2025 – oder doch 1995?

Review: Hinter den Kulissen der 90s Show
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©Sandra Schneeberger

Die 90s Super Shows finden das ganze Jahr hindurch an den verschiedensten Orten, hauptsächlich in Deutschland, teilweise aber auch in Österreich und der Schweiz, statt. Besonders in Deutschland besuchen jeweils zwischen 10‘000 und 20‘000 Personen eine solche Veranstaltung. Aber was steckt hinter dieser 90s Super Show und warum ist diese so erfolgreich? Dies wollten wir herausfinden.

 

Die 90er Jahre. Was für ein Jahrzehnt. Bastiaan (Caught in the Act) erinnert sich: «In den 90er Jahren herrschte ein grosses Freiheitsgefühl. Die Mauer in Deutschland war gefallen – der kalte Krieg war vorbei, das Internet und die mobile Telefonie kamen auf. Dadurch herrschte ein sehr positives Zukunftsgefühl. Und genau in dieser aktuell schwierigen Zeit möchten wir mit unserer Musik dieses unbeschwerte Gefühl der 90er wieder vermitteln.»

 

Und tatsächlich, viele der Besuchenden möchten dieses Gefühl wie in den 90er wieder erleben – sich an ihre Jugend und das Freiheitsgefühl zurückzuerinnern. Viele kleiden sich auch wie in den 90er Jahren. Tragen Neonoutfits, Plateauschuhe und Fanshirts der jeweiligen Acts. Wer nicht bereits im 90er Look zum Openairfestival erscheint, kann sich am dafür extra eingerichteten Merchadisingstand noch entsprechend einkleiden. Und dann geht es auch schon los, schliesslich stehen insgesamt 12 super Acts der 90er auf der Bühne, jede Formation für 30 – 40 Minuten. Darunter Caught in the Act, East17, Mr. President, Rednex, Oli P., Captain Jack – um nur ein paar zu nennen. Viele Acts treten heute nicht mehr in der Originalbesetzung auf. Dies tut aber der Stimmung keinen Abbruch. Axel (Caught in the Act) unterstreicht diesen Punkt: «Obwohl ich in den 90er noch nicht in der Band war, wurde ich von den Fans sehr herzlich empfangen. Die Songs, die wir performen, haben alle eine lange Geschichte. Wenn wir diese auf der Bühne singen, fühlen sich alle in ihre Jugend zurückversetzt.» Lee (Caught in the Act) ergänzt, dass es ihm genau gleich gehe, wenn er ein Konzert von Madonna oder Blondie besuche, dann erlebe auch er gleich wieder das Gefühl wie in seiner Jugend.

 

Fotos: Bäckstage / ©Sandra Schneeberger

 

Auf die Frage was denn heute anders ist als in den 90er, antworten Caught in the Act übereinstimmend, dass die Auftritte heute viel mehr Spass machen. Lee: «Wir sind alle älter und weiser. Es ist fast so wie Grosseltern ihre Grosskinder geniessen können. So ist es auch ein bisschen für mich. Ich kann die heutigen Auftritte viel mehr geniessen. Und ich denke, den Fans geht es genau gleich. Sie sind ja auch älter und weiser geworden und können mit uns zurück in ihre Jugend reisen, um dieses Gefühl von damals wieder zu erleben.» Bastiaan ergänzt, «Unsere Auftritte sind heute viel entspannter als früher. Im Gegensatz zur Weltlage, was mich nicht freut. Wir hören so viel Negatives, das uns täglich beschäftigt.» Lee greift den Gedanken auf: «Die Message unseres Songs «Love is Everywhere» ist aktueller denn je. Wenn ich diesen Song auf der Bühne performe, macht es mich sehr emotional und ich sehe es auch in den Gesichtern im Publikum, nicht wenige haben Tränen in den Augen.»

 

Dass Lee von Caught in the Act das Publikum so nah sieht, steht für etwas sehr Typisches der 90er Super Show. Es kommt sehr häufig zu vielen Interaktionen zwischen Künstler und Publikum. Sei es während der Show, dass die Künstler die Bühne verlassen, um die Personen in der 1. Reihe abzuklatschen, Umarmungen zu verteilen oder sogar während dem Singen noch Selfies zu schiessen. Oder sich nach ihrem Auftritt noch unter die Besucher zu begeben, Selfies- und Autogrammwünsche zu erfüllen. Es soll ein Ort der Leichtigkeit sein, an dem Party, Friede und Freude herrschen.

 

Ist etwa die Nähe zum Publikum, die vielen Interaktionen, das Geheimnis, warum die 90s Super Show so erfolgreich sind? Terry von East 17 meint: «Es macht einfach Spass, wenn du mit einem Lächeln zur Arbeit fahren kannst und sowas spürt das Publikum auch. Es ist aber bestimmt auch das grandiose Line-up jeder Veranstaltung, die vielen Effekte und Pyrotechnik, die zu einem unvergesslichen Festivalabend beitragen.»

 

Gibt es denn trotz der Reise in die Vergangenheit auch Zukunftspläne? East 17 verraten uns, dass sie schon bald ein neues Album rausbringen werden. Bei Caught in the Act bestehen aktuell keine Pläne, um neue Musik aufzunehmen, aber Lee findet die Vorstellung gemeinsamer neuer Musik sehr schön. Lassen wir uns also überraschen, was die Zukunft bringt.

 

Während wir langsam den Backstagebereich verlassen, beobachten wir wie sich Rednex mit ausgiebigen Strechings für ihren Auftritt aufwärmen. Da stellt sich gleich die Frage an East 17, wie sie sich fit halten. Ohne Namen zu nennen, wurden uns folgende Antworten gegeben: »Wir besuchen regelmässig das Pub in unserem Wohnort. Die Schritte zum Pub sind somit für uns das tägliche Training. Zudem trainieren wir vorallem durch das Heben des Bierglases die Oberarme. Und der Dritte im Bunde muss dauernd seinen Kindern nachrennen und erhält dadurch die nötige Fitness.»

 

Da ist es wieder – diese Unbeschwertheit, Lockerheit und das Humorvolle – fast wie in den 90er. Und mit der Erkenntnis, dass auch Popstars den eigenen Kindern nachrennen müssen.

 

Sandra Schneeberger / Mo, 14. Jul 2025