Ungebremst wie eh und je: Jimmy Eat World

Konzertkritik: Jimmy Eat World
Bildquelle: 
www.jimmyeatworld.com

Wenn man sich als Erwachsener das spezielle Erlebnis gönnt, eine geliebte Jugendband nach vielen Jahren noch einmal live zu sehen, wird man oft enttäuscht. Die Erwartungen sind zu hoch, die Erinnerungen zu romantisch verklärt, der Drang, das damals Erlebte noch einmal zu erleben, einfach zu stark. Kaum eine Band, die so lange Musik macht, vermag es, über Jahrzehnte hinweg eine konstante Qualität zu halten und die Fans stets gleichermassen zu begeistern. Nicht so bei Jimmy Eat World. Frontmann Jim Adkins gelingt es mit seinen Jungs scheinbar mühelos, immer wieder spannende und hochwertige Alben herauszubringen und ihre grosse, treue Fangemeinde immer wieder aus der Reserve zu locken – und so war auch ihr Konzert in der Schüür in Luzern ein phänomenales und schweisstreibendes Highlight der herbstlichen Club-Konzerte.

 

ein eindeutiges Best-of-Set

 

 

Dabei spielt es gar keine Rolle, ob Jimmy Eat World ihre früheren, mitreissenden Stadion-Hits zum mitgröhlen performen, das himmeltraurigste Lied auf der Welt, «Hear you me», mit ihrem Publikum gemeinsam singen, träumerische Balladen ins Mikrofon hauchen oder ihre neuen, elektronischeren Songs zum Besten geben – unter der führenden Hand von Jim Adkins singen, rocken, tanzen, pogen und hüpfen sich Publikum und Band an diesem Abend in einer nostalgischen Blase durchs Konzert, als hätte man gemeinsam noch nie irgend etwas anderes getan. Trotz deutlicher Präsenz des neuen Albums «Integrity Blues» ist die Setlist ausserdem ein Traum für jeden Fan, wenn nicht sogar ein eindeutiges Best-of-Set.

 

sympathischen Übermut

 

 

Jimmy Eat World haben über all die Jahre kein bisschen an ihrer jugendlichen Energie, ihrem sympathischen Übermut und der krachenden Wucht eingebüsst und haben ihrem Ruf als eine der besten Livebands überhaupt wieder einmal alle Ehre gemacht. Obschon ihr vorantreibender, gitarren-lastiger Indie-Rock auf dem neuen Album durch elektronischere Elemente ergänzt wurde, haben sie immer noch die Fähigkeit, Hits und Ohrwürmer am laufenden Band zu produzieren. Der charismatische Frontmann Jim Adkins scheint ausserdem stimmlich in der Form seines Lebens zu sein! Äusserst beeindruckend, was für eine gesangliche Höchstleistung er an diesem Abend vollbringt und mit was für einer Sicherheit er seine Band anführt.

 

Auch wenn man kein Jimmy Eat World Fan der alten Garde ist: Dieses Konzert in der restlos ausverkauften Schüür wird noch lange, lange, lange nachhallen.

 

Natascha Evers / Di, 15. Nov 2016