Angus and Julia Stone betörten mit Folk-Blues aus Down Under

Kritik: Angus and Julia Stone @X-tra, Zürich
Angus and Julia Stone
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Angus and Julia Stone Facebook

Wunschdenken und Wirklichkeit lagen vergangene Woche bei den zwei ausverkauften Zürcher Konzerten von Angus and Julia Stone meilenweit auseinander – zumindest was die Veranstaltungslocation anbelangte.

 

Die weltbekannten Rocklegenden und Namensvettern von Angus und Julia haben bereits Stadien auf der ganzen Welt bespielt, sind für ihre legendären Bühneninstallationen bekannt und machten sich mit ihrer Musik längst unsterblich. Nomen est omen? Angus und Julia, das Geschwister-Paar aus Newport, haben jedenfalls während ihrer bisher 8-jährigen Bandkarriere und mit bereits sechs veröffentlichen Alben schon Beachtliches geleistet. Nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ.

 

Schmelzende Polarkappen

 

Blicke sagen mehr als 1’000 Worte? Im Fall der Geschwister Stone waren es vielmehr die Töne. Statt grosser Worte liessen Angus und Julia die Musik sprechen. Das war auch gut so, denn wenn jemand redete, war es meist Julia, die dann jedoch kaum verständlich, fast schon schüchtern und etwas verloren schien auf der Bühne. Doch auch sonst gaben sich die zwei Australier eher zurückhaltend. Ihr Folk-Blues, gepaart mit einer Prise Dream-Pop, hingegen strotzte nur so vor betörender Melancholie, unstillbarem Verlangen und herzerwärmender Frische – dem konnte auch das Schweizer Publikum keinen Moment widerstehen.

 

Julias sanfte, rauchige und verträumte, teils dann aber auch wieder ausdrucksvolle Stimme harmonierte in einer perfekten Symbiose mit der ihres Bruders, wie etwa bei der Zugabe „Santa Monica Dream“. Doch nicht nur als Duett, sondern auch einzeln sorgten sie für Begeisterung. Mit „For You“, einem Song, den Julia einst für einen Ex-Freund schrieb, brachte die 30-jährige die Polarkappen zum Schmelzen.

 

In Bars statt auf grossen Bühnen

 

Angus, der Hipster-Beau mit strubbeligem Bart und roter Wollmütze, liess bei Songs wie „Crash and Burn“ seiner emotionalen Odyssee freien Lauf. Er mimte, geradezu märtyrerhaft, den von der Liebe im Stich Gelassenen. Währenddessen ertappten sich manche Konzertgänger wohl mehr als nur einmal dabei, wie sie ihm ein aufmunterndes Lächeln schenkten, in der Hoffnung, ihn von seinem Verdruss zu befreien.

 

Angus und Julia Stone sorgten bei ihrem Konzert im Zürcher X-tra für grossartige emotionsgeladene Momente und trotzdem wünschte man sich irgendwie insgeheim, dass sie noch jenes mässig bekannte Duo aus Down Under wären, das noch immer in kleinen Bars und Clubs auftreten würde. Denn irgendwie gehören die australischen Stones nicht auf die grossen Bühnen dieser Welt. Nicht etwa, weil sie ihren musikalischen Erfolg nicht verdient hätten, sondern weil die Intimität und Intensität ihrer Songs sich zeitweise in den Weiten des X-tras zu verflüchtigen schien.

Dominique Rais / Di, 02. Dez 2014