Ich bin nicht so ein verjunkter Typ.

Interview mit Revolverheld
Revolverheld
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Revolverheld Facebook

Bäckstage traf Johannes Strate und Niels Grötsch von Revolverheld zum Interview auf der Dachterrasse des Komplex 457. Wir haben mit ihnen über die «Mundpropaganda»-Kampagne, das Heiraten und ihre Vorbildfunktion geredet.

 

Ihr habt vor 4 Jahren zum letzten Mal in Zürich gespielt, damals im Mascotte. Inzwischen wart ihr mal noch für ein Konzert in Basel.

Johannes: Stimmt, wir freuen uns sehr, wieder mal in der Schweiz zu spielen. Als deutsche Band kommt man ja in der Welt nicht allzu weit rum. Das war ein schönes Konzert, damals im Mascotte. Vorhin waren wir grad noch am See chillen und Kaffee trinken, also ganz gemütlich.

 

Euer 4. Album heisst «Immer in Bewegung». Ist das auch so euer Motto? Nicht stehen zu bleiben?

Johannes: Ja, klar. In den letzten 11 Jahren hat sich viel um uns herum verändert. Wir waren viel auf Tour, also immer in Bewegung. Die Gesellschaft um uns herum hat sich ja auch ziemlich verändert und das ist das, worüber wir dann scheiben.

 

Wenn ihr immer in Bewegung seid, seid ihr denn sonst auch so die Abenteuerlustigen?

 

Johannes: Es hält sich in Grenzen. Wir sind schon sehr aufgeschlossen und immer offen für Neues. Wir reisen gerne und kommen da ganz gut rum. Niels und ich waren mal auf Rucksack-Tour in Thailand. Das war dann schon so ein kleines Abenteuer, dort quer durch den Dschungel zu gehen. Aber wir müssen jetzt nicht die ganze Zeit Abenteuer haben, von wegen Free-Climben oder so was. Aber generell so mit offenen Augen und Ohren durchs Leben zu gehen, das machen wir schon ganz gern.

 

Ihr seid gerade mit dem Video zu «Ich lass für dich das Licht an» auf Erfolgs-Kurs. Der Heiratsantrag von eurem Kumpel David an seine Freundin Saskia hat im Internet ganz schöne Wellen geschlagen und fast 2 Millionen Klicks auf Youtube bekommen. Saskia wusste ja, bis es soweit war, nichts davon. Wie war das für euch?

 

Johannes: Das Feedback war echt super. Wir haben ja auch ganz schön lang da dran rumgebastelt, wie wir das machen sollen, damit Saskia ja nichts mitbekommt von dem Video. Dass alles so super funktioniert hat war ein echter Glücksfall. Davids Antrag war einfach total niedlich. (lacht)

 

 

Wir kommen aus einer Branche, in der es vollkommen normal ist, dass es eben auch gleichgeschlechtliche Liebe gibt - das gehört einfach dazu. Aber wenn man dann eben mal über den Tellerrand schaut und sieht, wie das wo anders läuft – auch in Deutschland, nicht nur im Ausland – da ist das Denken dann doch noch nicht so weit, wie man denkt.

 

 

Johannes, der Heiratsantrag bei deinem Kumpel David hätte nicht besser laufen können. Steht bei dir jetzt heiraten auch zur Debatte?

 

Johannes: Noch nicht. Jetzt bin ich grad erst Papa geworden und wir wollen erst mal das geniessen.

 

In den letzten Jahren haben sich Musiker immer wieder gegen Homophobie ausgesprochen. Ihr habt bei «Mundpropaganda» vom GQ Magazine mitgemacht. 

 

Niels: Es ist natürlich schön, wenn man in der Öffentlichkeit steht und von der Presse eine gewisse Aufmerksamkeit bekommt und dann eben solche Themen anstossen kann. Für uns ist das ziemlich selbstverständlich. Wir kommen aus einer Branche, in der es vollkommen normal ist, dass es eben auch gleichgeschlechtliche Liebe gibt - das gehört einfach dazu. Aber wenn man dann eben mal über den Tellerrand schaut und sieht, wie das wo anders läuft – auch in Deutschland, nicht nur im Ausland – da ist das Denken dann doch noch nicht so weit, wie man denkt. Das haben wir auch am Feedback auf unsere Kampagne gesehen. Natürlich waren die Reaktionen überwiegend positiv, aber es gibt immer noch Kleingeister, die sich über so was aufregen.

 

Johannes: Zum Glück kommen wir aus ganz toleranten Familien. Meine Mutter hat sich das Bild vom «Mundpropaganda»-Shooting sogar über den Schreibtisch gehängt. Aber wenn wer mit dem Ganzen ein Problem hat, dann soll er auch einfach bitte nicht zu unseren Konzerten kommen.

  

Deutsche in der Schweiz ist auch immer so ein Thema. Aber wie nehmt ihr das Schweizer Publikum wahr?

 

Johannes: Wir sind hier eigentlich immer mit offenen Armen empfangen worden. Wir haben zwar von der Thematik auch schon gehört, aber selber erlebt haben wir das zum Glück noch nie.

 

Revolverheld und die Schweiz. Das ist aber nicht immer so einfach, vor allem wenn es um euren Song «Das kann uns keiner nehmen» geht. Stichwort: Kippen und Alkohol. Eine Schweizer Radiostation spielt euren Song nicht, weil er Jugendliche auf die falsche Bahn bringen könnte.

 

Johannes: (lacht) Weisst du, da läuft Eminem, 50 Cent und weiss Gott was im Radio. Einfach die schlimmsten Texte, aber halt auf Englisch. Der eine singt über Drogen oder sonst was und wir sagen mal Kippen und Schnaps auf Deutsch und dann ist das nicht mehr okay. Einfach lächerlich. Unsere Texte sind ja politisch ziemlich korrekt. Bei einem Kinderradio hatten wir das Problem zwar in Deutschland auch mal, aber da kann ich’s auch verstehen. Aber bei einem normalen Radiosender…

 

Niels: Rock-Musik auf dem Index. (beide lachen)

 

 

Es ist unser elftes Bandjahr und wir spielen grad die erfolgreichste Tour unserer Kariere, die Konzerte sind ausverkauft. Die Hallen sind mittlerweile echt gross geworden und das Album verkauft sich super. Dieses Jahr ist einfach viel zu tun, wir spielen im Sommer Festivals und im Winter kommt dann nochmal eine Tour.

 

 

Fühlt ihr euch als Vorbilder für die Jugend?

Johannes: Hmm, also ein bisschen vielleicht, weil einem mehr Leute zuhören, als wenn man vielleicht nicht Musik machen würde. Wir sind ja auch Menschen und da muss nicht immer alles innerhalb der Norm stattfinden. Aber wenn dann trotzdem alles im Rahmen abläuft, dann kann man das auch guten Gewissens vertreten.

 

Johannes, bei dir ist seit der Geburt von deinem Sohn Emil Verantwortung übernehmen und ein Vorbild sein schon ein grösseres Thema…

 

Johannes: Ja, schon, aber ich bin jetzt eh nicht so ein verjunkter Typ, der immer stinkbesoffen nach Hause kommt und dann nicht weiss, in welchem Zimmer sein Sohn schläft. Ich glaube, ich bin ein sehr verantwortungsvoller Vater. Ab und an muss ich mal mit meiner Freundin einen Trinken gehen, dann brauchen wir halt einen Babysitter. (lacht)

 

Du hast 2011 dein erstes Solo-Album «Die Zeichen stehen auf Sturm» rausgebracht. Das ist jetzt 2,5 Jahre her. Steht bei dir grad ein neues Solo-Album in Planung?

 

Johannes: Nein, wir sind mit unserer aktuellen Platte gerade voll beschäftigt. Man muss ja sagen, es ist unser elftes Bandjahr und wir spielen grad die erfolgreichste Tour unserer Kariere, die Konzerte sind ausverkauft. Die Hallen sind mittlerweile echt gross geworden und das Album verkauft sich super. Dieses Jahr ist einfach viel zu tun, wir spielen im Sommer Festivals und im Winter kommt dann nochmal eine Tour. Aber mal schauen, was das nächste Jahr bringt.

 

Niels: 1‘000 Pläne. (beide lachen)

 

Johannes: Wir haben noch viele Ideen, was wir so machen wollen. Aber ja, es kann gut sein, dass ich mal noch ein Solo-Album mache. Wahrscheinlich mache ich in meinem Leben 10 Solo-Alben und 25 Revolverheld-Alben, wobei das wär schon echt viel. Sagen wir: vielleicht 8 Solo- und 15 Revolverheld-Alben. (beide lachen) Wie wir gesehen haben, verträgt sich das ja ganz gut und der ein oder andere ist auch froh, einfach mal ein paar Monate Ruhe zu haben.

 

Der Sommer kommt. Wo verbringt ihr eure Sommerferien?

Johannes: Eher dann im Herbst. Im Herbst werden wir dann wohl bevor die Tour losgeht nochmal so einen kleinen Block Urlaub machen. Aber wir haben noch nichts Konkretes geplant. Mal schauen, wie das terminlich passt. Aber wir würden uns trotzdem freuen, wenn wir dann nochmal so ein, zwei Wochen mit der Familie haben, bevor es wieder auf Tour geht.

 

Vielen Dank, dass ihr euch Zeit fürs Interview genommen habt.

 

Revolverheld auf Tour:

Am 14. und 15. Oktober spielen Revolverheld ihm Rahmen ihrer «Immer in Bewegung»-Tour im Konzerthaus Schüür in Luzern und im Kammgarn in Schaffhausen.

Dominique Rais / Sa, 07. Jun 2014