Hozier nicht ganz auf der Höhe in Zürich

Konzertkritik: Hozier in Zürich
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Bäckstage / ©Sandra Rohrer

In der ersten Reihe kreischten junge Frauen, geschätzt irgendwo Anfang Zwanzig, als der irische Songwriter und Sänger Hozier in der ausverkauften Halle 622 die Bühne betrat. Ihn schien das nicht gross zu freuen. Zu cool wirkte der Main-Act des Abends. Irgendwie zog sich dieser Eindruck in den Anfang des Gigs. Etwas lustlos und fast ein wenig öde klangen die ersten Songs. Obwohl Hozier mit Streichern, Keyboard, Background und Band circa elf Leute auf der Bühne hatte.

 

Dafür sorgte die sommerliche Hitze im hinteren Teil der Halle dafür, dass einige Fans mit bleichen Gesichtern an die frische Luft strömten. Hoffentlich konnten sie rasch wieder zurück und Musik hören. Denn inzwischen fand Hozier in den Gig und wurde spielfreudiger. Introvertiert blieb er aber, kommunizierte nicht wirklich viel und schaffte so keine stabile Verbindung zum Publikum. Dieses Element kann so wichtig sein, das zeigte sich deutlich.

 

Aber Songs wie «Angel of Small Death & The Codeine Scene» machten durchaus Stimmung, so fair muss man sein. Ein wenig entstand schon der Eindruck, dass viele in der Halle schlicht auf den einen, grossen Hit warteten. «Take Me To Church» spielte Hozier als letzten Song im Set. Dann verschwand er hinter der Bühne. Als Zugabe folgten «Cherry Wine» und «Work Song» und ein etwas durchzogenes Konzert endete.

 

Fotos: Bäckstage / ©Sandra Rohrer (sandrarohrerphotography.com)

 

Hozier war nicht schlecht, aber es hing ständig der Eindruck in der Luft, dass mehr möglich gewesen wäre. Als ob er nur 50% gegeben hätte. Vielleicht hatte er nicht den besten Tag. Vielleicht fehlen neben dem Überhit einige Songs, die ein Konzert tragen. Vielleicht war es einfach zu heiss. Es bleiben Mutmassungen. Dafür hat Victoria Canal im Vorprogramm überzeugt.

 

Die spanisch-amerikanische Sängerin ist in Deutschland geboren, hat aber auf der halben Welt gelebt. Shanghai, Tokyo, Dubai oder Barcelona sind nur einige der Orte, an denen sie zuhause war. Am längsten ist sie aber in Spanien aufgewachsen. Mit einer warmen Stimme und Songs, die leidenschaftlich erzählen und Emotionen wecken, hat sie in Zürich überzeugt. Canals ist Aktivistin und thematisiert in ihren Songs schon mal Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Das kommt nicht von ungefähr, denn sie selbst ist ohne Unterarm geboren. Vielleicht ist darum die Lebensfreude, die die junge Frau ausstrahlt und der spürbare Spass daran, auf der Bühne zu stehen, so charmant. Jedenfalls war man fast versucht zu sagen, dass sie an diesem Abend Hozier übertroffen hat. Gut möglich, dass man von Victoria Canal noch hören wird.

 

Ob Hozier einen nicht so optimalen Tag erwischt hat oder ob es schlicht nicht mehr zu leisten vermag, sei mal dahingestellt. Jedenfalls war sein Gig nicht durchwegs überzeugend.

 

Infos zum Konzert

 

  • Künstler: Hozier
  • Genre: Songwriter, Pop
  • Datum: 14. Juli 2023
  • Location: Halle 622, Zürich

 

Sandra Rohrer / So, 16. Jul 2023