Silbermond begeistern am Stimmen Festival

Konzertkritik: Silbermond am Stimmen Festival
Bildquelle: 
Bäckstage / © Sandra Rohrer

Nach dem 2020er-Gig in Zürich und nicht zuletzt nach der Coronapause wird mir das Konzerte in Lörrach vermutlich als eines der Wichtigsten und Schönsten in Erinnerung bleiben.

 

Nervös war ich als ich mich an diesem Tag auf dem Weg machte. Immerhin würde es das letzte Mal sein, dass ich bei Silbermond im Bühengraben stehe, sie durch die Linse beobachte und in bester Pose zu erwischen versuche, oder über Konzerte der Band schreibe. Ich habe sie mehrfach auf der Bühne fotografiert, aber jetzt ist es genug. In Zukunft will ich lieber wieder mit Freunden in der ersten Reihe stehen. Mir fehlt das. Genauso wie mir Silbermond gefehlt haben in den 2 letzten Jahren.

 

Glänzen in den Augen

 

Die Setlist am Stimmen Festival wurde weise gewählt, weil manche Zeilen durch eindrückliche und berührende Worte zur Weltlage passen. Etwa «Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit, in einer Zeit, in der nichts sicher scheint» aus «Irgendwas bleibt». Da blieb wohl nicht nur bei mir öfters mal das Auge nicht trocken und wurde einfach nur geweint. Stress und Trauer weg, aber auch Freude schwang mit. Songs wie «Durch die Nacht», «Das Beste» oder «Meer sein» sorgten für Stimmung. Endlich wieder feiern und geniessen. Man sah der Band auf der Bühne sehr gut an wie erholt sie ist. Stefanie und die drei Jungs zeigten klar, dass ihre Spielfreude durch die Zwangspause nicht gelitten hat. Das Glänzen in den Augen und das Lächeln auf den Wangen übertrug sich schon nach wenigen Songs direkt auf die Fans.

 

Fotos: Bäckstage / ©Sandra Rohrer (sandrarohrerphotography.com)

 

Es fühlte sich an, wie in einem Wohnzimmer unter Freunden und da fühlt man sich wohl. So geht man auch gerne mal in die Menge, läuft durch die Menschen zu einer zweiten Bühne - was Silbermond praktisch immer  tun - und spielt zb «B 96» mit dem Heimatgefühl, um kurz danach einige Worte zum aktuellen Krieg zu sagen und dann «Weisse Fahnen» zu spielen. Seit Beginn dieses Krieges ist dieser Song mein ständiger Begleiter und gestern brachen dabei alle meine Dämme. Trauer, Ohnmacht und Hoffnung widerspiegelt dieser Song und so habe ich mich dabei gestern gefühlt. Die Message von Silbermond war eindeutig und fantastisch gewählt.

 

Das Set zeigte sich wirklich clever. Von sehr neuen Songs, die erst während der Corona-Pandemie entstanden sind, bis zu sehr alten, die ich noch von früher kenne. Altbewährte Hymnen wie «Symphonie» und nicht ganz so alte Songs wie «Leichtes Gepäck» ergänzten sich wunderbar. Die Band hat eindrücklich gezeigt, dass ein Abend mit Silbermond ein Wechselspiel der Gefühle sein kann und man dann aber trotzdem glücklich heim geht. Und befreit. Weil Silbermond wohl allen Stress und Druck des Alltags weggespielt haben.

 

In Zukunft nur noch als Fan

 

Dieses Gefühl will ich deshalb künftig in der ersten Reihe geniessen können und deshalb ist dies mein persönlicher letzter Bericht über Silbermond. Aber ihr findet mich wieder in der ersten Reihe, am Singen und Mitmachen.

 

Noch zum Stimmen Festival. Wer tolle Konzerte in kleiner Location und schöner Atmosphäre erleben möchte, sollte eines der Sommerkonzerte in Lörrach besuchen. Was das Team hier auf die Beine stellt, ist wunderbar. Jeder ist mit Freude dabei. Sogar die Security sind nett. Organisation ist top. Und wenn man etwa bei den Klos mal länger anstehen muss, seid glücklich, dass wir hier sein und das Leben gemeinsam zelebrieren können. Da ist oft selbst das Anstehen nicht mehr so schlimm.

 

Silbermond ist eine Band, die ich nach 18 Jahren immer noch gerne sehe. Und immer wieder sind die Konzerte interessant und werden nicht langweilig.

 

Sandra Rohrer / Do, 28. Jul 2022