Wieso es nicht leicht ist, ein Killer zu sein

Movie-Kritik: Gemini Man
Bildquelle: 
© 2019 Paramount Pictures

Henry Brogan ist ein Auftragskiller, der nicht mehr töten will. Dies ist nicht weiter überraschend, bedenkt man, dass es Will Smith ist, der diese Rolle spielt.

 

Die Geschichte beginnt in Belgien mit Brogan (Will Smith) der bäuchlings im Gras auf einem Hügel liegt und im Visier des Scharfschützengewehrs das Ziel seiner 72. Mission beobachtet. Der Agent trifft sein Objekt, welches im TGV mit Hochgeschwindigkeit an ihm vorbeizieht, mit einem einzigen Schuss. Es steht ausser Frage, dass Brogan der Beste seiner Art ist. Seine einzige Schwäche, nebst einer Bienengiftallergie und der Angst vor dem Ertrinken, ist sein Gewissen. Obwohl er nach diesem Auftrag in den Ruhestand treten möchte, sieht er sich plötzlich selber in Gefahr, als er in den farbigen, verwinkelten Strassen Cartagenas (Kolumbien) von einem viel jüngeren Agenten verfolgt wird, der ihm überraschend ähnlichsieht. Als die Beiden in Budapests Untergrundsystem erneut aufeinandertreffen, weiss Brogan dank Danny (Mary Elizabeth Winstead), welche in seine Flucht mit hineingezogen wurde, bereits mehr über die Herkunft seines «Zwillings».

 

Der Plot ist simpel, der Held der Geschichte sieht sich gezwungen, sich zu reflektieren und gelangt an einen Punkt, an dem es eine Entscheidung zu treffen gilt: An der Vergangenheit festzuhalten oder über sich herauszuwachsen, um für das Gute zu kämpfen. Verantwortlich für das Drehbuch waren die grossen Schreiber von Hollywood wie David Benioff («Game of Thrones»), Jonathan Hensleigh («A Star is born») und Billy Ray («Captain Phillips»). Doch der eigentliche Star des Films, neben Will Smith, ist Smiths jüngeres Ich Junior, der durch Peter Jacksons («Herr der Ringe») Visual-Effects-Schmiede Weta Digital zum Leben erweckt wurde und dies erschreckend gut. Sogar die Frisur des Juniors erinnert stark an einen Will der Neunzigerjahre.

 

«Gemini Man» von Regisseur ANG LEE («Tiger & Dragon», «Brokeback Mountain», «Life of Pi») und Produzent Jerry Bruckheimer («Piraten der Karibik») hat grosses zu leisten, bedenkt man, welche Namen bei der Entstehung des Filmes involviert waren. Diesen Erwartungen kann er auf visueller Ebene absolut gerecht werden. Die CGI-Effekte sind atemberaubend und die Kamera von Dion Beebe («Die Geisha») ist ein Genuss. Beebe zieht das Spiegelmotiv sehr clever in mehreren spektakulären Aktion-Szenen durch den ganzen Film hindurch. Die Reflextion der Figuren, welche in der Story passieren, sind hingegen leider eher etwas flach, trotz 3D.

 

Der doppelte Will. Das funktioniert auf der visuellen Ebene brillant. Dafür bleiben die Figuren etwas flach. 

 

  • Gemini Man (UK, 2018)
  • Regie: Ang Lee
  • Besetzung: Mary Elizabeth Winstead, Will Smith, Clive Owen, Benedict Wong, Douglas Hodge, Ralph Brown, Linda Emond, Theodora Miranne, Kenny Sheard, 
  • Laufzeit: ca. 117 Minuten
  • Kinostart: 3. Oktober 2019

 

 

Charlotte Foxall / Do, 03. Okt 2019