Volles Haus für Disturbed

Konzertkritik: Disturbed im Komplex 457
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Wenn der Komplex 457 ausverkauft ist und man weder zu der Sorte gehört, die sich mit Ellbogen und Tritten einen vorderen Rang verschafft, noch zwei Meter gross ist, wird es im Saal schwierig, einen anständigen Platz zu finden. Ich kann deshalb nicht behaupten, Disturbed am Mittwoch, 8. Juni, live gesehen zu haben. Da ist man dann ausnahmsweise mal froh, wenn die Vorderleute auf der Galerie mit ihrem Handy filmen, damit man die Bühne wenigstens einmal im Miniatur-Format sieht. 

 

Dafür habe ich die Amerikaner gehört und das ist ja auch die Hauptsache. Und entgegen einiger Aussagen im Vorfeld, war das was ich gehört habe, gar nicht schlecht. Zu Beginn war der Bass zu laut und Sänger David Draiman zu leise. Aber das hat sich noch während des ersten Songs «Ten Thousand Fists» eingependelt. 

 

Eingependelt und in ungewöhnlicher Balance waren auch die Songs, die die Metal-Band präsentierte - alle sechs Alben waren mit zwei oder drei Songs vertreten. 

 

Feuerzeuge bei Simon & Garfunkel

 

Die Power, die Disturbed auf der Bühne ausströmten, spiegelte sich auch im tobenden Publikum wieder. Die Fäuste flogen in die Höhe, Jubel schallte pausenlos durch die Luft, und die Hitze war auch bei geringer Bewegung spürbar. Bei «The Sound of Silence», ein Simon & Garfunkel Cover, wurde die Menge für einen Moment sogar ganz andächtig und untermalte die Klavier-Ballade mit Feuerzeugen. Und David Draiman legte auch gegen Ende, als der Song wieder lauter wurde, sehr viel Gefühl in seine Stimme. Wirklich gesprochen hat er dafür nur einmal. Nämlich als er das Publikum aufforderte, beim Song «The Light» auf sein Kommando wieder die Feuerzeuge leuchten zu lassen. Aber wirklich nur dann. Schöne Idee - ob es geklappt hat, kann ich aus erwähnten Sicht-Gründen nicht beurteilen. 

 

Als Zugabe gab es «Down With The Sickness», und nur kurz nach halb elf war das Konzert bereits vorbei.

 

Support-Act war übrigens die Melodic-Death-Metal-Band Avatar. Die habe ich sogar noch gesehen - zum Glück. Denn alleine der Anblick hat sich gelohnt. Die fünf Männer erweckten mit ihren Zirkus-Outfits und geschminkten Gesichtern den Eindruck einer Freakshow aus den 50ern. Und der Frontmann erinnerte an eine Mischung aus Joker und Marilyn Manson auf Speed. Die Faxen waren schon sehenswert, aber auch der dröhnende Sound hat gepasst. Die Schweden schafften es - trotz Vorgruppen-Status - die Menge bis in die hinteren Reihen zu begeistern und für Disturbed anzuheizen. Nicht zuletzt durch den charismatischen Joker-Frontmann, der sehr gut Deutsch sprach und das Publikum mit Rammstein-Zitaten unterhielt. Und die «Freakshow» wurde zum Schluss sogar noch mit einem gleichnamigen Song bestätigt. 

 

Disturbed bewiesen, dass sie sogar dann live überzeugen, wenn man sie nicht sieht. Die optischen Reize brachte zumindest die Support-Band Avatar, welche auch musikalisch begeisterten.  

 

Seraina Schöpfer / Do, 09. Jun 2016