Itchy Poopzkid: Die Einreise war mal wieder der Horror.

Interview mit Itchy Poopzkid
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Promobild / © Itchy Poopzkid

Itchy Poopzkid sind Sebastian Hafner, der Sibbi genannt wird und für Gitarre und Vocals zuständig ist, Daniel Friedl, der den Spitznamen Panzer trägt und den Bass bedient, sowie Max Zimmer, der nicht im Besitz eins Nickams ist, dafür aber auf die Drums einprügelt. Die deutsche Punk-Band ist regelmässig in der Schweiz und wir konnten sie vor einem Konzert in der Luzerner Schüür befragen. Dabei haben sie von Problemen mit dem Zoll erzählt, verraten, wieso Helge Schneider das Top-T-Shirt-Motiv ist, und die eine oder andere amüsante Anekdote erzählt.

 

Ihr habt auf eurer Facebook-Seite geschrieben, dass ihr immer wieder Probleme mit dem Schweizer Zoll habt. Schön, dass ihr es doch noch über die Grenze geschafft habt.

Sibbi: Die Einreise war mal wieder der Horror. Die Zöllner meinen immer, dass sie ihre schlechte Laune an uns auslassen können. 

Max: Sibbi macht das immer alleine am Zoll, damit die sich nicht eingeschüchtert fühlen von uns. Du darfst mich gerne berichtigen, da ich im Zollhäuschen nicht dabei war, aber was ich dieses Mal nicht verstanden habe: wir kommen in die Schweiz, wollen unsere Merchandise-Sachen anmelden, Steuern bezahlen, um hier unsere Konzerte zu spielen und die machen es uns einfach so schwer. Warum?

 

Sibbi: Ich habe 1 ½ Stunden gebraucht, wurde vom einen Ort zum anderen geschickt und wieder zu-rück, wurde nur schikaniert, um am Ende ein paar Hundert Euro abzudrücken. Die sollten doch froh sein, sind wir so ehrlich und melden unsere Merchandise-Sachen an. Vorhin wurden wir noch gefragt, an wen wir den «F*** you, you f*** F****!»- Award vergeben würden (Award des Rckstr-Magazins, der jährlich an den nervigsten Schweizer verliehen wird. Anm. der. Red.) und die Antwort ist: an den Schweizer Zoll für ihr Lebenswerk! Das sagt eigentlich auch schon alles. 

Panzer (lachend): Puuh, das war jetzt aber ein ganz schön harter Einstieg ins Interview. Jetzt müssen wir die Stimmung wieder heben.  

Schön, dass Ihr die Schweiz gleich drei Mal beglückt, was reizt euch so an der Schweiz?

Panzer: Wir haben ja jetzt schon 20 Konzerte in Deutschland gegeben und brauchten jetzt dringendst einen Tapetenwechsel. 

Sibbi: Wir finden das Land wirklich sehr schön, WIRKLICH! Ich bin heute schon 2 ½ Stunden durch Luzern gelaufen und die Stadt ist so genial schön, wirklich Hammer. Warum drei Konzerte in der Schweiz? Weil wir ja immer über die Grenze müssen, dachten wir, es wäre blöd, sich jeweils für ein Konzert solch einer Tortur zu unterziehen. Deswegen spielen wir gleich drei.

 

Itchy Poopzkid, wie kommt man auf solch einen speziellen Namen?

Panzer: Ich versuch tatsächlich immer zu vermeiden, den zu übersetzen, um mir nicht jeden Tag bewusst zu sein, wie schlimm der Name tatsächlich ist. 

Sibbi: Es war ja eigentlich ein komplett sinnfreier Name, für den es Gott sei Dank keine offizielle Überset-zung gibt. Wir dachten kurzfristig und kurzfristig heißt in diesem Fall 20 Minuten, dass das ein toller Name ist. Danach nicht mehr, aber da waren die ersten Plakate schon gedruckt. 

Daniel alias Panzer, es wundert mich sehr, wie kommt man zu solch einem Spitznamen, weil ganz ehr-lich, wie ein Panzer siehst du nicht gerade aus?

Panzer: Doch, ich hab meinen Namen tatsächlich wegen meines Körperbaus erhalten. Nein, im Ernst, das ist so ein Name, welchen du in der Schule verliehen und niemals weg bekommst. Aber meine Eltern sagen beide meinen bürgerlichen Namen. Das fände ich dann doch sehr verwirrend, wenn es unter dem Weihnachtsbaum heissen würde: «Panzer du darfst jetzt dein Geschenk abholen.» 

Wir brauchen noch für Max einen Spitznamen.

Sibbi: Was hast den Du mit diesen Namen? Namen sind doch nur Schall und Rauch.

 

Panzer: Hast Du einen Spitznamen?

 

Ja, aber den sag ich nicht.

Panzer und Sibbi im Chor: Aha, aber über unsere sprechen wollen! (Gelächter)

 

 

Max: Im Dezember gehen wir definitiv mal alle in den Urlaub, weil wir uns das auch ein bisschen verdient haben. Dieses Jahr war doch sehr anstrengend.

 

 

Ihr seid ja nun schon seit ein paar Wochen auf Tour und kommt langsam dem Ende entgegen. Was war bisher eure schönste Tour-Anekdote?

Max: Als wir in München im ausverkauften «Backstage» gespielt haben, dass war eine sehr coole Show.  Wir hatten als Support «Atlas Losing Grip» aus Schweden dabei, ganz nette Jungs. Ein Gitarrist von de-nen trinkt sehr gerne Alkohol und schon als wir von der Bühne runtergingen, konnte der nicht mehr ste-hen und laufen. Wir waren natürlich frisch von der Bühne, hatten noch Bock zu feiern und sind noch in die Stadt rein. Da habe ich mich schon gewundert, dass der noch mit ist, selber laufend. Dann hat der noch vier Stunden mit uns gesoffen und ich weiß nicht wie, aber er hat es irgendwie überlebt. Danach waren wir noch in so einem Hiphop-Schuppen, haben dort die Menge geteilt, um Breakdance zu tanzen, was natürlich von uns keiner kann, aber wir haben es trotzdem gemacht.

 

Sibbi: Timo (Roadie der Band, Anm. der Red.) hat die Welle gemacht und sich das Kinn angehauen. (Gelächter)

 

Max: Das ist jetzt keine Knaller-Geschichte, aber es war auf jedenfall eine sehr schöne Nacht.

 

Was macht ihr eigentlich, wenn ihr nicht mehr auf Tour seid, außer Texte und Songs schreiben?

Max: Im Dezember gehen wir definitiv mal alle in den Urlaub, weil wir uns das auch ein bisschen verdient haben. Dieses Jahr war doch sehr anstrengend.

 

Sibbi: Doch, wir können wirklich sagen, wir haben uns das verdient. 

Ihr wart ja unter anderem mehrmals Vorband von den Donots. Was war für Euch das Highlight mit den Donots?

Sibbi: Highlight? Es ist immer ganz lustig mit den Jungs. Sie haben heute gerade ein Tourvideo hochgeladen, wo sie über meine Frisur reden. 

Panzer: Lästern trifft es eher.

 

Max: Ja.

 

Sibbi: Echt? Ich habe Alex (Gitarrist von Donots, Anm. der. Red.) vorhin Bilder aus Luzern geschickt und gestern habe ich mit ihm diskutiert, wie männlich es doch ist, dass ich gestern meinen Garten umge-graben habe. Über so was tauschen wir uns aus, tagtäglich. Und der Ingo (Sänger von Donots, Anm. der Red.) hat mir vorhin ein Video von einer Katzenfalle geschickt. Ganz lustig, da muss man einen Kar-ton oberhalb der Treppe hinstellen und mit einem Laserpointer drauf zielen, dann springt die Katze rein und fährt wie in einem Schlitten die Treppe runter. (Gelächter) Also wie du siehst haben wir relativ oft und wichtigen Kontakt. 

Jemand hat mir gesagt, ich solle Euch mal auf Culcha Candela ansprechen. Könnt ihr mir verraten, was es mit der Choreographie von denen auf sich hat?

Sibbi: Wir haben schon einige Male notgedrungen auf Festivals mit Culcha Candela gespielt. So konn-ten wir immer beobachten, wie sie kurz vor ihrer Show im Backstage.Bereich ihre Choreographien üben.

 

Panzer: Mit dem Tanzlehrer, ohne Witz. Super!

 

Sibbi: Und ja, die Mucke ist nicht so unseres… Jedenfalls, haben sie wiedermal vor uns gespielt und ich bin dann auf die Bühne rauf, so quasi als sechstes Bandmitglied…  

Max: …und da muss man noch sagen, du wolltest ja ein Zugeständnis machen. Du wolltest ja teilhaben an dem Rumgetanze.

 

Panzer: Ja, ja und 20‘000 Leute dachten sich, «wer zum Teufel ist der Typ?» 

Sibbi: Während ich am Rumhampeln bin, sehe ich im Augenwinkel auf der anderen Bühnenseite, wie die Tourmanagerin von Culcha Candela auf mich aufmerksam wird, hinter der Bühne auf mich zu rennt und ich natürlich auf und davon. Die ist mir dann mit ganz schlimmen Ausdrücken, ganz laut schreiend hinterher gerannt und wollte mich sogar schlagen. Wirklich. Und ich bin im Vollsprint durch die Kata-komben gerannt und sie hinter mir her. 

Panzer: Aber, sie hat dich nicht erwischt.

 

Welche Band hat euch persönlich am meisten inspiriert und den Wunsch geweckt euer Leben der Musik zu widmen?

Max: Da kann ich dir direkt eine Antwort geben, wie es aussieht müssen die anderen zwei noch ein biss-chen überlegen. Bei mir war es ganz klar Nirvana, also Nirvana hat mich zur Rockmusik gebracht. Das war so das Erste, was ich so richtig verstanden habe. Also Dave Grohl ist einfach … also was aus dem noch geworden ist, nachdem er schon der größte Rockstar der Welt war, ist natürlich schon sehr span-nend. Bei Nirvana habe ich den Zugang gefunden, das war «einfache Musik».  

Panzer: Ich nenne die Ramones. Ich habe mir ja Gitarrespielen selber beigebracht …

 

Sibbi: Hört man gar nicht!

 

Panzer: … und konnte am Anfang nur ein paar Akkorde. Dann habe ich mir die Ramones angehört und dachte, «dass ist abgefahren, die haben so viele Alben rausgebracht, mit nur drei Akkorden. Wenn die das können, kann ich das schon lange», und dann habe ich angefangen selber Lieder zu schreiben. Das war für mich die Legitimation, selber in einer Band spielen zu können oder vor Augen zu haben, ich könnte ja selber eine Band gründen, auch mit wenig Fähigkeiten. Das fand ich total großartig. 

Sibbi: Bei mir war’s Metallica …

 

Panzer: Sibbi war so ein riesiger Metallica-Fan.

 

Sibbi: … fast schon fanatisch. Mir ist kürzlich aufgefallen, dass ich ein sehr … wie soll ich das sagen … gu-tes Verhältnis zwischen Anzahl Konzerten und gefangenen Gegenständen von der Band habe. Das ist bei mir wirklich krass gut. Ich habe nämlich ein Drummstick von Lars Ulrich, zwei Schweissbänder von James Hetfield und ein Plektrum von Kirk Hammet.

 

Panzer: Der kam in die Schule, hat uns das erzählt und wir konnten es nicht fassen.

 

 

Panzer: Er hat mir auch mal zum Geburtstag ein Shirt geschenkt, da war so eine Bretzel drauf und da stand: «Oktoberfest 1996»!

 

 

Wenn ihr wählen könntet, mit welchem Künstler würdet ihr gerne einmal zusammen auf der Bühne stehen?

Sibbi: Helge Schneider!

 

Max: Er muss Support und Headliner spielen. Das ist einfach die Granate der Welt. 

Sibbi: Ich habe Panzer mal zum Geburtstag ein Konzertshirt von Helge Schneider geschenkt. Der Kopf von Helge Schneider, ich meine da gibt es kein besseres Motiv, meiner Meinung nach … und er hat es nicht einmal getragen. 

Panzer: Ich hab das noch …

 

Sibbi: Denk ich mir, aber du trägst es nicht!

 

Panzer: Er hat mir auch mal zum Geburtstag ein Shirt geschenkt, da war so eine Bretzel drauf und da stand: «Oktoberfest 1996»!

 

Sibbi: Ja, weil er Vegetarier ist und ich habe ihm extra etwas Vegetarisches geschenkt.

 

Habt ihr manchmal den Wunsch, etwas komplett anderes zu machen?

Max: Jetzt im Moment, ja. Rauchen, essen, duschen.  

Sibbi: Wie war die Frage nochmals?

 

Max: Ah so, ja, Fussballprofi. Das fände ich super.

 

Panzer: Ich auch. Ich bin jetzt 33 das heißt ich habe noch …

 

Sibbi: Fünf gute Jahre.

 

Panzer: Naja, als Feldspieler vielleicht 3 Jahre. Also, 3 Jahre Fussballprofi und dann wieder zurück zur Band. 

Max: Sibbi darf wegen dem Kiefer nicht spielen.

 

Sibbi: Ich habe mir schon dreimal beim Kicken den Kiefer ausgerenkt.

 

Panzer: War das einmal, weil du dir selber den Ball ins Gesicht geschossen hast?

 

Sibbi: Neee, zweimal war ich es selber. 

Wenn ihr nochmals zurück in die Vergangenheit reisen könntet, was würdet ihr anders machen?

Sibbi: Ich würde heute sieben Stunden zurück und wenn der Zollbeamte fragt, ob ich was anzumelden habe, dann sage ich einfach «nein»!

 

Max: Hmmm, egal wie falsch die Entscheidung immer ist, wir haben eigentlich immer Spaß. Deswegen würde ich irgendwie nichts ändern. 

Panzer: Ich finde auch, das ist total feige, zurück zu Reisen und irgendetwas zu ändern.

 

Sibbi: Gut, wir sind gerade auf Tour und haben schon über 100 Shows gespielt, soviel können wir nicht falsch gemacht haben.  

Panzer: Ah doch! Mir fällt etwas ein und zwar haben wir …

 

Sibbi: Jetzt war sie doch schon fast bei der letzten Frage!

 

Panzer: Ja, aber das ist wichtig. Und zwar sind wir nach Hamburg gefahren mit unserem Bus und dann habe ich nachts, als ich schon relativ betrunken war, unserem Backliner, dem Bobes gesagt: «Mach mir doch noch einen Rum Cola Mix.» Was er auch gemacht hat und dann habe ich nachts ins Klo vom Bus reingespuckt. Das musste ich am nächsten Tag sauber machen und jetzt wünsch ich mich zurück. Wäre ich doch einfach nur ins Bett gegangen, dann hätte ich am nächsten Tag nicht das Klo putzen müssen, weil das war jetzt nicht so der Hit.

 

Ihr habt schon alle eure 30er-Grenze geknackt. Wo seht ihr Euch in 10 Jahren?

Sibbi: Wir waren ja schon einmal vor 9 Jahren in diesem Club hier und wenn wir dann in 9 bzw. 10 Jahren wieder hier sind …

 

Max: Mit unseren neuen erfolgreichen Bands.

 

Sibbi: … dann haben wir es immer noch nicht in die großen Stadien geschafft. Aber immerhin wären wir dann wieder hier. 

Ihr tretet eine Woche nach den Anschlägen von Paris hier in Luzern auf. Habt ihr mulmiges Gefühl auf der Bühne zu stehen? Habt ihr euch überlegt die Tour abzusagen?

Max: Du kriegst ausnahmsweise auch mal eine ernste Antwort. Es war so, dass wir an dem Tag in Wien selber ein Konzert gespielt haben, also eigentlich exakt zur gleichen Zeit. Wir wussten natürlich, dass da ein Länderspiel ist, weil wir große Fussballfans sind. Dann sind wir nichtsahnend von der Bühne runter, euphorisiert, erst einmal runterschwitzen und irgendwann hat einer den, in Anführungsstrichen, Fehler gemacht aufs Handy zu gucken, wie denn das Resultat beim Fussball aussieht. Ich weiss noch, da wur-de «nur» von 15 Toten gesprochen und da war man schon völlig am Boden. Dann kamen natürlich minütlich neue Meldungen. Das hat uns alle getroffen. Die Gedanken und auch die Gespräche waren an diesem Abend und am nächsten Tag nur in Paris. Ich habe mich dann mit unserer Busfahrerin unter-halten und sie hat von einem anderen Crewmitglied ein Bild von dem Bus bekommen, der vor dem Bataclan stand. Wo halt die Scheiben eingeknallt waren, entweder durch Schüsse oder durch die Druckwelle, das wissen wir nicht. Und da merkt man dann, wie nah man dran ist und ja klar, das trifft uns schon. Aber ins unserem Fall, haben wir nicht wirklich darüber nach gedacht die Tour abzusagen, weil wir persönlich für uns, in unserer kleinen Konzertwelt, nicht das Gefühl haben, die Sicherheit von jemandem auf’s Spiel zu setzen, dadurch, das wir spielen. 

Sibbi: Man muss sich sicher Gedanken machen über die Sicherheit, aber auf der anderen Seite ist es schon auch wichtig, dass man da ein Zeichen setzt und sich nicht einschüchtern lässt. Das man sich halt das freie Leben nicht durch so etwas verbieten lässt. Sonst hätten ja die gewonnen und das wäre dann auch ein falscher Schritt. 

Max: Also wenn wir das Gefühl hätten, wir würden jetzt mit unserer Abschlussshow in Stuttgart irgendje-manden gefährden oder so, dann würden wir die 100-prozentig nicht spielen. Aber das ist nicht da, also sagen ich jetzt mal, weiss man ja nie…

 

Sibbi: Ja genau, das weiss man eben nie! Wenn jemand so etwas machen will, dann kann er es ma-chen, dann kann er es heute machen, morgen machen, immer und überall. Man muss wachsam sein, aber man darf sich jetzt dadurch nicht das Leben kaputt machen lassen. 

Max: Absolut und das ist ja genau das was sie wollen, sie wollen unsere freie Gesellschaft angreifen und da muss man einfach so weit wie es nur irgendwie möglich ist, dagegen wirken, indem man dabei bleibt, wie man lebt.

 

Itchy Poopzkid - «Dancing In The Sun»

 

  • Mehr zur Band findet ihr auf der Website von Itchy Poopzkid
  • Wer jetzt Lust auf ein Konzert von Itchy Poopzkid bekommen hat, der kann sich die Band März 2016 in Zürich ansehen. Dann spielen sie im Dynamo. Tickets gibt es HIER
Andrea Haefeli / Mi, 16. Dez 2015