Die britischen Dandys, leise und melancholisch

Konzertkritik: Tindersticks im Kaufleuten
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© Stéphane Kaeser

Der Stil der Tindersticks ist eine Art Kammermusik-Pop mit dem Besten aus Folk, Blues, Post-Punk und Singer-Songwritertum sowie einfühlsamen Streichersätzen und 60er-Jahre-Filmmusik. Stuart Staples und seine Band mussten sich nach diversen Soundtrack-Arbeiten zunächst an den Gedanken gewöhnen, wieder eine herkömmliche Platte aufzunehmen. Nur Musik, keine Bilder – das schien ihnen zu wenig zu sein, zumal im Zeitalter des Streamings, das Design und Artwork frech außen vorlässt. Also entschied sich Staples für einen Zwischenschritt: Zu jedem Song von «The Waiting Room» gibt es einen Kurzfilm. 

 

Bilder: Stéphane Kaeser

 

Mit der tiefen Stimme von Stuart A. Staples und klassischer Instrumentierung hat die Band aus Nottingham, die manchmal im musikalischen Windschatten von Nick Cave und Leonard Cohen segelt, ihre Werke perfektioniert. Mit dem neuen Album «The Waiting Room» wartet nun ein weiteres Stück traumwandlerischer Musik auf jene, die sich im formlosen Gefüge der Briten verlieren möchten. Sie einer Stilrichtung zuzuordnen war seit jeher kaum möglich. Mit viel Feingefühl erschufen die Tindersticks einen ganz eigenen Sound. Unverkennbar und dennoch wandelbar. Geprägt von einer immerwährenden Melancholie, sanft und einnehmend, legen die ersten Takte von «Follow Me» den Wegweiser für ein Album, das Sehnsucht und Schicksal vereint. Dieser vertonte Tagtraum verlässt jedoch gerne den selbst auferlegten Feinsinn. Klingt mal funky («Were We Once Lovers?»), wandelt auf souligen Pfaden («Help Yourself»), ist widerspenstig («We Are Dreamers!»), kehrt aber immer zu dem zurück, was die Tindersticks ausmacht: spröde Schönheit und dieses wärmende Feuer der Seele, das sich ohne viel Zutun auf den Hörer überträgt. Die Tindersticks verstehen es auch in 2016 die Balance zwischen neuen Einflüssen und Altbekanntem zu einem leuchtend schönen Erlebnis wachsen zu lassen.

 

Das Konzert im Kaufleuten war gut besucht, wenn auch nicht ausverkauft. Das Publikum war bunt durchmischt, aber dennoch in dem Alter, dass der vordere Teil des Konzersaals bestuhlt war. Es wurden mehrheitlich Songs vom neuen Album gespielt, ruhig, besinnlich, melancholisch. Wie man jeder, der die Tindersticks kennt, es erwarten durfte. Den Zuschauern hat es fühlbar gefallen. 

 

Die Tindersticks sind noch immer perfekt für einen grauen, kalten Winterabend.

 

 

markusfreiwillis / Mo, 14. Mär 2016