Itchy Poopzkid: «Es ist schon alles nahe am Wasser gebaut»

Interview mt Itchy Poopzkid
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Pressebild / © Finja Nissen

Panzer, Sibbi und Max bilden zusammen die Punkrockband Itchy Poopzkid. Ende Februar spielten sie einen Promo-Gig in einem Plattenladen im Zürcher Niederdorf. Diese Gelegenheit hat Bäckstage genutzt, um mit dem Trio zu sprechen. Die sympathischen Jungs haben von «Sonar Suck» erzählt und verraten, wieso ihnen das Meer am Herzen liegt sowie erklärt warum Charlotte von The Subways auf dem neuen Album singt. 

 

Ihr wart gerade auf einer kleinen Akustiktour. Wie war es?

Panzer: Super war es. Wir waren in fünf verschiedenen Städten in Deutschland unterwegs und haben in Quicksilver-Klamottenstores gespielt, weil wir mit denen zusammenarbeiten. Es gab freien Eintritt und es waren jeweils mehrere hundert Leute da. 

Sibbi: Teilweise sind die Leute bis auf die Strasse hinaus gestanden. Man ist sich bei diesen Gigs ganz nah, weil es keinen Bühnengraben gibt und die Leute quasi direkt in deinem Gesicht stehen. Das war auf alle Fälle eine lustige Sache. 

 

Wie entstand die Idee dazu? 

Panzer: Gute Frage eigentlich. (Überlegt kurz). Wir haben so etwas vor vier oder fünf Jahren schon einmal gemacht. Und jetzt entstand die Idee durch die Arbeit mit den Leuten von Quicksilver erneut, also haben wir es wieder gemacht. 

 

Habt ihr eine besondere Beziehung zum Meer? 

Panzer: Zum Meer? Wir mögen das Meer alle sehr. Von Kindesbeinen an sind wir sehr oft und sehr gerne ans Meer gefahren. Max und ich waren auch schon zusammen tauchen.

 

Da geht es zur Sache und es wird schon mal ein Schiff gerammt.

 

Ein Grund, wieso die Frage auftaucht, ist, dass ihr seit einiger Zeit «Sonar Sucks» unterstützt. Wie hat sich euer Engagement für Meerestiere entwickelt? 

Sibbi: Wir haben vor mittlerweile zwei Jahren zusammen mit einer Delphin- und Walschutzorganisation, die heisst WDCS, die «Sonar-Sucks»-Kampagne gegründet. Das ist eine Kampagne gegen Unterwasserlärm, der von der Militär- und Ölindustrie verursacht wird. Da gab es verschiedenste Aktionen. Wir haben ein grosses Protestkonzert am Brandenburger Tor gespielt und ansonsten waren wir mit dem Thema viel in den Medien und haben Interviews dazu gegeben. Seit dem aktuellen Album unterstützen wir «Sea Shepard», das ist eine internationale Organisation … 

Panzer: Sehr militant unterwegs. 

Sibbi: … auf deren Homepage kann man sich informieren. Das sind halt einfach verrückte Jungs und Mädels, die weltweit mit aufgekauften Schiffen rausfahren und zum Beispiel versuchen, illegalen Walfängern das Handwerk zu legen. Da wird dann schon mal ein Schiff gerammt und es geht schon ordentlich zur Sache. Das ist eine Arbeit, die uns total fasziniert hat. Deswegen unterstützen wir die Organisation und sie werden auch auf unserer Tour dabei sein und jeden Tag einen Infostand aufbauen, um die Leute zu informieren. 

 

Dann schwingt das Meer auf der neuen CD «Ports & Chords» mit. Der Anker auf dem Cover, «The Pirate Song» …

 

Panzer: Ja, das stimmt schon. Wir haben den Song geschrieben und dadurch kam das ganze Artwork zustande. Wir haben versucht, das passend zu machen. So hatten wir die Idee mit dem Anker und dem Notenschlüssel als Albumcover, haben dann in Hamburg das Video zur neuen Single «I Believe» gedreht. Das ist alles schon nahe am Wasser gebaut.

 

 

Besagte Verschmelzung von Notenschlüssel und Anker auf dem Cover der aktuellen CD „Ports & Chords“.

 

Wieso habt ihr «I Believe» als Single gewählt? Es ist ja eigentlich untypisch für eure Musik.

 

Panzer: Das stimmt und es ist auch das erste Mal, dass wir uns getraut haben, einen ganz ruhigen Song als Single auszukoppeln. Wir hatten schon auch Bedenken, ob unsere Fans uns dafür zerreissen, dass wir jetzt so etwas Ruhiges machen. Aber wir mochten den Song einfach sehr und haben uns gedacht: «Jetzt machen wir seit 12 Jahren gemeinsam Musik, da können wir auch mal eine andere Seite von uns zeigen.» Also haben wir das gemacht und es ist total super angekommen. Es gab leider überhaupt gar niemanden, der sich darüber aufgeregt hat. Das war fast ein wenig schade. (Alle lachen).

 

Wie funktioniert bei euch der kreative Prozess, wenn ihr an eine neue CD geht? 

Panzer: Sibbi und ich schreiben, jeder für sich, und dann ist es so, dass meist ein bereits fast fertiger Song mit in den Proberaum gebracht oder per Mail verschickt wird. Dann wird abgecheckt, ob die beiden Anderen etwas mit dem Song anfangen können, was glücklicherweise meistens der Fall ist. Danach treffen wir uns aber und arbeiten zu dritt weiter. Es ist schon so, dass Max als Schlagzeuger viele Dinge, gerade, was die Drums angeht, noch mit einbringt und Arrangements verändert werden. Am Ende ist ein Song immer ein Produkt von uns allen.

 

Wie kam es, dass ihr Gastsängerin Charlotte von The Subways bei «She Said» auf dem Album habt?

 

Sibbi: Wir haben sie auf Festivals kennengelernt und uns gut mit den The Subways verstanden. Dann haben wir den Song «She Said» geschrieben und der hat nach einer weiblichen Stimme verlangt, weil es ein Duett ist. Die Charlotte hat eine sehr markante Stimme, darum dachten wir gleich an sie. Wir haben sie ganz easy angefragt, ob sie Lust hat, auf dem Album zu singen und sie hat gleich «Ja» zurückgeschrieben und gemeint, sie hätte total Bock darauf. Also kam sie ins Studio und hat mitgesungen. Darüber freuen wir uns natürlich.

 

Wenn jemand sagt, wir klingen nach Jazz, dann ist das halt so. 

 

Einige Kritiker werfen euch vor, ihr wärt mit dem neuen Album vom Punk weggekommen. Wie seht ihr das?

 

Sibbi: Das kann schon sein. Ist uns aber ehrlich gesagt egal, wie die Leute unsere Musikrichtung definieren. Es ist halt eine Meinung des Schreibers, der das gesagt hat. Aber wir legen nicht so grossen Wert darauf, ob unsere Musik als Punk oder Pop bezeichnet wird. Wenn jemand sagt, es hört sich nach Jazz an, dann ist es halt so. So lange uns die Musik gefällt und die Fans da draussen Spass daran haben, ist alles cool.

 

Panzer: Es ist wichtig, dass wir uns selbst nicht langweilen und auf dem Album gibt es immer noch viele Punkrocksongs und Songs, die total nach vorne gehen, aber eben auch Sachen, wo wir neue Dinge probieren. Wir haben einen Song mit einem Banjo darauf, der eher in die Folkrichtung geht …

 

Sibbi: Das ist nur ein wenig Punk.

 

Panzer: … oder zwei ganz ruhige Stücke. Aber das sind Sachen, die wir halt auch hören. Es ist nicht mehr so, dass ich nur die Ramones höre, sondern schon auch ein paar andere Bands.

 

Sibbi: Es gerade wie bei der Singleentscheidung von «I Believe». Als Daniel (Daniel Fridl alias Panzer) den Song das erste Mal vorgespielt hat, wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, zu sagen: «Oh, das ist ein ruhiger Song. Passt der überhaupt zu uns?», sondern ich dachte: «Der Song ist geil, der gefällt mir. Denn können wir auch als Single auskoppeln.» 

Itchy Poopzkid fühlen sich nahe am Wasser einfach wohl. (© Finja Nissen)

 

Ihr seid jetzt über eine Dekade als Punkband aktiv. Wie habt ihr die Veränderungen innerhalb der Musikszene erlebt?

 

Panzer: Wenn ich darüber nachdenke, fällt mir als Erstes auf, dass es die meisten Bands, mit denen wir damals angefangen haben Musik zu machen, nicht mehr gibt. Die haben sich fast alle aufgelöst. Es gibt ein paar wenige Beispiele, die noch aktiv sind, die Donots zum Beispiel, aber dann wird es schon wirklich schwierig. 

Sibbi: Das ist schade, denn da waren wirklich wahnsinnig gute Bands dabei. Aber man muss halt wirklich das Durchhaltevermögen haben, denn es ist schon nicht ganz so einfach, als junge Band sich weiterzuentwickeln und sich hochzuarbeiten, weil es tausende von Bands gibt und die Musiklandschaft halt so ist, wie sie ist. In Deutschland ist es oft so, dass, wenn es eine deutsche und eine amerikanische Band gibt, die exakt das Gleiche machen, die Leute immer zuerst auf die amerikanische Show gehen und sie hochjubeln. Darum ist es für englischsprachige Bands, die aus Deutschland kommen, sehr schwierig. 

 

War es für euch irgendwann ein Thema, auf Deutsch zu singen?

(Sibbi und Panzer synchron): Nein. 

Panzer: Das werden wir oft gefragt, weil man wahrscheinlich grössere Erfolgsmöglichkeiten hätte, wenn man auf Deutsch singen würde. Das ist aber trotzdem nichts, was für uns in Frage kommt. Die meiste Musik, die wir hören, ist auch englischsprachig und damit fühlen wir uns am wohlsten. Wir waren mittlerweile schon viel im Ausland unterwegs und haben in über 16 Ländern Konzerte gespielt und da Deutsch zu singen, ist dann schwierig. Versteht ja keiner. 

Sibbi: Wieso? Bei Rammstein funktioniert das doch.

 

Panzer: Stimmt. Einfach zwei Oktaven tiefer singen und das R rollen, dann läuft es auch. Aber es ist keine bewusst Entscheidung, dass wir jetzt Englisch singen müssen, sondern wir singen halt Englisch.

 

Und zum Schluss: Wird man euch bald auch in der Schweiz sehen können? Vielleicht auf Festivals? 

Panzer: Ja, wir kommen im Oktober für ein paar Shows her. Aber jetzt spielen wir erst eine Tour durch Deutschland und Österreich und dann kommen wir im Herbst in die Schweiz. 

Max: Und im Sommer spielen wir auf dem Greenfield-Festival.

 

Panzer: Genau. Wir spielen zum vierten Mal am Greenfield und da freuen wir uns, weil es bisher immer der Knaller war.

 

  • Informationen: Webseite von Itchy Poopzkid 
  • Itchy Poopzkid live: 13. - 15. Juni am Greenfieldfestival. Auftrittstag noch nicht bekannt. 
  • CD „Ports & Chords“ ist im Handel erhältlich.
Patrick Holenstein / So, 03. Mär 2013