Goldfrapp zwischen Melancholie und der eigenen Vergangenheit

Konzertkritik: Goldfrapp im Kaufleuten
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Bäckstage.ch / © Patrick Holenstein

Zärtlich haucht die blonde Sängerin Vocals in den von rotem Samt gesäumten Raum, lässt ihre Stimme schwingen und interpretiert ein tieftraurig-melancholisches «Annabel», bis es ihr gelingt, dass der Saal schweigend zuhört. Schüchtern flüstert eine Frau ihrer Begleiterin zu: «Es isch mega schön.» 

 

Alison Goldfrapp und Will Gregory, die das Duo bilden, sowie drei Tour-Musiker legen im Kaufleuten den Schwerpunkt auf die neuen Goldfrapp, flechten aber wie als zarte Referenz an die eigene Vergangenheit schnellere Stücke in das Set. Stücke aus der Zeit, in der die Band im Vorprogramm von Coldplay das Hallenstadion begeisterte und mit Disconummern wie «Oh Lala» in den Charts waren. Im Gepäck haben sie das neue Album «Tales Of Us» und die aktuellen Goldfrapp klingen gefestigt, haben sich deutlich in der Melancholie gefunden und scheinen den Auftritt im ausverkauften Kaufleuten zu geniessen.

 

 

«Yellow Halo» erweist sich live als kleiner Edelstein. Traumtänzerisch sicher singt Alison und das Cello umgarnt sie, sanfte Keyboardsounds entführen in eine surreale Landschaft und vor dem geistigen Auge entstehen langsam dunkle Wälder voll mit unsichtbaren Wesen, die die Welt von Goldfrapp bevölkern und als Hörer ist man sich gewiss, dass keines davon bösartig ist. Vielleicht ist es die große Stärke von Goldfrapp, dass die Musik Bilder hervorrufen kann, ohne dominant zu sein. Und mitten im ganzen Szenario steht, auch wenn das kitschige Klischees bedient, der blonde Engel in samtschwarzen Stoff gehüllt und becirct die Konzertbesucher.

 

Je länger das Konzert, desto abwechslungsreicher wird der Tenor in der Musik. Der Rhythmus wird schneller, die Gesangsparts werden regelmäßiger gebrochen und die Saiten härter angeschlagen. Es scheint, dass Goldfrapp nach dem sanften ersten Drittel ihrer eigenen Vergangenheit Tribut zollt. Das gipfelt in «Ride a white Horse» und «Oh Lala», das ein betörendes Set beendet.

 

Alison gibt sich wortkarg. Manchmal mutet ihr Gesang orientalisch an, dann singt sie wieder betörend, aber eiskalt, nur um kurz danach wieder eher zu flüstern. Die scheue Sängerin ist das optische Zentrum von Goldfrapp, sie zeigt, wie facettenreich ihre Stimme ist und das Publikum applaudiert ihr grosszügig. Nach dem schweißtreibenden Endspurt des Sets startet die Band ruhig in die Zugaben mit «Clowns». Und nach insgesamt vier Songs beendet das elektrisierende «Strict Machine» ein eindrückliches Konzert.

Patrick Holenstein / So, 27. Okt 2013