Zu Tränen gerührt

Movie-Kritik: The Man Who Knew Infinity
Bildquelle: 
Im Verleih von Ascot Elite

Text von Thomas Hügli

 

Es braucht keinen mathematisch analytischen Verstand, um bei diesem Film nasse Augen zu bekommen. Der Plot beruht auf einer wahren Begebenheit und erzählt die Geschichte des Inders Srinivasa Ramanujan (Dev Patel, «Slumdog Millionaire»), der es dank seinem brillanten Verstand, aus ärmsten Verhältnissen in seinem Heimatland, bis an die renommierte Universität Cambridge im vereinigten Königreich schafft. Ramanujan entwickelt sich dort unter seinem Mentor, dem Mathematikprofessor G.H. Hardy (Jeremy Irons, «Stirb langsam», «Nachtzug nach Lissabon») zu einem Mathegenie und wird schliesslich in die Gefolgschaft der königlichen Gesellschaft (Fellower of the Royal Society) aufgenommen. So weit die Story. 

 

Hardy und sein brillanter Schützling. (© Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.)

 

Mit welcher Kraft und Empfindlichkeit die Geschichte erzählt wird, spürt der Kinogänger aber erst nach der Einleitung. Diese ist rasch erzählt und zeigt den Protagonisten in seinem angestammten Umfeld: ein ärmliches Dasein im täglichem Kampf um das Überleben und mit gesellschaftlichen Zwängen in Indien. Ramanujan ist ehrgeizig und hochbegabt. Er überlässt sein Schicksal nicht dem Zufall und schickt seine Arbeiten, einige mathematische Theorien mit grosser Brisanz, die er fast ausschliesslich autodidaktisch entwickelt hat, an die renommierte Cambridge Universität in England. Schon einige Zeit später leistet er der Einladung von Prof. Hardy folge und reist nach Europa. 

 

Die Härte der «richtigen» Welt

 

Der frisch Vermählte hinterlässt seine junge Frau und verspricht ihr sie nachzuholen, sobald er sich in England niedergelassen hat. Schon bis hierhin hinterlässt die Handlung und die Persönlichkeit der Figuren eine sensible Spur, die aber durchaus ein Happy End erwarten lässt. Weit gefehlt, denn hier wird echtes Leben beschrieben und dies endet wie so oft im Drama. In England befindet sich der junge Mathematiker ausserhalb seiner «Comfortzone», sieht sich rasisstischen Übergriffen und Feindschaften ausgesetzt und muss schmerzlich die Erfahrung machen, dass seine brillanten Theorien allesamt begründeter Beweise bedürfen, um vor der akademischen Gesellschaft Gültigkeit zu haben. Der einsetzende 1.Weltkrieg macht es Hardy und seinem Schützling nicht einfacher, die ersten Arbeiten zu publizieren. Und als die Umstände schliesslich nicht mehr schlimmer sein könnten, erkrankt das Mathegenie auch noch an Tuberkulose. Von seiner Frau hat er derweil nie mehr einen Brief bekommen und diese auch nicht von ihm. Seine Mutter hatte alle Briefe aufbewahrt und versteckt, da sie dachte, er würde nie mehr zurückkehren, wenn er seine Frau zu sich holen würde. 

 

Dev Patel spielt die Figur von Ramanujan mit einer eindringlichen melancholischen Bescheidenheit und berührt dabei mit vorsichtiger Feinheit die Seele des Betrachters, während Jeremy Irons die starke Figur des Professor Hardy perfekt verkörpert und wohl niemand englischer hätte sein können als der preisgekrönte Darsteller. 

 

Ein Film der unter die Haut geht, tiefgründig blicken und die Herzen schmelzen lässt.

 

  • The Man Who Knew Infinitiy - Die Poesie des Unendlichen (UK 2015)
  • Regie & Drehbuch: Matt Brown
  • Besetzung: Dev Patel, Jeremy Irons, Stephen Fry, Devika Bhise, Malcolm Sinclair
  • Laufzeit: 109 Minuten
  • Kinostart: 12. Mai 2016

 

 

 

Bäckstage Redaktion / So, 15. Mai 2016