Gloria: Wir haben nie Musik von anderen Leuten nachgespielt

Interview mit Gloria
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Promobild

Vor der Schweizer Konzertpremiere von Gloria konnten sich Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol etwas Zeit freischaufeln und empfingen Bäckstage in den Katakomben des Kaufleuten. Wieso Klass einen Affen als Haustier wählen würde, was hinter ihren Songs steckt und wieso sie jetzt mit ihrer Musik an die Öffentlichkeite gegangen sind, haben uns die beiden sympathischen Musiker verraten. 

 

In der Pressemitteilung steht, dass ihr seit 8 Jahren zusammen Musik macht. Habt ihr von Anfang an eigene Songs geschrieben?

Klaas: Ja, wir haben immer eigene Songs geschrieben, wobei das erstmal immer nur Fragmente von Songs waren. Bis dann wirklich mal Songs fertig waren, hat das eine Zeit gedauert. So haben wir uns langsam, aber sicher dahin entwickelt. Aber wir haben nie Musik von anderen Leuten nachgespielt, sondern immer direkt eigene Sachen komponiert.

 

Wann habt ihr entschieden, mit dem privaten Musizieren an die Öffentlichkeit zu gehen?

Mark: Das wird so 2011, 2012 gewesen sein. Es war ein Moment, bei dem wir gemerkt haben, dass wir ganz viele Skizzen auf Festplatten und Diktiergeräten herumliegen haben. Wir haben auch festgestellt, dass wir die ersten Ideen bereits nicht mehr gefunden haben. Besonders bei den alten Sachen wussten wir nicht mehr, wo wir sie aufgenommen haben. Dann kam irgendwann die Entscheidung, ob es so weiter läuft und wir in Kauf nehmen, dass wir immer wieder Ideen verlieren oder wir verändern uns und lassen es konkreter werden. Der übernächste Gedanke war dann schon, dass man tatsächlich eine Schallplatte macht.

 

Woher kommt der Name Gloria?

Klaas: Das ist eigentlich eine total unrühmliche Geschichte, denn wir hatten schon die Verträge unterschrieben, die Platte war fertig und alles war irgendwie bereit. Wir hatten aber noch immer keinen Namen für die Band. Die Plattenfirma hat uns dann immer wieder geschrieben und gesagt, dass wir uns endlich etwas ausdenken sollen. Wir waren dann auf dem Weg von Marks Wohnung in unser Studio. Das sind nur ein paar Meter sind und auf dem Weg gibt es ein Café, das Gloria heisst und 90% unserer Körperzellen bestand irgendwann aus dem Essen, das wir aus diesem Laden bekommen haben. Deswegen ist auch ein Teil von diesem Café Gloria irgendwie auf dieser Platte und es erschien uns logisch diesen Namen zu wählen, weil es sehr schwierig ist, einen Bandnamen zu wählen, ohne dass er schlimm wird. Gloria ist irgendwie neutral und klingt auch noch gut. Jetzt probieren wir das mit Leben zu füllen.

 

Olli Schulz ist mit seiner Musik relativ nahe bei Gloria und sowohl bei Circus Halligalli dabei und er war auch mal Vorband für Wir sind Helden – somit ein gemeinsamer Freund von euch beiden. Macht ihr auch ab und zu Musik mit ihm?

Klaas: Nein, bisher noch nicht. Aber nächste Woche spielen wir in Bremen an einem Festival und da spielt Olli Schulz auch. Da werden wir uns zum ersten Mal im musikalischen Kontext begegnen. Er macht es ja andersrum als ich. Er hat erst sehr viel Musik gemacht und dann beim Fernsehen angefangen und ich war beim Fernsehen und mache jetzt noch Musik. Wir können uns gegenseitig eigentlich ganz gute Tipps geben. Insofern ist er sowohl beim Fernsehen als auch bei der Musik ein guter Kollege.

 

Klaas: Wir versuchen uns den Gedanken, die wir in Songs verarbeiten, ganz genau zu nähern und dann kommt man um eine gewisse Melancholie nicht drum herum. Das braucht man nicht bei Circus Halligalli, denn dafür schalten die Leute nicht ein. Das ist aber vereinbar in ein und derselben Persönlichkeit, ohne dass ich einen an der Waffel hab.

 

Bei Circus Halligalli bist du eher als «Clown» tätig …

Klaas: Das ist richtig, das ist dort mein Job.

 

…  ist Gloria dein melancholisches Ventil?

Klaas: Aber es ist nicht unbedingt mein melancholisches Ventil. Es ist halt das Format, bei dem ich genau solche Sachen machen kann. Jedoch nicht, weil ich das therapeutisch rauslassen muss, sondern weil das für mich Musik bedeutet. Wenn ich Musik mache, dann wird das sowas. Es ist ja nicht traurig oder depressiv, sondern melancholisch. Wir versuchen uns den Gedanken, die wir in Songs verarbeiten, ganz genau zu nähern und dann kommt man um eine gewisse Melancholie nicht drum herum. Das braucht man nicht bei Circus Halligalli, denn dafür schalten die Leute nicht ein. Das ist aber vereinbar in ein und derselben Persönlichkeit, ohne dass ich einen an der Waffel hab.

 

Lasst uns über Musik sprechen. Wie schnell war die musikalische Ausrichtung von Gloria klar?

Mark: Relativ spät erst war die Ausrichtung klar, da wir uns lange keine Mühe gegeben haben mit den Aufnahmen. Wir haben einfach Lieder festhalten wollen in ihrer Einfachheit. Also mit Gitarre, manchmal mit Klavier, jedoch meistens mit Gitarre. Irgendeine Begleitung zum Text und zur Melodie aufzunehmen hat uns gereicht. Erst im Rahmen der Produktion letzten Jahres hat sich heraus kristallisiert, wo die Songs am besten passen. Dass es ein etwas aufgeräumteres Bild gibt und eine nicht so verspielte Platte wird. Das erschien uns auch am logischsten. Es ist dann eine grosse Feuertaufe, wenn man es live spielt, ob das nach wie vor die richtige Intuition war, es in diese Richtung zu entwickeln. Wir haben Ende des letzten Jahres bereits eine kleine Tour gespielt und da hat sich für uns dieser Weg total bewahrheitet. Das heisst jetzt nicht, dass jede Platte so klingen wird, denn jede Band entwickelt sich und wir wissen noch nicht, was wir in Zukunft machen. Aber so wie es jetzt gelaufen ist, haben wir das als sehr schlüssig empfunden, zu klingen, wie wir jetzt klingen.

 

Wie arbeitet ihr? Entstehen die Songs gemeinschaftlich? Wer schreibt die Texte?

Klaas: Wir arbeiten sehr gemeinschaftlich. Also wir machen beide Beides. Obwohl Mark natürlich am Instrument sitzt und ich mit Texten ankomme, vermengt sich das sehr schnell, indem wir uns gegenseitig besserwisserisch sofort reinreden, wenn einer was anbietet. Sowohl beim Text als auch bei der Musik. Manchmal laufen wir denselben Weg und manchmal knallts und wir streiten uns darüber und es gibt ein grosses Geschreie und Gehaue. Aber am Ende des Tages ist dann meistens der Punkt da, an dem man die Nuss knackt. Das ist dann ein euphorischer Moment, der einem auch zum Weitermachen bringt. Man kann dann nicht wirklich sagen, wer was macht. Ich habe genauso einen grossen Anteil an der Melodieführung und Komposition, wie Mark am Text hat. Es ist teilweise ziemlich anstrengend, aber gemeinsam.

 

Mark: Banane sagt man da!

 

Klaas: Banane, genau. Das hat man 1993 gesagt!

 

 

Mark: Wenn ich mir ein Tier aussuchen müsste, mit dem ich lebe, dann wäre das ein Hund und kein Tiger oder so etwas.

 

 

Ich würde gerne zwei Songs aus dem Album picken und bitte euch, etwas darüber zu sagen. Der erste ist «Eigenes Berlin».

Klaas: Das ist keine klassische Hymne. Es gibt ja sehr viele Hymnen über Berlin. Das ist kein Abgesang, sondern eine sehr realistische Betrachtung. Man kann Berlin eigentlich ersetzen durch was man will, das hat mit der Stadt gar nicht so viel zu tun. Es ist ein Song darüber, seinen Platz zu finden in einer Stadt, die auch vorher ohne einen funktioniert hat und auch danach wieder funktionieren würde. Man muss sich selbst dort einfügen und selbst dafür sorgen, dass man unersetzlich wird. Das macht einem nicht jede Stadt gleich leicht, denn das hat auch mit der persönlichen Situation zu tun. Berlin ist die Stadt mit den meisten Einwohnern in Deutschland, aber wahrscheinlich auch die Stadt mit der grössten Gefahr, einsam zu sein, absurderweise.

 

Der zweite Song ist «Heute du».

Mark: «Heute du» ist aus der Idee entstanden, dass es halt immer schleichend wieder aufs Neue schwierig ist, sich darauf einzulassen, wie einem der Schnabel gewachsen ist, also man selbst zu sein. Das ist jetzt keine Erkenntnis, die man einmal hat und ab dem Tag ist es in Ordnung. Man hat einfach begriffen, dass in der letzten Zeit im Leben etwas losgewesen ist, bei dem man nicht sich selbst war und dann ändert man das und es ist in Ordnung. Es ist immer wieder aufs Neue ein Kampf, dass man selbst heraus kristallisiert, was die Intuition ist.

 

Klaas, du bist selbst auch Journalist …

Klaas: Journalist – naja! (Lacht).

 

… welche Frage wurde noch nie gestellt und sollte unbedingt gefragt werden?

Klaas: Uns wurden eine Menge Fragen bereits gestellt. Zum Beispiel, ob wir einen Hund haben. Was unsere Lieblingstiere sind, hat uns aber noch niemand gefragt. Mark, was ist dein Lieblingstier?

 

Mark: Mein Lieblingstier ist tatsächlich der Hund.

 

Klaas: Bist du dann wirklich so ein richtiger Hundefan?

 

Mark: Was soll ich da antworten? Chamäleon?

 

Klaas: Na, was dein Lieblingstier ist. Eine ehrliche Antwort.

 

Mark: Wenn ich mir ein Tier aussuchen müsste, mit dem ich lebe, dann wäre das ein Hund und kein Tiger oder so etwas.

 

Klaas: Meins ist ein Affe. Ich würde gerne wie Michael Jackson mit einem Affen zusammenleben.

 

Mark: Das sind dann sicherlich solche Fragen, die ihr erwartet habt. Was aber tatsächlich selten gefragt wird, sind Fragen nach dem Alltag, also wie so unser Tagesablauf aussieht. Auch bei Wir sind Helden war das so und bei Klaas in seiner Branche wird es wohl ähnlich sein. Leute stellen oft Fragen zu allgemeinen Themen, die man in seiner Kunst bearbeitet und initiiert. Es ist nicht so, dass wir da ein besonderes Mitteilungsbedürfnis haben, aber wenn man auf Tour ist oder eine Platte produziert, hat das einen sehr intensiven Anstrich, weil das intensive Wochen oder Monate sind. Da gibt es interessanterweise selten Fragen dazu. Halt zum Daily Buisness. 

Gloria - «Eigenes Berlin»

 

 

Alle Informationen zu Gloria gibt es auf der bandeigenen Website

Hansjürg Stämpfli / Mi, 26. Mär 2014