Ein tiefes Bad im 70ties-Rock

Konzertkritik: Temples im Komplex Klub
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Bäckstage.ch / © Patrick Holenstein

Wie leicht sich Temples mit wirklich eingängigen Melodien tun, zeigt, dass sie in der Setlist zwei B-Seiten spielen, die andere voller Stolz als Single herausbringen würden. Starke Riffs zeichnen nicht nur die B-Seiten aus, sondern auch Songs wie «Shelter» oder «Mesmerise». Besonders letzterer wurde frenetisch gefeiert und die Band zog den Track in ein genüssliches Bad aus rotzigen Gitarren. Ein Genuss. 

 

Da stand im Komplex Klub eine Band auf der Bühne, die reizt. Etwa das singende Gitarrenspiel von Sänger und Leadgitarrist James Edward Baghsaw, der in seiner Optik leicht an Marc Bolan von T.Rex erinnerte. Glitzerndes Hemd und ein Lockenkopf, er könnte nicht besser in die 70er passen. Dazu greifen sämtliche Aspekte der Band, vom rhythmischen Unterstützen der zweiten Gitarre über das immer Takt angebende Schlagzeug bis zum Gesang, ineinander und machen Temples zu einer tollen Liveband, die sich hinter den Vorschusslorbeeren, die sie quer durch den Blätterwald bekommen haben, wahrlich nicht verstecken muss. Denn die Briten haben am Samstag zum gemütlichen Bad im Sound der 70ties geladen und ihr Debütalbum «Sun Structures» vorgestellt.

 

 

Man fühlt sich wohlig von den klar hörbaren Vorbildern wie The Byrds umschmeichelt, ist versucht mit T.Rex zu tänzeln und doch sind Temples nicht einfach eine weitere Band, die in den üppigen 70ern grast. Es sind die zündenden Melodien, die sie auf die Bühne tragen, die ausufernden Instrumentalparts, die weit weg vom 3-Minuten-Popsongs und dafür traumtänzerisch verträumt sind. «Sand Dance» entpuppt sich gar als episches Stück Musik. Baut sich langsam auf, wehrt sich ein wenig gegeb sich seblbst und gibt sich schliesslich der Musik hin und wandelt sich zum heimlichen Höhepunkt des Sets. Heimlich, weil die Hymne «Mesmerise» an diesem Abend doch nicht zu toppen ist. 

 

Dazu kommt ein Detail, das zwar unwichtig ist, aber die Authentizität nochmals unterstützt: die vier Jungs könnten direkt aus der von ihnen geliebten Zeit stammen. Die Frisuren sitzen, die Haare sind lang und die Kleider sind zwar schlicht, haben aber den gewissen Glamfaktor. 

 

Negatives musste man wirklich suchen. Vielleicht würde man in der fehlenden Interaktion mit dem Publikum fündig. Zwar zeigte sich das Publikum streckenweise begeistert und hat Freude an Temples, aber irgendwie spielte die Band dann doch auf ihrer eigenen Ebene und die Zuschauer lauschten entzückt auf einer anderen. Irgendwie aneinander vorbei und doch gemeinsam. Aber wahrscheinlich kann sich der psychedelische Kreis von Temples doch nur so schliessen. Tolle Show des Quartetts aus England, aber etwas weniger Distanz hätte den Temples gut gestanden.

Patrick Holenstein / Mo, 02. Jun 2014