Von Staub, Folk und wunderschöner Leichtigkeit

Festivalbericht: Zürich Openair 2016
Bildquelle: 
Bäckstage / © Patrick Holenstein

Den Lichterketten entlang zum Festival wirbeln die Schritte der Besucher Staub auf und der Hitze wird mit jeder Menge eisgekühltem Bier entgegengewirkt. Das Zürich Openair begann am Mittwoch mit strahlender Sonne und für alle Fans alternativer Indie-Musik verheissungsvoll. Denn mit Acts wie The Neighbourhood, The Last Shadow Puppets, Foals und Chvrches war das Indie-Rock-Buffet reich gedeckt. Der Auftritt von The Last Shadow Puppets mit Miles Kane und Alex Turner liess jedoch zu wünschen übrig. Trotz 7-köpfiger Orchester-Begleitung auf der Bühne, wirkte besonders Arctic-Monkeys-Star Turner relativ demotiviert, was sich nur gegen Ende des Konzerts leicht verbesserte; schade. Slow Magic hingegen, der DJ mit der leuchtenden Wolfmaske, versprühte im Dance Circus unbeirrt seine Magie. Die Musik, Schlagzeugbeats zu träumerisch elektronischen Klängen, hallte zuerst durch ein fast leeres Zelt, zog aber immer mehr Leute an, die sich von seinem dichten, atmosphärischen Klangteppich zum Tanzen hinreissen liessen. 

 

Kein Gedränge 

 

Die Antwoord, die Headliner aus Kapstadt, bestehen aus Sängerin Yolandi Visser und Rapper Ninja und tanzten musikalisch aus der Reihe, vermochten die Menge aber mit ihrem Mix aus Trance, Elektro und trashigem Hip-Hop für sich einzunehmen. Wie man es ihnen aufgrund ihres Looks vielleicht nicht zutrauen würde, legten sie eine perfekt choreographierte Show hin, zu der im Hintergrund bizarre Figuren und Bilder projiziert wurden. Den harten Kern an Leuten, der sich direkt vor der Bühne gebildet hatte, schien diese eigensinnige Show zu begeistern. Was auffiel: trotz tollem Line-up am Mittwoch und Bombenwetter, fanden nur wenige Besucher ans Festival, die Zelte blieben immer nur mässig gefüllt und auch bei den Headlinern war es ein Leichtes, fast bis ganz zur Bühne vorzudringen, da sich die Zuschauer nie wirklich dicht drängten, wie man es sich von anderen Konzerten gewöhnt ist.  

 

Fotos: © Patrick Holenstein

 

Am Donnerstag ging es dann weiter mit einem gelungenen Konzert von Amy Macdonald, die mit frisch daherkommendem Folk gute Stimmung auf der Main Stage verbreitete. In der Tent Stage folgte darauf die lang ersehnte Show von Jack Garratt, jenem Briten mit einer unglaublichen Stimmwucht, Schlagzeugtalent und grossartiger Popmusik, die er ganz nach seinem Geschmack interpretiert. Nach seinem letztem Trommelwirbel folgten auf der Main Stage The Chemical Brothers und mit ihnen jede Menge wummernde Bässe. Das ZOA, deutlich voller am Donnerstag, war angenehm gut besucht, dennoch konnte man sich mit seinen Tanzbewegungen freien Lauf lassen und den Künstlern meistens aus nächster Nähe zuhören. Die Besucheranzahl stieg von Tag zu Tag, am Freitag strömten noch mehr Besucher bei inzwischen tropischen Temperaturen auf das Rümlanger Festival-Areal, um Miike Snow und Co. zu hören und etwas Festival-Luft zu schnuppern. Der Hype um Miike Snow war leider jedoch grösser als die Performance, nicht einmal beim Hit «Animals» vermochte die schwedische Band Stimmung wirklich aufkommen zu lassen. Vielleicht war es aber auch einfach beiden Partien zu heiss. Nach Miike Snow folgte der Auftritt von Bassbüro im Dance Tent, das Publikum, auch hier eher verhalten, nur in den vordersten Rängen kam so wirklich Bewegung in die Leute. Ein schönes Konzert war der Gig des 22-jährigen Briten Jake Bugg, der, für manche eher überraschend, mit seiner ungezwungenen Hingabe zu seiner Musik, einem Mix aus britischem Pop und amerikanischem Folkrock, zu überzeugen wusste.

 

Nun, gäbe es für Festivals einen Schärfegrad, dann wäre das Zürich Openair eher mild. Ist man sich von anderen Festivals Dinge wie eng gedrängte Zuschauerränge, lange Schlangen, lautstark johlende Fans und jede Menge Abfall gewohnt, verhält sich das Zürich Openair in dieser Hinsicht wie ein Musterschüler, was äußerst angenehm war. Das Festival überzeugt organisatorisch auf ganzer Linie, bei der Auswahl an Food und Getränkeständen konnte man sich durch die Küchen der Welt probieren, das Cashless-System bewährte sich nach anfänglichen Schwierigkeiten auch und man bekam allerlei Dinge geschenkt, darunter ein Festivalbag mit Gummi-Twist, «Zeltli», Regenmantel etc., was den Leuten ein Lächeln auf die Gesichter zauberte. Leider war das Line-up etwas zu alternativ ausgerichtet, dass sogar die Zürcher Hipster bei manchen Acts fragend die Stirn runzelten. So verzeichnete das Openair dieses Jahr nur knapp 50‘000 Besucher, fast 10’000 weniger als letztes Jahr. Trotzdem war es ein schönes, interessantes Openair, bei dem man zwischen praller Sonne und Sternenhimmel viele neue Künstlern entdecken konnte, wie zum Beispiel am letzten Tag die Strumbellas, die kanadische Folkrock-Gruppe, die am Samstag mit wunderschöner Leichtigkeit Folk vom Feinsten zeigte. Auf ein nächstes Mal! 

 

Manuela Troxler / Mo, 29. Aug 2016