Kult-Twins im Komplex

Konzertkritik: Tegan And Sara im Komplex
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Das Praktische am Komplex ist ja, das man die Räume in der Grösse anpassen kann. So war der Raum im hinteren Drittel gebrochen, der Balkon geschlossen und dadurch wirkte der Saal angenehm voll. Denn das Konzert war längst nicht ausverkauft. Der Stimmung konnte das aber nichts anhaben. Das grösstenteils aus Frauen bestehende Publikum war definitiv bereit für die musikalischen Zwillinge aus Kanada. 

 

Der Gesang der beiden Schwestern war im Set auffällig zentral. Tegan und Sara jonglierten förmlich mit den Vocals, warfen sich Zeilen zu und wechselten sich im Gesang ab. Mal waren die Melodien subtil und etwas verschroben, dann so klar und rein, dass man sofort mitsingen konnte. Während die beiden Frauen Keyboard und Gitarre, selten mal mit Rasseln, spielten, standen ihnen vier versierte Musiker zur Seite; alles Männer, die aber im Hintergrund der Bühne agierten. Tegan And Sara sind die Stars. 

 

Wer jungfräulich an das Konzert gekommen war, wurde schnell vom Talent der beiden gefeierten Indie- und Schwulen/Lesben-Ikonen beeindruckt. Wer ihr Werk kennt, war eh sofort begeistert. Spätestens mit dem fünften Song, jener, der sie bekannt gemacht hat, nämlich «Walking With A Ghost», der von den White Stripes gecovert wurde, war das Konzert so richtig lanciert und Tegan und Sara in Höchstform. Sie zeigten sich sehr kommunikativ und erzählten viel. Etwa, dass sie auch ältere Songs spielen würden und man Texthänger doch verzeihen solle, sie würden nicht wie andere Bands mit einem Telepromter arbeiten. 

 

Soak kämpfte gegen das Gemurmel

 

Tegan widmete im Laufe des Sets einen Song der blutjungen Soak, die im Vorprogramm gespielt hatte. Die 16-jährige irische Songwriterin kämpfte alleine und nur mit einer Gitarre bewaffnet wacker gegen das unruhige Publikum und hatte etwas Mühe, gegen das Gemurmel im Raum anzukommen. Ein Übel, das schon so mancher Support-Act erleiden musste. Dabei war ihre Stimme glasklar und ihr Gitarrenspiel gegen Ende angenehm abwechslungsreich. 

 

Gestimmt hat der Sound am ganzen Abend durchgehend. Gut gemischt und ziemlich klar drang der Ton aus der Anlage. Feine Nuancen wie beispielsweise ein elektronisch eingespieltes Glöckchen waren deutlich zu hören und gaben den oft kraftvollen und elektronischen Grundbeats etwas Filigranes. Als Tegan und Sara die Zugabe mit dem akustisch gespielten «Call It Off» anstimmten, zeigte sich das Publikum begeistert, die Akteurinnen des Abends dagegen von einer ganz anderen Seite, und so endete ein Konzert, das den leichten Kult-Status von Tegan und Sara deutlich zementierte, mit tosendem Applaus. Und das lange Warten auf die Kult-Twins hat sich mehr als gelohnt.

Patrick Holenstein / Mo, 11. Nov 2013