Bei den Stones brennt das Rockfeuer noch immer

Konzertkritik: The Rolling Stones
Bildquelle: 
Universal Music

Manche Dinge ändern sich eben nie und das ist auch gut so, zumindest wenn es um die Rolling Stones geht. Die legendärste Rockband der Geschichte zeigte mit dem für Zürich gewählten Opener «Start Me Up», begleitet von Feuerfontänen ganz in Stones-Manier, dass auch ein Hit aus dem Jahr 1981 nach 33 Jahren noch bestens funktioniert und das Rockfeuer nach über 50 Jahren noch immer in ihnen brennt.

 

Vom ersten Moment an machte Mick Jagger die Bühne zu seinem Laufsteg. Er rannte von links nach rechts und wieder zurück, legte ein Tänzchen aufs Parkett und tigerte dann mit geschwellter Brust den Laufsteg Richtung Publikum entlang wie ein stolzer Löwe. Würde Mick Jagger auf der Letzigrund-Bühne fürs Laufen statt fürs Singen bezahlt, selbst dann hätte er sich gestern Abend wohl eine goldene Nase verdient.

 

Die Zunge ist überall 

 

Es gibt Bilder, die brennen sich für immer ins Gedächtnis ein, so wie die rausgestreckte Zunge von Miley Cyrus, die in den vergangenen Monaten für ganz schön viel Furore gesorgt hat. Zugegeben, die Diskussion über die rausgestreckte Zunge ist so ausgelutscht wie eine Rolle Drops und der Wunsch, gewisse Bilder wieder aus dem Kopf radieren zu können, ist von Zeit zu Zeit allzu willkommen. Tausende, knallrote, rausgestreckte Zungen – auf T-Shirts, Pullis, Jacken, Taschen, einfach überall - und niemand denkt dabei an Miley Cyrus? Auch das schaffen dann wohl nur die Stones. Chapeau!

 

Den Songtext vergessen oder einen Songeinstieg verpatzen ist für eine Band bei einem Live-Auftritt nicht gerade löblich, vor allem nicht wenn es sich dabei um die Rolling Stones handelt. Nach über 50 Jahren im Showbusiness erwartet man soviel Professionalität, dass so etwas nicht passiert. Aber es ist passiert. Keith Richards strauchelte bei «Can’t Be Seen“ immer wieder mal, schaffte es aber mit Hilfe eines Prompters sich wieder zu fangen. Nichtsdestotrotz, übelnehmen konnte man es ihm nicht, denn Singen war noch nie seine Stärke – und überhaupt: der schelmisch dreinblickende Gitarrist mit seinen farbenfrohen Outfits steht ihm sowieso besser.

 

Mick Taylor mit auf der Bühne 

 

Als danach Mick Taylor für «Midnight Rambler» mit seiner Gitarre auf die Bühne kam, dürfte es für einige Stones-Fans die Überraschung des Abends gewesen sein. Tragisch nur, dass Zigtausende nicht bemerkten, dass es sich dabei um den ehemaligen Stones-Gitarristen und nicht etwa um irgendeinen Gastmusiker gehandelt hatte. Zugegeben, das ging auch etwas auf die Kappe von Mick Jagger, der nach dem Song nur kurz seinen Namen fallen liess. Somit wurde der Auftritt von Mick Taylor mit seinem grandiosen Solospiel nicht annähernd so gewürdigt, wie er es verdient hätte.

 

Das anschliessende «Miss You» dürfte für Mick Jagger seit dem Tod seiner Freundin Anfang diesen Jahres nochmals eine ganz andere Bedeutung bekommen haben, zumindest liess einem das Gefühl, dass das Lied L’Wren Scott gewidmet war, bis zum letzten Takt nicht los. Doch viel Zeit zum Spekulieren blieb nicht. Mit «Gimme Shelter», «Jumpin’ Jack Flash» und «Sympathy For The Devil» reihte sich ein Stones-Klassiker an den nächsten und machte die zweite Hälfte des Konzerts zu einem Best Of.

 

Zu den Evergreens gehörte natürlich auch «Brown Sugar», auch wenn der Song nicht ganz so reibungslos ablief, wie man es sich gewünscht hätte. Den Songeinstieg haben die Herren nämlich, um nicht um den heissen Brei herumzureden, gehörig versaut. Dem Publikum war es egal, denn das feierte ihre Helden lautstark. Die Stones dankten es Zürich mit einer doppelten Zugabe.

 

Satisfaction. Spätesten bei der Zugabe. 

 

Und so kam, was kommen musste. «You Can’t Always Get What You Want» – gemeinsam mit dem Chor der Zürcher Sing-Akademie – und der Song, der gefühlt seit fast 50 Jahren auf jede Stones-Setlist gehört: «(I Can’t Get No) Satisfaction». Ein letztes Mal verwandelte sich das Letzigrund in einen Hexenkessel und noch Minuten später, als der Fan-Tross aus dem Stadion Richung Bahnhof strömte, wurde der Mega-Hit lautstark auf Zürichs Strassen gesungen.

 

Die Rolling Stones haben sich mit ihrer Musik längst unsterblich gemacht, doch mit ihrem Auftritt in der Limmatstadt dürften sie für viele noch eins draufgesetzt haben, denn wer kann schon von sich behaupten, dass er gemeinsam mit den Stones den Geburtstag von Gitarrist Ron Wood gefeiert hat.

Dominique Rais / Mo, 02. Jun 2014