Maddin Schneider, der hessische Simplicissimus

Komiker Maddin Schneider im Interview
Bildquelle: 
Martin Schneider

 

Viele Komiker schreiben Bücher. So auch du - obwohl es «schon sehr viele Bücher gibt», wie du dich ja selber überzeugt hast. Was macht dein Buch besonders?Mit meinem Buch habe ich versucht, so etwas wie einen modernen Schelmenroman zu schreiben. Einer der ersten deutschen Schelmenromane stammt ja auch aus Hessen, der «Simplicius Simplicissimus». Die Figur des Simplicissimus, die noch aus dem Dreissigjährigen Krieg stammt, hat auch Pate gestanden für die Figur vom Maddin, der ja auch etwas einfältig und mit einer ganz besonderen Sichtweise durch das Leben geht.


Das Buch ist die Biographie von deiner Kunstfigur «Maddin». Wie viel Gemeinsamkeit haben Maddin und Martin Schneider?Dieses Geheimnis haben schon viele Journalisten zu lüften versucht! Aber natürlich kann ich nicht bis ins Detail den Unterschied von beiden erläutern, da der Privatmensch Martin Schneider eben dadurch gekennzeichnet ist, dass er auch eine private Persönlichkeit hat, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Eine Sache kann ich natürlich verraten: Der Maddin schöpft zwangsläufig aus dem Reservoir der Eigenschaften und Eigenheiten des Herrn Schneider, die Quelle ist nicht zu leugnen. Erlebtes und Erträumtes fliessen hier allerdings zusammen, und die genaue Rezeptur für den Cocktail bleibt geheim…


Was hat dich dazu bewegt, das Buch als Biographie deiner Kunstfigur aufzugleisen?Es wäre wohl für mein Publikum – das den Hauptteil der Leserschaft ausmacht – ein wenig irritierend gewesen, wenn ich mich in dem Buch von der Figur des Maddin, den es ja kennt, entfernt hätte. Einen kleinen Schritt musste ich mich ja schon von der Bühnenfigur entfernen, indem ich den Maddin als Ich-Erzähler hochdeutsch sprechen lasse. Vom Erzählstil her habe ich allerdings versucht, dem Charakter der Figur treu zu bleiben und die Leserschaft zu unterhalten.

Planst du ein weiteres Buch?Erst mal sind anderer Projekte an vorderer Stelle, aber es könnte mal wieder passieren, dass ich wieder mal was mache in dieser Richtung…

Du schreibst dein Bühnenprogramm selbst. Wie gehst du dabei vor?Teilweise schreibe ich auch mit einem Autor zusammen. Das ist sehr erfrischend, da man ansonsten zu sehr im eigenen Saft schwimmt nach so vielen Jahren. Zuerst sucht man nach einem Grundthema und im nächsten Schritt wird das dann ausgearbeitet, im Prinzip wie ein Solo-Theaterstück, mit einer Gesamtdramaturgie – einem Hauptstrang und vielen Nebensträngen. Raum für Improvisation muss aber auch noch bleiben!

Inwiefern unterscheidet sich das Schreiben eines Bühnenprogramms von dem eines Buches?Für mich war das Buch eine viel grössere und auch schwierige Herausforderung, weil ich noch nie eins geschrieben hab! Es erfordert schon einen ziemlich langen Atem, gerade für einen wie mich – der am liebsten den lieben langen Tag spazieren gehen würde!

Was war denn die aller grösste Herausforderung beim Buchschreiben?Die Gratwanderung, die ich schon angedeutet habe: Auf der einen Seite will man ja sozusagen ein literarisches Werk schaffen, das den Ansprüchen der Leser gerecht wird, und auf der anderen Seite darf das Maddin-typische nicht verloren gehen. So ist das Buch ironiefrei – was heutzutage kaum noch vorkommt, gerade im Comedybereich. Aber der Maddin hat keine ironische Distanz zu dem, was er erlebt, das macht ihn ja aus. Also muss das Komische im Erleben selbst stattfinden, in den Situationen und dem Aufeinanderprallen von unterschiedlichen Wirklichkeiten.

Manche Comedians singen. Mal erfolgreicher, mal weniger. Zum Beispiel Flight of the conchordes, international gesehen. Oder Otto, im nationalen Bereich. Kommt für dich Singen auch in Frage?In zwei Bühnenprogrammen habe ich einige Lieder vorgetragen, eine Show machte ich zusammen mit meiner Band, den Bembel Boys. Das hat mir wahnsinnig viel Spass gemacht, und die Leute sind tatsächlich nicht weggelaufen! Doch nun spiele ich wieder ein Solo-Programm ohne Musik und Songs. Der Vorteil davon ist, dass man dramaturgisch und erzählerisch mehr in die Tiefe gehen kann, wenn man ein reines Wort-Programm macht.

Auffällig ist, dass die breite Öffentlichkeit stets die gleiche Handvoll Comedians wahrnimmt und über Jahre hinweg mag. Was braucht eine Figur, damit sie funktioniert?Als Komiker ist es ganz einfach: Die Leute lachen – oder sie lachen nicht. Einige Kollegen sind mehr die Techniker, andere eher die «Funny bones», die also wirklich etwas Komisches mitbringen. Darüber könnte man eine ganze Abhandlung schreiben, wie und warum etwas funktioniert in der Comedy – ein weites Feld.

Im Moment scheint es, als ob die deutschsprachige Comedyszene förmlich von neuen Gesichtern überschwemmt wird. Was sagst du zu dieser Entwicklung?Ich selbst habe gar nicht mehr den Überblick. Es werden sich automatisch die grössten Talente durchsetzen. Persönlich mag ich mehr die schrägen Vögel, die etwas ganz eigenes mitbringen.

Wie hat sich die Branche verändert, seit du dabei bist?Es ist wesentlich schnelllebiger und kommerzieller geworden. Aber es gibt auch positive Entwicklungen, zum Beispiel kann man heute mit kleinen technischen Mitteln selbst Videos drehen. Auch ich experimentiere gerne mal und stelle kleine Comedyclips ins Internet, um Neues auszutesten. Dank Facebook hat man einen ziemlich direkten Draht zu dem Publikum. Wer will, kann gerne mal schauen: www.facebook.com/schneider.maddin
 
Gibt es Momente, in denen du bereust, diesen Beruf gewählt zu haben?Nein, nie!

Worin liegt für dich die grösste Herausforderung in deinem Job?Immer wieder die Leute zum Lachen zu bringen und dabei auch ganz verschiedene Themen zu bearbeiten. Dabei ist es wichtig, glaubwürdig zu bleiben.

Hast du Lampenfieber? Wie gehst du damit um?Ich tanze vor dem Auftritt, wenn ich zu nervös bin!

 

Die Biographie der Kunstfigur Maddin Schneider:

Mach mal Hals lang

Erschienen 2011 im Ullstein-Verlag, ISBN-10: 3548374182

 

Direkt zu Maddins Homepage: http://www.maddin.de/

 

 

 

Linda von Euw / Mo, 20. Feb 2012