schlussendlich über zwei Stunden spielen wird. Aber als Überleitung zum Song «Geh nicht» funktionierte die Frage wunderbar. Poisel war bester Laune und blieb im Kaufleuten gemeinsam mit der vierköpfigen Band keine Wünsche schuldig. 

 

Zur Band gehört Florian Ostertag und der ist seit ein paar Jahren ebenfalls als Solokünstler unterwegs. Er übernahm den Support-Slot. Im Gegensatz zu Poisel sang er in Englisch und begleitete sich am Keyboard beziehungsweise an einer Gitarre selbst. Dazu ein Beat ab nostalgischem Tonband, was als interessante Kombi richtig gut funktionierte. Ostertag, das lies sich gut beobachten, verlor sich völlig in seinen Songs. So bekam er mitten im Gig ein Dessert auf das Keyboard gestellt, registrierte dies aber nicht. Irgendwann bemerkte er die Süssigkeit erstaunt. Er habe ein Video in Bern gedreht, erzählte er und ergänzte, dass da doch eine Rivalität zwischen Bern und Zürich bestehen würde. So ernst war das aber natürlich nicht gemeint und das Publikum verneinte das auch. Vielleicht meinte Ostertag dies eher im Bezug auf den Fussball. Nach etwas 25 Minuten sangen die Leute mit ihm gemeinsam, aber da war sein Gig schon fast vorbei. Leider etwas schnell. 

 

Nach einer kurzen Umbaupause startete Philipp Poisel direkt mit «Halt mich» vom Debüt «Wo fängt dein Himmel an?». Ein gelungener Einstieg in ein gefühlvolles Konzert. Teilweise sang Poisel mit sehr zerbrechlicher Stimme - besonders bei den Balladen - und man dachte hin und wieder beinahe, dass er weint. Aber diese Eigenschaft ist so etwas wie das Markenzeichen des Sängers. Das Publikum verstummte jedes Mal, wenn Poisel zu leisen Tönen ansetzte, was stilvoll und emotional war. 

 

Fotos: Bäckstage / © Sandra Rohrer (sandrarohrerphtography.com

 

Poisel ist offenbar auch die Kommunikation mit dem Publikum wichtig und so erzählte er, dass er zur Schweiz eine besondere Beziehung habe, weil seine Patentante aus der Schweiz stammt. So sei er als Kind öfters hier gewesen und besonders das Essen habe es ihm angetan. Poisel trifft mit der Mischung aus Anekdoten und Musik ins Schwarze. Schon nach drei Songs wird im Kaufleuten kräftig und textsicher mitgesungen. «Habt ihr heute schon getanzt?», wollte er irgendwann wissen. «Falls nicht, macht das jetzt.» Einige liessen sich das nicht zweimal sagen und tanzten zu «Als gäb’s kein Morgen mehr». 

 

Einer der letzten paar Songs im Set war «Freunde», ein recht neuer Song, der erst am 31. August 2018 veröffentlicht wurde. Poisel meinte dazu: «Manchmal braucht man schon ein paar Freunde mit denen man sich so richtig beissen kann. Sich dann aber wieder verträgt.» Ein schöner Gedanke, der zum Song passte. Wenig später schloss er das Konzert mit dem letzten Song und gleichzeitig dem bekanntesten: «Wie soll ein Mensch das ertragen». Auch diesen Song sang das Publikum gekonnt mit. 

 

Das Konzert war sehr toll, auch wenn sich das Licht leider nicht durchgehend gelungen präsentierte, schliesslich will man den Künstler bei der Arbeit sehen. Teils war es so stockfinster im Saal, dass kaum die Hand vor denn Augen erkennbar war, quasi ein Konzert fast ohne Licht. Wahrscheinlich aber mit Absicht. Der Bass dröhnte hin und wieder so laut, dass sogar das Kleidungsstück am Körper vibrierte. Ansonsten zeigten sich Poisel und Band stark und bodenständig. Das Konzert hatte kaum Längen und als nach 2 Stunden die ersten Besucher das Konzert noch vor Ende verliessen, war kaum die Band der Grund, schliesslich war es Montag und ein weiterer Arbeitstag wartete.

 

Nach zwei Stunden war das Konzert schliesslich Geschichte und es war schön zu beobachten, wie viele zufriedene Gesichter nach dem Konzert von Philipp Poisel in die Nacht schwebten. 

 

 

Sandra Rohrer / Do, 14. Feb 2019