Der Wirbelwind, der über die Bühne fegte

Konzertkritik: Lindsey Stirling
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Bäckstage / © Sandra Rohrer

Ohne Vorgruppe und kurz nach 20.00 Uhr stürmte die 33-jährige Amerikanerin Lindsey Stirling die Bühne der Samsung Hall. Sie startete natürlich mit dem Song zur Tour, «Artemis». Ihr Logo scheint vom A der Avengers beeinflusst zu sein. Jedenfalls sieht es der berühmten Filmreihe zumindest sehr ähnlich.

 

Die Samsung Hall war nur locker halb gefüllt, dafür konnte man sich gut nach vorne Schleichen, wo man einen guten Blick auf die Violinistin hatte.

 

Lindsey vermochte ihr Publikum zu unterhalten, während 60 Minuten war Langeweile kein Thema. Das lag nicht zuletzt daran, dass Lindsey eine Show bot, wie man sie selten sieht. Weil bei ihr die Violine klar im Fokus liegt, fehlt bei ihren Shows der Gesang. Sie bot in Zürich aber eine Tanzshow der Extraklasse. Immer wieder erstaunlich, wie Lindsey ihr Tempo ganze 90 Minuten durchziehen kann.

 

Pirouetten en masse durften nicht fehlen. Sprünge bzw. Figuren, die wie von einer Balletttänzerin wirkten und Verbeugungen, die einen denken liessen «Mädchen verrenk dich bitte nicht» beherrschte sie mühelos.

 

Foto: Bäckstage / © Sandra Rohrer (sandrarohrerphotography.com)

 

Lindsey hat ihre Show als eine Art Märchenshow angelegt. Sie erzählte mit ihren Songs und Tänzen Geschichten. Einmal trug sie ein Geweih, das an ein Reh erinnerte, dann schwebte die quirlige Amerikanerin über der Bühne in einer Art Kreis, der verschiedenfarbig leuchtete. Oder die vier Tänzerinnen hatten eine Art Riesenschirm über ihre Köpfe und man sah nur die Körper, während Lindsey wie Rotkäppchen aussah, aber mit weisser Haube, anstatt roter. Zum Schluss hoben die Tänzerinnen die Schirme und man erkannte, dass alle leuchtende Augen haben.

 

Visuell unterstützten teilweise richtige Geschichten, die auf den Bildschirm in der Mitte der Bühne projiziert wurden, das Konzert und - erstaunlich - diese wurden in Deutsch erzählt. Selten, dass ein Künstler die Worte zur Bühnenshow auf Deutsch übersetzen lässt. Sehr einfühlsam von ihr, da nicht jeder Englisch kann.

 

Lindey wechselte ihre Kostüme mehrfach, so trug sie mal kurze Shorts und Turnschuhe wie ein Fitness Outfit und später kamen Federboas bei denn Tänzerinnen zum Einsatz. Langweilig wurde das Konzert von Lindsey nie. Aber nach 60 Minuten wäre es nett gewesen, einen Sitzplatz zu haben. So dachten aber nicht alle, denn mitten im Publikum nutzte ein Paar den Platz und lag sich fast das ganze Konzert über für einen Paartanz in den Armen.

 

Ein spezieller Moment im Set gehörte dem Song «Love Goes On And On», ein Duett mit Amy Lee von Evanescence, das ziemlich neu ist. Dies war ein Highlight, weil es einer der wenigen Songs im Konzert war, bei dem man eine Stimme hörte. Zudem war Amys Gesicht auf Bildschirm zu sehen.

 

Lindsey Stirling ist überraschend sehr gut auf der Bühne, kann ich nur empfehlen, aber das nächste Mal mit Sitzplatz.

 

 

Sandra Rohrer / So, 13. Okt 2019