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Movie-Kritik: T2: Trainspotting
Bildquelle: 
© Sony Pictures Releasing International.

Hitzköpfig, frech, abenteuerlustig und komplett high. Mit einer unbändigen Energie lebten vier Jungs aus Edinburgh namens Renton (Ewan McGregor), Spud (Ewan Bremner), Sick Boy (Jonny Lee Miller) und Begbie (Robert Carlyle) in den 90er Jahren ihre «Lust for Life» aus. Inmitten von Sozialsiedlungen, Arbeitsvermittlungszentren und Diskotheken entzogen sie sich dem langweiligen, spiessigen und hypokritischen Bünzlitum. Meist mit fatalen Folgen für ihr Umfeld. Bis einer ausriss, die anderen verriet, und alles für immer hinter sich liess. 

 

Für immer? Lediglich für 10 Jahre, wenn es nach Irvine Welsh’s Romanfortsetzung «Porno» aus dem Jahr 2002 geht. Aber ganze stolze 20 Jahre beim nun verfilmten adoptierten Drehbuch von John Hodge. Aufgrund kleiner Meinungsverschiedenheiten zwischen Ewan McGregor und Danny Boyle («The Beach» wäre so gut gewesen mit Ewan, doch Byle wählte Leo) verzögerten sich die Dreharbeiten ins Ungewisse. Vor einigen Jahren brachen die beiden ihr Schweigen und die Fortsetzung war nur noch eine Frage der Zeit. Eine mit der Zeit immer grössere Frage wurde, inwiefern der eigentliche Handlungsschwerpunkt, das Business mit schmuddeligen Filmchen, im Jahr 2017 noch genug verlockend bzw. gewinnbringend erscheinen könnte. Mit dem Segen von Produzent Welsh, wurde mächtig an der Story gebastelt. Herausgekommen ist eine liebevolle und bitterböse Fortsetzung, die insbesondere treue Leser von Welsh verzückt.

 

Die Gang ist wieder vereint. (© Sony Pictures Releasing International. All Rights Reserved.)

 

Wie im Roman hat Sick Boy das alte Pub seiner Tante übernommen. Und genauso wie auf dem Papier ist er auch auf der Leinwand davon überzeugt, zu Höherem berufen zu sein, insbesondere im horizontalen Gewerbe. Mit seiner neuen Flamme Nikki (anders als im Roman, nun bulgarischer Herkunft und von Anjela Nedyalkova verkörpert) will er einen Salon der besonderen Art eröffnen. Doch while Simon’s busy making plans, passiert das Unmögliche, Renton steht nach 20 Jahren Exil vor seiner Tür. Vieles ist seitdem passiert und noch viel mehr ist gleichgeblieben. Gemeinsame Vergangenheitsbewältigung trifft auf Selbsterkenntnis, während Spud weiterhin im Drogensumpf versinkt und Begbie eine halsbrecherische Flucht aus dem Gefängnis plant.

 

In «T2: Trainspotting»» stehen wie in der Romanvorlage die menschlichen Beziehungen an vorderster Front. Diese werden mit altbekannten, verspielten Kamera-und Montagearbeiten reflektiert wie wir sie in «Trainspotting» lieben gelernt haben. Und wo Begbie draufsteht, darf auch eine grosse Portion Action erwartet werden. Aber die wohl netteste Geste von Filmemacher Boyle und Drehbuchautor Hodge ist es, den Figuren zu erlauben  älter und  weisser zu werden. Ja, sie haben auch mit Mitte Vierzig noch Flausen im Kopf, aber einige erschaffen auch etwas wahrlich Magisches daraus. So ist es Spud schliesslich, der wortwörtlich die Geschichte an sich reisst und zumi Helden avanciert. Untermauert von einem einmal mehr himmlischen Soundtrack mit alten Bekannten (Underworld, Iggy Pop), schafft der Film das Unglaubliche: Relevanz, Sentimentalität, Vernunft und Wärme auf die Leinwand zu zaubern und uns alle ganz schön «high» zu machen.

 

«T2: Trainspotting» macht das Leben schöner, lehrt uns wie man Haare blondiert und was im Leben wichtig bleibt. Eine durch und durch gelungene Fortsetzung.

 

  • T2: Trainspotting (UK 2017)
  • Regie: Danny Boyle
  • Darsteller: Ewan McGregor, Ewen Bremner, Jonny Lee Miller, Robert Carlyle
  • Laufzeit: ca. 109 Minuten
  • Im Kino: ab 16. Februar 2017

 

 

Tanja Lipak / Di, 21. Feb 2017