Nicht nur der Bart ist imposant: Ben Caplan in Zürich

Konzertkritik: Ben Caplan
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Pressefoto: © Jamie Kronick

Eine Konzertkritik über Ben Caplan wäre keine Konzertkritik über Ben Caplan, wenn nicht mindestens einmal sein üppiger Bart erwähnt werden würde. So scheint es zumindest, wenn man das Internet nach Informationen zu dem eindrücklichen kanadischen Musiker durchstöbert. Und in der Tat ist seine optische Erscheinung ein wahrhaftig imposanter Eindruck. Dieser wird jedoch sofort zur Nebensache, sobald Caplan mit seiner Musik loslegt.

 

Das Konzert im Papiersaal Zürich steht natürlich ganz im Zeichen seines in Kürze erscheinenden Albums «Old Stock» (20. Juni). Wie erwartet spielt er viele neue Songs und macht damit so richtig «gluschtig» auf mehr. Obwohl man Caplans Musikstil nicht wirklich beschreiben oder in irgend einer Form in ein Raster stecken kann, kann man durchaus sagen, dass es eine wilde und oft orchestral aufgebaute Mischung aus Folk, Blues und Klezmer ist. Die melodramatische Note, die er all seinen Songs verleiht, versprüt eine eigentümliche Romantik, die einen abwechslungsweise traurig und hoffnungsvoll stimmt.

 

Band als stabile Plattform 

 

Ben Caplan kann alles: Von schmachtenden Liebesliedern über dröhnende, düstere Hymnen und von traurigen Walzern über beschwingte Folksongs bietet er eine unfassbar breite Palette an Emotionen, die er feinfühlig, vielfältig und intelligent vertont. Sein beeindruckendes Stimmorgan zeigt sich dabei äusserst flexibel und macht jeden noch so kühnen Stil- und Tonartwechsel absolut mühelos mit. So schreit und krächzt er, flüstert und haucht, mal singt er sanft mit einem betörend warmen Timbre, mal spannt er die Stimmbänder zu eindringlichen Beschwörungen bis diese beinahe zu Bersten drohen.

 

Seine Band kommt mit der unbändigen Art von Ben Caplans Wesen und dessen Musik problemlos klar. Sie agieren dabei nicht nur als Statisten, sondern nehmen ihren eigenen Raum ein und bieten Caplan die stabile Plattform, die er für seine extrovertierte Show benötigt. Hervorheben muss man hier vor allem Taryn Kawaja, welche an diversen Instrumenten und vor allem als Backing- und Co-Vocals neben Caplan glänzte. Ihre Stimme harmonierte perfekt mit dieser des schrulligen Sängers und passte sich jederzeit flexibel und mit einer geschmeidigen Leichtigkeit an die verschiedenen Gegebenheiten an.

 

An diesem Abend in Zürich stimmt einfach alles. Und so bleibt einem nur noch übrig, zu sagen: «Schön isch’s gsi». Komm bald wieder, Ben Caplan.

 

Natascha Evers / So, 03. Jun 2018