Hip-Hop-Meer in Zürich

Konzert-Kritik: Chris Brown im Hallenstadion
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Promobild / © Sony Music

«Ehrlich, war’s das schon?» Fast das ganze Publikum richtet den Blick starr zur Bühne. Es scheint, als hätte «Breezy» keine Zeit mehr gehabt, sich vom Publikum zu verabschieden. Er hat weder seine Tänzer und Musiker vorgestellt noch dem Publikum gute Nacht gewünscht. Zwei Stunden ist Chris auf der Bühne gestanden, der letzte Ton von «Loyal» ertönt aus den Boxen und Chris verschwindet hinter den Kulissen …

 

Nie wieder Stage-Diving

 

Nicht lange früher, August Alsina, der Hip-Hop Musiker, der Chris Brown, auch «Breezy» genannt, auf der Tour supportet, traut sich ein Stage-Diving zu; «That was my first and my last time, I’m doing this». Jetzt sind die Zuschauer wach und die Show kann beginnen. Ob Chris Brown dieses Highlight übertreffen wird? Der Puls steigt, die Menge tobt.

 

Das Publikum wippt rhythmisch hin und her. Niemand auf den Stehplätzen hält die Hände nicht in die Luft und es entstehen riesige Wellen. Das Meer ist in Bewegung. Chris Brown beginnt die Playback-Version mit wenigen live-Tönen zu begleiten. «She only loves me cause i put it down, that is fine by me». Rot, blau, weiss, rot, Blitz, blau - das ist mal eine Lasershow. Die Atmosphäre im Hallenstadion reisst jeden zum Tanzen und Bouncen mit. Eine enorme Hip Hop Party mitten im Hallenstadion.

 

Chris hat seine blaue Jacke nicht lange um, schon nach dem ersten Song zieht er sie aus. Nicht nur die Jacke. «Breezy» liebt es, seinen Oberkörper zu präsentieren, also was soll’s, das T-Shirt fällt ganz weg.

 

Alle Menschen haben Ihre Macken

 

Der vierte Song und immer noch Playback. Chris wo bleibt deine Stimme? «With you» ist dann definitiv live. Unglaublich, alle Zuschauer kennen den Song, «Breezy» trifft nicht so ganz jeden Ton.

 

Beim Tanzen trifft er die Töne oder die Schritte. Wie dem auch sei, im Publikum gibt es ganz viele Chris-Brown-Fans, die ihm auch beim Tanzen das Wasser reichen könnten.

 

Man dürfte sich im Publikum auch nach einem Akustiker umsehen. Der Bass ist viel zu laut, «Breezy»‘s Playback- und Livestimme ist akustisch kaum verständlich. Mittendrinn wird die Lautstärke der Songs umgestellt.

 

Let the Party starting! Oder?

 

Dann wird’s laut, richtig laut bei «Five more hours». Das Publikum ist nicht zu stoppen, «head banging», «jumping», «dancing», Party, Party , Party, und da wieder dieser Blitz, rot, blau, blau, Blitz, rot. Die Atmosphäre erinnert an das Tomorrowland. Die Menschenmenge steht eng beieinander. Jeder will Chris näher sein, sie tanzen, singen, kreischen und schwitzen. Den Schweiss aber kann man in der Luft nicht riechen. Überall Rauch, Zigaretten, dann dieser Geruch, als hätte man gerade einen Coffee-Shop in Amsterdam betreten und Chris war der erste an der Theke. Die neue Single «Gras A’int Greener» hätte an dieser Stelle perfekt gepasst, gesungen hat er diesen Song aber nicht.

 

Die Fans sind nicht müde, sie amüsieren sich. Chris scheint die Show auch zu gefallen, jeder freut sich auf weitere Songs. Und plötzlich … die Musik läuft noch, der Künstler auch, aber irgendwie in die falsche Richtung. «Der kommt schon wieder!» «Breezy, Breezy, Breezy!» Nichts - vielleicht war er doch schon müde.

 

Die Atmosphäre war grossartig, das Hip-Hop-Feeling hat die Fans überwältigt. An Kreativität und künstlerischer Begabung hätte man mehr erwarten können. 

 

 

Valeria Piediscalzi / Sa, 28. Mai 2016