Gil Ofarim überraschte in Wetzikon

Konzertkritik: Gil Ofarim in der Hall of Fame
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Facebook: Gil Ofarim

Das Stammpublikum der Hall of Fame in Wetzikon sieht definitiv anders aus. Menschen jeglichen Alters haben sich am Freitag, 2. März 2018 im Musikclub eingefunden - vor allem aber ungewohnt viele Frauen. Aber wer könnte es ihnen verdenken. Schliesslich stand an diesem Abend Gil Ofarim auf der Bühne, und der war als langhaariger Teenager in der Bravo schon in den 90ern der Schwarm vieler Mädchen. Seither hat der Sohn des bekannten israelischen Sängers Abi Ofarim eine bewegte Karriere gemacht - diverse Rockbands, Platin in Asien, Synchronsprechrollen und diverse TV-Serien (u.a. GZSZ oder The Voice of Germany) sind nur wenige Stationen in Gils Leben. Zuletzt hat der Musiker vor allem mit seiner Teilnahme bei der RTL-Show «Let’s Dance» zu reden gegeben. 

 

Tatsächlich ist Gil Ofarim nun bereits 20 Jahre musikalisch unterwegs und ist deshalb auf Jubiläums-Tour gegangen. Der Gig in Wetzikon markierte zugleich das Ende der Tour. Trotzdem wirkten Gil und seine Band noch immer fit und ausgeschlafen und legten eine energiegeladene Show hin. Und eine überraschend rockige. Im Herzen ist Gil trotz Pophits eben doch Rocker, und somit gar nicht so falsch im Hall of Fame. Auch seine neu erworbenen Tanzkünste gab der Künstler zum besten - eine sehr glückliche Zuschauerin durfte mit Gil auf der Bühne eine kurze Salsa-Einlage auf das Parkett legen.

 

«Leck mich am Arsch» für Bon Jovi .

 

Dazwischen redete und erzählte Gil sehr viel (wobei er selbst zugab, dass er dabei jeweils kaum zu stoppen ist). Im Gegensatz zu anderen Künstlern störte das aber überhaupt nicht, denn die Anekdoten waren stets unterhaltsam und witzig erzählt, und ausserdem ist seine Sprechstimme fast noch sexier als seine Singstimme. Und die erzählten Geschichten gehörten schlussendlich auch zur 20-jährigen Karriere, die hier gefeiert wurde. So erfuhr man viel darüber, wie Gil Ofarim seine wichtigsten Momente erlebte, wie er Jon Bon Jovi ein «Leck mich am Arsch» durchs Telefon schmetterte (die Support-Rolle für Bon Jovi kam 2003 trotzdem zustande) oder wie er sich für Michael Jackson (fast?) in die Hose gemacht hat. Der King of Pop ist übrigens Ofarims grösstes Idol und so war auch das anschliessende Cover von «Man in the Mirror» wenig überraschend sehr toll, wenn auch stimmbedingt ganz anders als das Original.

Immer wieder drückte er auch seine Dankbarkeit sowohl über die generelle Unterstützung während seiner Karriere als auch das Erscheinen des Publikums an diesem Abend aus. Und dass die Zuschauer keine Zeit vor dem Fernseher verschwenden, was angesichts seiner vielen TV-Rollen etwas ironisch anmutet. 

 

Was Gil Ofarim am 2. März in der Hall of Fame geboten hat, war eine erstklassige Show mit einer schönen Stimme und einer tollen und motivierten Band. Die rockigen Stücke rissen das ganze Publikum mit, während die ruhigeren Stücke den ein oder anderen zu Tränen rührten. Besonders sympathisch: als eine Frau aus gesundheitlichen Gründen der Ohnmacht nahe war, zeigte sich Gil ganz fürsorglich, hat sogar das Konzert kurz unterbrochen, Wasser geboten und nach einem Stuhl gerufen wurde. Zum Schluss des Konzertes drehte Gil Ofarim mit seiner Gitarre eine Runde durchs verzückte Publikum, und zeigte sich wie schon den ganzen Abend sehr nahbar und sympathisch.

 

Supportet wurde Gil Ofarim zuvor von der Band Kabelbrand aus Wetzikon, die deutschen Pop mit rockigen Momenten präsentierten und so an Bands wie Silbermond oder Luxuslärm erinnerten. Sängerin Tanja hat eine gute und angenehme Stimme, war aber leider etwas zu leise eingestellt neben einem sehr starken Bass. Auch ein paar Covers wie «Millionen Lichter» von Christina Stürmer oder «Applaus Applaus» von Sportfreunde Stiller fanden sich auf der Setliste - die eigenen Lieder der Band haben mir aber sogar noch besser gefallen. Wenn man deutschen Poprock mag, sollte man Kabelbrand auf jeden Fall im Auge behalten.

 

Gil Ofarim lieferte in der Hall of Fame eine überraschend gute und rockige Show. Viele witzige Anekdoten sorgten für Abwechslung und Unterhaltung. Man (oder Frau) darf getrost auf weitere 20 Jahre hoffen.

Seraina Schöpfer / Mo, 12. Mär 2018