Andrea Bocelli: samtige Stimme und vertraute Stimmung

Konzertkritik: Andrea Bocelli
Bildquelle: 
© Seraina Thuma

Ein musikalisches Intro stimmte das Publikum ein. Der Abend begann ganz klassisch – im musikalischen wie auch im wörtlichen Sinn: Der Dirigent, ein langjähriger Freund Bocellis, stand vor den Musikern des Zürcher Kammerorchester und vor einem festlichen roten Theatervorhang auf der Leinwand. 

 

Als Bocelli die Bühne betrat, wurde er von lautem Klatschen begrüsst. Es folgten ruhige Stücke auf Italienisch und Latein, denen das Publikum andächtig lauschte. Es galt auch, besonders gut hinzuhören, denn die Soundqualität schien noch adjustiert werden zu müssen und wurde daraufhin erst richtig gut.

 

Bei einem gefühlvollen «Ave Maria» war alles im Lot und Andrea Bocelli zeigte, dass er auch eine Begabung fürs Querflöte-Spielen hat. Als Gast trat die bekannte italienische Sopranistin Alessandra Marianelli mit «O mio babbino caro» auf.

Mit den ersten Tönen von «La donna è mobile» begann ein grosszügiger Reigen aus Opern-Hits und die begeisterten Rufe des Publikums entlockten dem Tenor ein erstes Lächeln.

 

Bilder: © Seraina Thuma

 

Auch die Musical-Fans kamen mit «Music of the night» aus «Phantom der Oper» und «Maria» aus «West Side Story» auf ihre Kosten. Das bunt durchmischte Publikum wurde in allen Genres bedient und es dankte, indem es nach jedem Lied freudig applaudierte. Vor der als Intermission angekündigten Pause füllten spanische Klänge des Gitarren-Duos Carisma das Hallenstadion und als Andrea Bocelli allein mit ihnen singt, entsteht eine sehr entspannte, vertraute Atmosphäre.

 

Immer wieder wechselte der Abend zwischen Bocelli alleine, einem Gastauftritt oder einem Duett. Mit der Sopranistin sang Bocelli das dramatische Finale aus der Oper «Andrea Chenier» – aber «Brindisi» aus  «La Traviata» brachte sofort wieder Lebensfreude und Italianità in die Menge. Diese kam ab «Mamma» und «Funiculì, Funicolà» so richtig auf und die vielen Italiener im Publikum hörte man jubeln und begeistert «Bravo» rufen.

 

Gänsehaut und neue Fans

 

Als Pop Guest war Ilaria della Bidia geladen – in Italien längst kein unbekannter Name mehr. Sie verzauberte das Publikum mit ihrer grossen Range: von sanft und zerbrechlich bis kraftvoll und stimmgewaltig . Mit ihrer eigenen englisch-italienischen Version von «Somewhere over the Rainbow»  sorgte sie für Gänsehaut und hat sicher viele neue Fans gewonnen.

 

Wie gut diese zwei Ausnahmekünstler aus Pop und Klassik harmonieren können, zeigte sich bei «Con te partirò», was man schon als Schlusspunkt hätte vermuten können. Aber «Time to say Goodbye» war es noch lange nicht, denn das Publikum liess seinen Star nicht ziehen. Lächelnd fragte er, ob er auf Italienisch sprechen könne – worauf er ein lautes «sì» zu hören bekam. Er bedankte sich bei den Musikern, beim Zürcher Konzertchor und natürlich beim Publikum; und das Publikum dankte ihm – erneut – mit tosendem Applaus und Standing Ovations.

 

Puccinis «Nessun dorma» krönte diesen eindrucksvollen Konzertabend.

 

Esther Beck / Mi, 18. Jan 2017