Native vereint mit seiner Musik im Kaufleuten

Konzertkritik: Native im Kaufleuten
Bildquelle: 
Pressebild / ©Jojo Schulmeister

Fern von Selbst- und Gewaltverherrlichung und leeren Rap-Texten steht Nativ. Die Stimmung im Zürcher Kaufleuten am Donnerstag vor Weihnachten reflektiert seine Musik. Sie ist ausgelassen, energiegeladen, aber nie aggressiv. Selbst im sich bildenden Moshpit hat man irgendwie das Gefühl, alle nehmen Rücksicht aufeinander. Man merkt, es geht Nativ darum, dass heute alle eine gute Zeit haben – und zwar gemeinsam.

Das wird besonders am Konzertende deutlich, als sich Nativ, seine guest acts und Eldorado FM vor dem Publikum verneigen und bedanken. «Chömed füre u rütsched chli zämme», ruft Nativ in den Kaufleuten Festsaal, «ohne oi wär ds aues nid möglich, danke». Aber auch während dem Konzert nimmt sich Nativ immer wieder bewusst aus dem Scheinwerferlicht und rückt andere rein: Eldorado FM, die als Vorband mit ihren Classics das Publikum aufheizten, seinen DJ, DJ Amos, Pablo Nouvelle, der sich irgendwo im Publikum befindet und mit dem er für seine neuen Releases «immer no» und «boro» zusammengearbeitet hat und weckt Applaus für seine kleine Schwester, die ihn das erste Mal heute an einem Konzert sieht.

Dass jeder und jede wichtig ist, macht Nativ auch in seinen Texten immer wieder zur Kernbotschaft, wie in «Sanspapier» - «I bi so wichtig / Du bisch so wichtig / Mir aui sy wichtig / auso tue nid so wichtig». Man nimmt ihm ab, was er sagt.

 

Das Konzert selbst eröffnete der Berner mit Wurzeln in der Côte d’Ivoire mit dem energiegeladenen «Mortal» von seinem neusten Album «Marathon» (2022), spickt das Konzert jedoch auch mit fast allen seiner beliebtesten Hits der vergangenen Jahre wie «Sira» und «Butterflöige», ganz zur Freude des Publikums. Nativ lässt sich zwischen den Tracks auch immer wieder ein bisschen zu etwas ausschweifenden Speeches gegen Diskriminierung, Hass und Ausgrenzung hinreissen und entschuldigt sich dann etwas verlegen dafür «ja, ier wüssed, was i meine». Böse ist ihm sicherlich niemand dafür, es macht ihn nur noch sympathischer.

 

Nativ zeigt auch bei diesem Konzert wieder, dass er in einer Szene, die global gesehen vermehrt Konsum verherrlicht und «Fame» als das erstrebenswerteste verehrt, stark, authentisch und verletzlich zugleich dagegenhalten kann. Mit seiner Musik vereint Nativ nicht nur, sondern gibt dem Rap und Hip-Hop auch viel von seinem Grundgedanken zurück: Musik, die Widerstand leistet, Musik, die Stimmlosen eine Stimme gibt und Lebensrealitäten verschiedenster Gruppen in den Vordergrund zu rücken vermag.  

  • Konzert: Exil präsentiert Nativ & Eldorado FM
  • Datum: 22. Dezember 2022
  • Location: Kaufleuten
  • Genre: Hip Hop / Rap

 

Manuela Troxler / Mo, 26. Dez 2022