OASG: wo ist unser Schlamm und wo sind unsere WC's hin?

Festivalkritik: Openair St. Gallen 2019
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Pressebild / © Manuel Lopez

Ach, wie wurde in den letzten Monaten geflucht: «Scheiss Line-up», «Es isch nüme da, wos mol gsie isch», «Nei, do chummi ganz sicher nüme is Tobel!» – Ja, die St. Galler haben ihr heissgeliebtes und immer in schutz-genommenes Openair St. Gallen plötzlich auch nicht mehr so toll gefunden. Das Line-up war neu an ein Zielpublikum gerichtet, das zwischen 16 und 20 Jahre als sein soll. Wie bitte? Da kann ich das alljährliche Bier im Tobel mit Papa endgültig vergessen, denn der hört sich sicher keinen Deutschrap von Bausa oder RIN an. Das Ganze hat sich leider auch beim Vorverkauf der Tickets bemerkbar gemacht – dieses Jahr konnte man sich auch spontan noch für einen Besuch am OASG entscheiden. 

 

Spulen wir mal zurück. Nachdem vor einigen Monaten das Line-up für das Festival rauskam, war die Begeisterung mässig. Die Frage «Gosch au as OASG?» wurde bei vielen Fans des Festivals neu mit «Jo, i weiss im Fall nöd, obi da Johr go» beantwortet. Schade, denn Vorfreude ist doch die schönste Freude. Nicht dieses Jahr. 

 

Deutschrap, kratzige Stimmen und belafarinrod

 

Das Line-up hat nicht alle begeistert. Die Hauptbühne wurde gerockt von Bands wie The1975, die feinsten Indie Rock an den Tag legten, Yungblud, der wahrscheinlich nicht ganz nüchtern, Alternative Rock spielte oder Florence + The Machine, die ihre bombastische Stimme in edlen Indie-Pop einbrachte. Auf der kleinen, aber feinen Sternenbühne sorgten RIN und BAUSA für die Herzen der Rapper mit bestem Deutschrap und Gesang. Und schlussendlich brachte der israelische Musiker Dennis Lloyd unsere Herzen mit seiner kratzigen Stimme zum Schmelzen. 

 

Obwohl zu Beginn so über das Line-up geflucht wurde, waren alle Konzerte gut besucht. Wobei man sicherlich anmerken muss, dass Florence + The Machine alles übertroffen haben. Hunderte von Besuchern stellten sich in die pralle Sonne bei über 30 Grad. Selbst Florence hat die Wärme zu spüren bekommen, sodass sie nach dem ersten Lied hinter die Bühne rannte, um Schuhe zu holen. Da war der Bühnenboden wohl doch etwas zu heiss. 

 

Yungblud und The1975 haben ebenfalls gezeigt, was Sie können. Gitarren sind geflogen, Joints wurden geraucht und Yungblud hat sich nach seiner Performance kurzerhand entschieden, auch Teil des OASG-Publikums zu werden und die Konzerte mit der Meute zusammen zu feiern. 

 

Die Ärzte waren klasse und die Besucher, welche 9 Stunden in der Sonne auf das Konzert der «besten Band der Welt» gewartet haben, kamen trotz der eher unauffälligen Setlist auf ihre Kosten. Hauptsache sind zurück.

 

Neben dem deutschsprachigen Punkrock von belafarinrod, fanden die deutschen Musiker wie RIN und Bausa äusserst guten Anklang und die Besucher tanzten und strahlten. Also viele traurige Gesichter hat man auf dem Gelände nicht gesehen. Der Satz «Scheisse, sind die geil gsi» war nach vielen Konzerten zu hören -  wie alle Jahre zuvor auch. Manchmal muss man sich bei der Musik einfach auf Neues einlassen, denn nicht nur die grossen Namen auf den Line-ups haben etwas zu bieten. 

 

Das Toiletten-Problem

 

Auch einheimische Bands wie Gazzou, welche auf der kleinen Campfire Stage den Sonntagvormittag, mit eigenen Titeln oder Covers wie «Jolene» gerockt haben, sorgten für eine herrlich ausgelassene Stimmung. 

 

Alles in allem also ein perfektes heisses Festival-Wochenende mit guter Mucke und vielen kühlen Getränken. Aber eine Frage stellen wir uns noch immer liebes OASG – Wo sind unsere WC’s hin?

 

Das ist wirklich der einzige Kritikpunkt, den ich dem schönen Openair St.Gallen anhängen muss. Ein Grossteil ist nämlich spurlos verschwunden. Und wir OpenAir-Oldies verkraften keine Veränderungen. Das ist uns zu viel. Der Schlamm war schon weg – das ist alles ungewohnt neu! Dafür könnt Ihr nichts, aber stellt die Toiletten im nächsten Jahr bitte wieder auf.

 

Vielen Dank liebes Openair St. Gallen für vier weitere unvergessliche Tage.

 

Bis in 360 Tagen! 

Seraina Thuma / Di, 02. Jul 2019